Kleines Seibert-Mikroskop

Wilhelm und Heinrich Seibert in Wetzlar

Kleines Seibert-Mikroskop; Stativ 8 um 1885.

Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und geschwärztem Messing, blankem und geläutem Stahl. Die Grobeinstellung erfolgt über einen Schiebetubus, die Feineinstellung über ein Rändelrad welches mit der bequem neben dem Tisch liegenden Hand dessen Platte verkippt. Zur Beleuchtung dient ein dreifach gelagerter Plan- und Konkavspiegel, die Blendung erfolgt über eine Revolverlochblende, die innerhalb der Tischplatte und deren Rahmen eingebracht ist.

An optischer Ausrüstung verfügt das Instrument über das Objektiv Seibert NO V

sowie die Okulare Nr. 0 und Nr. III.

Die Serienummer des Instrumentes ist in das Holz des Kastens eingebrannt: 4530. Das Mikroskop selbst trägt keine Signatur.

Vorläufer dieses Stativs tauchen in den Katalogen der Firma in den 1870ern auf. In der ersten illustrierten Preisliste aus 1881 wird dieses kleine Mikroskop abgebildet.

Während das Stativ 8 noch im Katalog aus dem Dezember 1885 mit rundem Fuß abgebildet ist,

wird es bereits mit hufeisenförmigem Fuß beschrieben. Im April 1884 wird dieses Mikroskop in Optisches Institut von W. & H. Seibert E. Gundlachs Nachfolger in Wetzlar früher in Charlottenbuerg bei Berlin: Katalog der Mikroskope, mikroskopischen und mikro-photographischen Objective und Apparate nebst Preisangabe derselben. April 1884. (Ferd. Schnitzler, Wetzlar 1884) gelistet als:

No. 8. Kleines Mikroskop. Runder Fuss. Freie Schiebung des Tubus, genaue Einstellung am Objecttisch; Hohl- und Planspiegel. Hierzu die Objective Nr. II und Nr. Va, Oculare Nr. I und III (Vergrösserung 70 – 610fach); Test-Objecte. In Mahagoni-Kasten … 87 Mark

Offenbar wird dieses Mikroskop mit anderer Ausstattung erworben,

das Okular Nr. 0 kostet jedoch genauso viel wie ein Okular Nr. I, das fehlende Objektiv Nr. II ist mit 18 Mark gelistet. Somit ist das Mikroskop für Vergrösserungen von 200 und 610-fach geeignet und kostet 69 Mark.

Über Wilhelm und Heinrich Seibert

seibert_wilhelm_xseibert_heinrich_xWilhelm (1840 – 1925) und Heinrich (1842 – 1907) Seibert

gehen beide bei Carl Kellner, mit dem sie über ihre Mutter verwandt sind, und dessen Nachfolger Friedrich Belhtle in die Lehre. Sie arbeiten zusammen Ende der 1850er für Ernst Gundlach, ein Optiker der seinerseits sowohl bei Edmund Hartnack als auch bei Belthle gearbeitet hat. Gundlachs Unternehmen geht jedoch schon nach einem Jahr ein.

Nachdem die Brüder Erfahrung in anderen Betrieben gesammelt haben, arbeiten beide später wieder für Belthle in Heimarbeit. Schließlich beliefern sie ausschließlich Gundlachs neue Firma in Berlin. Als jener in Zahlungsschwierigkeiten kommt, machen sie sich 1872 mit dem Wetzlarer Kaufmann Georg Krafft selbständig. Im selben Jahr kaufen sie Gundlachs Werkstätte auf und verlegen sie 1873 nach Wetzlar.

1884 wird Krafft ausbezahlt und das Unternehmen in „W. & H. Seibert“ umbenannt. Die Gebrüder Seibert streben in Ihrer Arbeit auch danach stets an, das Mikroskop in Einzelanfertigung zum Kunstwerk zu erheben.

Im Jahr 1900 wird das Seibert-Mikroskop Nr. 10 000 hergestellt.

Weltruhm erlangt die Firma durch die Verbindung mit Robert Koch, der 1877 mit einem Seibert-Mikroskop (mit mikrofotografischer Einrichtung, Photoobjektiven und Immersionsobjektiven) seine berühmten „Bakterien-Photogramme“ des Milzbrand-Bakteriums erstellt. Im Jahre 1878 liefert die Firma Seibert wieder ein Mikroskop samt Ölimmersion an Robert Koch nach Wollstein, der dieses Instrument zur Erforschung der Wundinfektionskrankheiten benutzt. Während Robert Koch in der Empfangsbestätigung aus dem Februar 1877 die Seibert’schen Produkte lobt, schreibt er ein Jahr später in einem persönlichen Brief an die Firmeninhaber, ihm seien mit dem Seibert-Instrumentarium „nicht unwichtige Entdeckungen“ gelungen.

Über das Exponat

Dieses Instrument kann im April 2007 aus Frankreich für die Sammlung angekauft werden.

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.