Mikroskop von Utzschneider und Fraunhofer in München

Joseph von Fraunhofer

Kastenmikroskop von Joseph von Fraunhofer, um 1820.

Das Instrument ist aus klar lackiertem und gebeiztem Messing und blankem bzw. gebläutem Stahl hergestellt. Die Tischhöhe des Instruments beträgt 15 cm, der Kasten misst 12,7 x 26,6 x 13 [cm].

Das Mikroskop wird im Stile der britischen Chest-Mikroskope zum Verwenden aus dem Kasten geklappt. Zur Beleuchtung dient ein zweifach gelagerter großer Planspiegel. Die Fokussierung erfolgt über einen Zahntrieb, der auf eine freiliegende stählerne Zahnstange an der runden Stativsäule aus Messing wirkt.

Das Instrument ist ausgestattet mit vier achromatischen Objektiven Nr. 1, 2, 3, und 4,

sowie einem Okular; das zweite Okular ist abhanden gekommen. Eine dreifach gelagerte Kondensorlinse für Auflichtbeleuchtung kann am Tisch des Mikroskops befestigt werden; unter der Tischplatte befinden sich zwei Blattfedern, die als Halter für die Präparate dienen. Ein in Messing gefasstes konkaves Insektenglas kann in die Öffnung des Tisches eingesetzt werden und erlaubt zudem das Mikroskopieren von Flüssigkeiten.

Zwei Objekthalter aus ebonisiertem Holz mit je vier Präparaten sind in der teilweise mit schwarzem Samt ausgeschlagenen, mit Kirschbaum furnierten Holzkassette ebenfalls untergebracht. Das Mikroskop verfügt ferner über eine Handlupe in der Ausführung nach Fraunhofer.

Am Objekttisch ist das Mikroskop sehr dekorativ signiert

Utzschneider u. Fraunhofer in München

Die Abschrift einer Gebrauchsanleitung dieses Mikroskops wird 1929 von Moritz von Rohr veröffentlicht. Sie gehört zu dem in jener Zeit in der Jenaer geschichtlichen Sammlung erhaltenen Mikroskop. In der heutigen Sammlung des optischen Museums in Jena wird kein Mikroskop von Fraunhofer mehr gezeigt. Dafür ist ein solches Instrument im optischen Museum in Oberkochen ausgestellt. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um das selbe Instrument handelt.

Die Gebrauchsanleitung lautet wie folgt (Moritz von Rohr: Joseph Fraunhofers Leben, Leistungen und Wirksamkeit. Jena 1929: 187-190):

Einige Bemerkungen über den Gebrauch des Mikroskops!

Die Gegenstände werden gewöhnlich vor man sie unter das Mikroskop bringt, mit einer Lupe untersucht, ob sie etwas interessantes enthalten und welcher Teil der wichtigste ist. – Von den beiden beigelegten Lupen gibt die kleinere eine 9- die größere eine 6malige Vergrößerung. Nachdem man sich einen Teil des Gegenstands gewählt hat, bringt man denselben nach seiner Beschaffenheit an die Nadel A oder Klemme C, und steckt selbe in B, wonach der Gegenstand bis in D vorgeschoben wird. Ist der Gegenstand nicht von der Beschaffenheit, daß man ihn an die Nadel oder Klemme bringen kann, so wir das Glas E in D gelegt, auf welches alsdann der Gegenstand gebracht wird.

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Man nimmt vorher die schwächere Vergrößerung des Mikroskops, welche dadurch erhalten wird, daß man das Okular a in F, und das Objektiv Nro:1: in G schraubr; bei der Schraube H wird auf- und abgeschraubt, bis der Gegenstand gesehen wird; ist der Gegenstand durchscheinend, so wendet man den Spiegel K L und das ganze Kästchen so nach dem Licht, daß der Gegenstand durch das Mikroskop ganz hell gesehen wird, es kann aber nur durch verschiedene Wendungen des Spiegels und Kästchens während des Durchsehens erraten werden. Wenn die Oberfläche eines Gegenstandes beobachtet werden soll, so läßt man das Sonnenlicht auf ihn fallen, ist dieses nicht stark genug, so wird die Beleuchtungslinse bei M aus- und eingeschoben; zuletzt nach verschiedenen Richtungen gewendet, daß der Gegenstand hinlänglich erleuchtet ist, welches ebenfalls nur durch Versuche erraten werden kann. Es muß besonders in acht genommen werden; weil bei zu geringer Erleuchtung, der Gegenstand nicht hell genug gesehen wird, bei zu starker, verbrannt werden kann.

Um den beleuchteten Gegenstand vollkommen deutlich zu sehen, wird bei der Schraube H sehr langsam geschraubt, nachdem man einen tiefer oder höher liegenden Teil beobachten will. Soll der Gegenstand mehr oder minder vergrößert sein, so wählt man eine der nachstehenden Vergrößerungen:

Den Gebrauch der einzelnen Teile des Mikroskops wird eine kleine Erfahrung zeigen: so dient z.B. das Glas E zur Beobachtung verschiedener Flüssigkeiten, zu Kristallisation etc.

Es wird nicht nötig sein zu bemerken, daß die Gläser des Mikroskops von Zeit zu Zeit mit einem leinenen Tuch gereinigt werden müssen, weil sich sonst der geringste Staub mit vergrößert: besonders müssen die Gläser der Okulare öfters gereinigt werden.

gez. J. Utzschneider

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Die hier gezeigte Fraunhofer’sche Lupe wird vom Tübinger Botaniker Hugo von Mohl wie folgt beschrieben

(Hugo von Mohl: Mikrographie oder Anleitung zur Kenntnis und zum Gebrauche des Mikroskops. L.F. Fues, Tübingen 1846: 28-29):

Verbindet man, um die Vergrösserung der Lupe zu steigern, zwei Plangläser mit einander, so wählt man dieselben in der Regel von gleicher Stärke. Natürlicherweise dürfen in diesem Falle die Planseiten beider Gläser nicht gegeneinander gewendet werden, wie von ungeschickten Optikern zuweilen geschieht, indem man in diesem Falle die Nachtheile des doppelt convexen Glases hervorruft, sondern es müssen entweder, wie in den Lupen von Frauhofer, Plössl u. s. w. die convexen Seiten beider Gläser gegen einander, oder die Planseiten beider Gläser gegen das Object gewendet werden.

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Die beiden Gläser werden entweder, wie bei der Wilson’schen Lupe (Tab. I. fig. 15.) in eine ziemliche Entfernung von einander gestellt und, eine Blendung zwischen denselben angebracht, oder sie werden, wie bei der Fraunhofer’schen Lupe (Tab. I. fig. 16.) beinahe unmittelbar übereinander gestellt. Im ersteren Falle werden sie in eine Metallröhre gefasst, im zweiten Falle können sie auch, da es bei der geringen Stärke der Lupengläser auf eine sehr genaue Centrirung nicht ankommt, in eine nach Art einer Doppellorgnette zum Zusammenlegen eingerichtete Fassung eingesetzt werden, um sie einzeln oder combinirt gebrauchen zu können.

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Der Holländer Pieter Harting

sieht 20 Jahre später in dieser Fraunhofer’schen Ausführung die seiner Ansicht nach am besten korrigierte Form der Handlupe (Pieter Harting: Das Mikroskop. Theorie, Gebrauch, Geschichte und gegenwärtiger Zustand desselben. Deutsche Originalausgabe, vom Verfasser revidirt und vervollständigt; herausgeben von Dr. Fr. Wilh. Theile; in drei Bänden; zweite wesentlich verbesserte und vermehrte Auflage; Verlag Friedrich Vieweg und Sohn; Braunschweig 1866: III, 75):

Noch schärfer und deutlicher wird aber dieses Bild [für den Benutzer einer Lupe] sein, wenn die beiden Linsen nach den für Doublets im Allgemeinen aufgestellten Regel (S. 65 u. folg.) mit einander verbunden werden und dabei zugleich die gehörige Entfernung beider Linsen von einander ins Auge gefasst wird wie bei der Fraunhofer’schen Lupe, die in Fig. 40 im Durchschnitte dargestellt ist.

Aus heutiger Sicht gelten die Mikroskope der Werkstätte von Joseph von Fraunhofer (1787-1826)

durch die Systematik der Herstellung des optischen Glases und der dadurch ermöglichten achromatischen Linsenkombinationen als erste achromatische Instrumente, die nach modernen wissenschaftlichen Kriterien hergestellt und für wissenschaftliche Zwecke verwendet wurden.

Im Wesentlichen ähnlich beurteilen dies bereits die Mikroskopiker Mitte des 19. Jahrhunderts. So schreibt der dänische Arzt Adolf Hannover (1814-1894) zum Verdienst Fraunhofers um die Mikroskopie (A. Hannover: Das Mikroskop, seine Construction und sein Gebrauch. Leopold Voss, Leipzig 1854: 28):

Nach Harting’s Angaben soll Hermann Van Deyl ausgezeichnete achromatische Objectivlinsen im Jahre 1807 verfertigt haben. Gleichwohl waren Fraunhofer’s (1811) achromatische Mikroskope die ersten, welche zu wissenschaftlichen Forschungen angewendet wurden; denn vor dieser Zeit diente das Mikroskop mehr als Spielzeug, oder blos als Unterhaltungsmittel. Fraunhofer’s Objectiv bestand aus einer einzigen achromatischen Linse, in welcher die beiden Gläser nicht aneinander gekittet waren; die convexe Oberfläche der Linse war gegen das Object gekehrt; diese vergrösserte nicht stark und hatte ein kleines Gesichtsfeld, allein das Bild war schärfer und stärker beleuchtet, als bei nicht achromatischen Objectivlinsen. Mit Fraunhofer begann eine neue Aera in der Construction der Objectivlinsen. Die sphärische Aberration war indessen noch nicht beseitigt, denn sein Objectiv bestand nur aus einer Linse, welche nothwendig eine starke Convexität haben musste, und folglich sehr schwer zu schleifen war.

Ähnlich urteilt Julius Vogel, datiert das erste Mikroskop von Fraunhofer aber 5 Jahre zu spät (Julius Vogel: Gebrauch des Mikroskopes zur zoochemischen Analyse und zur mikroskopisch-chemischen Untersuchung überhaupt. Leopold Voss, Leipzig 1841: 164):

Frauenhofer in München war der erste, welcher im Jahre 1816 ein zusammengesetztes Mikroskop mit achromatischen Objectivlinsen verfertigte. Dieses Instrument war zugleich das erste, welches zu wissenschaftlichen Untersuchungen wahrhaft brauchbar war, aber es hatte, mit unseren gegenwärtigen Instrumenten verglichen, noch immer sehr viele Unvollkommenheiten. Es hatte nur eine Objectivlinse, man konnte nicht mehrere übereinanderschrauben, daher gewährte es keine sehr starke Vergrösserung; die convexe Seite der Linse war gegen das Object gekehrt, wodurch man ein kleines Gesichtsfeld und geringere Deutlichkeit erhielt. Und doch war die Ausführung dieses Mikroskopes ein gewaltiger Fortschritt, sie gab den Anstoss zu weiteren Verbesserungen, die sich nun in kurzen Zwischenräumen folgten.

Dieser Autor beschreibt auch die Konstruktion des hier gezeigten Mikroskops (ebd: 35):

1. Gestell des Mikroskopes.

[…]

Bei den Mikroskopen von Chevalier und Lerebours dient der Kasten des Instrumentes zugleich als sein Fuss; es wird nämlich auf diesen aufgeschraubt. Eine ähnliche Einrichtung haben die kleinen Mikroskope von Frauenhofer; bei ihnen ist das Gestelle durch ein Charniergelenk an die eine Seite des Kastens befestigt; man braucht das horizontal im Kasten liegende Instrument nur aufzuschlagen und vertical zu stellen, um es sogleich in der gehörigen Lage für Beobachtungen zu haben.

Das erste Mikroskop Fraunhofers entsteht in dessen Werkstätte in Benediktbeuern, 1819 zieht das Unternehmen nach München und die Signaturen ändern sich entsprechend, nur die Glasöfen bleiben als Institutseigentum in Benediktbeuern (Carl Max von Bauernfeind: Gedächtnisrede auf Joseph Fraunhofer zur Feier seines hundertsten Geburtstag. Verlag der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften, in Kommission bei G. Franz (J. Roth); München 1887: 17).

Die bekannten Mikroskopstative (sowohl das große Stativ als auch das hier gezeigte Kastenmikroskop und das kleine Stativ) mit der frühen Signatur

Utzschneider, Reichenbach und Fraunhofer in Benedictbeurn

und

Utzschneider und Fraunhofer in Benedictbeurn

weisen alle konisch gefasste Objektive mit je einer einfachen achromatischen Doppellinsen auf.

Mit der Signatur

Utzschneider und Fraunhofer in München

finden sich Instrumente, die sowohl mit diesen konisch gefassten Objektiven mit je einer einfachen achromatischen Doppellinsen, als auch mit zusammengesetzten (aplanatischen) Objektiven ausgestattet sind.

Die zusammengesetzten Objektive werden erst nach dem Tode Frauhofers durch Georg Merz eingeführt. Damit ist davon auszugehen, dass das hier gezeigte Mikroskop mit den frühen Objektiven zu den frühen Instrumenten aus München zählt, welche zu Lebzeiten Fraunhofers dort hergestellt werden.

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Der Botaniker Hugo von Mohl urteilt über die Leistungen Fraunhofers zwei Jahrzehnte nach dessen Tod wie folgt (Hugo von Mohl: Mikrographie oder Anleitung zur Kenntnis und zum Gebrauche des Mikroskops. L.F. Fues, Tübingen 1846: 66-67):

Die Bahn zur Verbesserung [der Mikroskope] wurde von Fraunhofer und Amici gebrochen, welche etwa um das Jahr 1815 die ersten achromatischen Mikroskopobjective verfertigt zu haben scheinen, denen in England erst im Jahre 1824 Tulley folgte. Bei diesen Mikroskopen wurde, wie bei einem Fernrohre, eine einzige achromatische Linse als Objectiv verwendet. Die Leistungen dieser Instrumente sind mir aus eigener Ansicht nur von den Fraunhofer’schen bekannt; dieselben waren nicht sehr bedeutend. Diese Mikroskope zeichnen sich zwar allerdings vor den nicht achromatischen durch die Reinheit und Lichtstärke ihres Bildes aus, allein sie waren mit sehr schwachen Objectiven versehen, so dass stärkere Vergrösserungen durch starke Oculare erzwungen werden mussten, was immer beim Mikroskope mit einem sehr ungünstigen Erfolge geschieht.

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Fraunhofer, welchem kein mit dem Mikroskope vertrauter Forscher, der ihn auf die Bedürfnisse des mit dem Mikroskope arbeitenden Naturhistorikers hätte aufmerksam machen können, zur Seite gestanden zu haben scheint, soll mit den Leistungen seiner Mikroskope zufrieden gewesen sein; anders war es mit Amici, welcher nicht nur praktischer Optiker, sondern auch mikroskopischer Beobachter ist, und welchem desshalb die Unzulänglichkeit der einzelnen Objective nicht verborgen bleiben konnte. Er verliess daher auch, in der Hoffnung, durch das Spiegelmikroskop grössere Leistungen erhalten zu können, wieder die Verfertigung von achromatischen Objectiven, um erst später wieder zu ihnen zurückzukehren.

Die Bahn zur Vervollkommnung des zusammengesetzten Mikroskopes war jedoch durch die Verfertigung von achromatischen , an sich tadellosen Objectiven durch Fraunhofer gebrochen, und es erforderte nur noch einen kleinen Schritt, die Combination der Objective zu zusammengesetzten Systemen, um die Leistungen des Mikroskopes über alle Erwartung zu steigern.

Mohl muss sich hier ebenfalls auf diese frühen Objektive bezogen haben, die einen beträchtlichen Arbeitsabstand aufweisen.

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Das erste Mikroskop aus Fraunhofers Werkstatt wird 1811 angeboten (Gilbert’s Annalen der Physik 38 (1811): 347):

XIV.

Preiscurrent des optischen Instituts der Herren UTZSCHNEIDER, REICHENBACH und FRAUENHOFER zu Benedictbeuern in Baiern.

[…]

Ein zusammengesetztes Mikroskop mit 4 achromatischen Linsen, 2 Ocularen, Apparat und Kästchen… 77 fl.

Ein gleiches, mit 4 einfachen Linsen, 1 Ocular, Apparat und Kästchen…58 fl.

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Erst im folgenden Jahr wird von der Fertigstellung eines großen Mikroskops berichtet (Bayerisches Kunst- und Gewerbeblatt 1815: 268):

Verzeichniß der optischen Werkzeuge, welche in dem optischen Institute zu Benedictbeurn, UTZSCHNEIDER, REICHENBACH und FRAUNHOFER für nachstehende Preise im 24 fl. Fuß verfertigt werden:

[…]

Zusammengesetztes Microscop, mit 4 achromatischen Objectiven, 2 Ocularen, Apparate und Kästchen… 77 fl.

Zusammengesetztes Microscop, mit 3 Objectiven, 1 Ocular, Apparate und Kästchen… 58 fl.

[…]

Das optische Institut beschäftigt sich, unter der unmittelbaren Aufsicht und Bemühung seiner Mitglieder, mit der Verfertigung großer Achromatischer Refractoren. […] So ist auch ein großes Microscop mit achromatischen Objectiven von vorzüglicher Wirkung fertig geworden.

München den 18. November 1812.

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Es folgt 1816 (Zeitschrift für Astronomie und verwandte Wissenschaften 2 (Julius, August 1816): 173-179):

XVIII.

Verzeichniß der optischen Werkzeuge, welche in dem optischen Institute zu Benedictbeurn, Utzschneider et Fraunhofer für nachstehende Preise verfertigt werden.

[…]

19. Grosses zusammengesetztes Microscop mit vollständigem Apparat, um die Durchmesser der Gegenstände in irgend einem bestimmten Maß auf 0,00001 Zolle genau angeben zu können; mit Apparat zur Beleuchtung, sechs achromatischen Objectiven, einem doppelten und einem einfachen Ocular zu verschiedenen Gesichtsfeld und Vergrößerung. Die Vergrößerung der Flächen sind bey dem einfachen Ocular 256, 441, 1024, 2809, 5476, 10000, und beym doppelten Ocular 576, 992, 2304, 6320, 12321, 22500. Das ganze Microscop ist in einem polirten Kasten – 520 fl.

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20. Zusammengesetztes Microscop, mit einem vollständigen Apparat, vier achromatischen Objectiven und zwey Ocularen, nebst Kästchen. Die Flächen der Gegenstände werden 400, 900, 2500, 5620 und 12100 mal vergrößert — 130 fl.

21. Zusammengesetztes Microscop, mit einem vollständigen Apparat, drey achromatischen Objectiven und einem Ocular, nebst Kästchen. Die Flächen der Gegenstände werden 400, 900, 2500, und 5620 mal vergrößert — 61 fl.

22. Reise-Microscop, mit zwey achromatischen Objectiven, Spiegel, Stiel-Lupe, Schieber, Zängelchen etc. Alles in einer messingenen Hülse – 44 fl.

[…]

Auf Verlangen gegen 40 Kreuzer per Stück werden perspectivische Zeichnungen in Groß-Quart-Format von den Nr. 1, 2, 4, 6, 19, 22 und 26 abgegeben.

[…]

München, den 1. September 1816.

J. Utzschneider

Die hier erscheinenden perspektivischen Zeichnungen verschiedener ausgewählter Instrumente werden auch später noch angeboten, allerdings wird nur 1816 das Reisemikroskop gezeigt, später findet sich nur noch das große Mikroskop als Zeichnung im Angebot (hier als Lithografie in der Ausführung von 1820 gezeigt).

Im Jahre 1820 werden die Mikroskope mit gleicher Beschreibung und Preisen angeboten, nur das Reisemikroskop kostet nun 52 fl – dieses Verzeichnis bleibt bis zum Tode Fraunhofers unverändert gültig und wird auch noch im Dezember 1826 abgedruckt, das große Mikroskop kostet nun 560 fl.

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Das hier gezeigte Mikroskop findet sich 1820 wie folgt wieder:

Verzeichniß der optischen Instrumente, welche in dem optischen Institute zu UTZSCHNEIDER et FRAUNHOFER ehemals in Benedictbeurn, jetzt in München für nachstehende Preise verfertigt werden.

[…]

22. Zusammengesetztes Microscop mit einem vollständigen Apparat, vier achromatischen Objectiven mit zwey Ocularen, nebst Kästchen. Die Flächen der Gegenstände werden 400, 900, 2500, 5620 und 12100 mal vergrößert — 130 fl.

[…]

München, den 1. November 1820.

1830 schließlich taucht ein weiteres Mikroskopstativ im Preisverzeichnis auf und der Nachfolger des hier gezeigten Mikroskops wird nun mit zusammensetzbaren Objektiven angeboten (Astronomische Nachrichten 8(174) (1831): III/2) als:

Fortsetzung der Preiscourantes des optischen Institutes in München von UTZSCHNEIDER und FRAUNHOFER.

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[…]

27. Zusammengesetztes Microscop mit einem vollständigen Apparat, vier achromatischen Objectiven mit zwei Ocularen, nebst Kästchen. Die schwächste Linear-Vergrößerung ist 20 oder die der Flächen 400, die stärkste Linear-Vergrößerung aber 225, oder die der Flächen 50625mal — 136 fl.

[…]

Bey obigen drey Microscopen Nr. 26a, 27 und 28, deren Linsen alle aplanatisch sind, können durch die Combinationen der Objective alle jenen Vergrößerungen hervorgebracht werden, welche zwischen der angegebenen schwächsten und stärksten Vergrößerung inne liegen. – Auch können diese Vergrößerungen noch durch Zugabe eines schärferen Oculares, welches 11 fl. Kostet, vermehrt werden.

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Der Kasten des hier gezeigten Mikroskops

ist mit einem 1,8 mm starken Kirschholzfurnier versehen und unterscheidet sich damit von den Kästen der übrigen bekannten Kastenmikroskope Fraunhofers. Diese aufwendige und teure Schreinerarbeit wird in den Preislisten Fraunhofers, wie oben aufgeführt, sonst nur für das große Mikroskop angeboten.

Der spätere Nachfolger Fraunhofers, Georg Merz (1793-1867)

verbringt den Abend mit Fraunhofer, als dieser die Beugung am Gitter als technisch nutzbar entdeckt (Leonhard Jörg: Fraunhofer und seine Verdienste um die Optik. Eine literarhistorische Abhandlung als Inaugural-Dissertation. J.G. Weiß, Universitätsbuchdrucker;

München 1859: 23): Ein Zufall veranlasste Fraunhofer, die Beugungsphänomene näher zu verfolgen. Als er eines Abends mit Herrn Merz, dem derzeitigen Besitzer des optischen Instituts, welcher seit 1808 neben Fraunhofer gearbeitet, im Klosterwirthshause zu Benedictbeuern zusammen war, nahm er, indem er das Licht auf dem Tische durch den Bart einer Schreibfeder betrachtete, das Farbenspektrum wahr, und schloß daraus, daß durch feine Gitter und Anwendung des Fernrohrs der Grad der Beugung der Lichtstrahlen sich genauer bestimmen lasse, als die durch die bisher angewendeten Verfahrungsarten hatte bewirkt werden können.

Fraunhofer verwendet das Mikroskop primär als Hilfsmittel zur Kontrolle der mit seiner Teilmaschine in Glas geritzten Gitter, welche er für die eben dieser Entdeckung folgenden Versuche benötigt (ebd: 23-24): Gitterlinien einer Periode von 0,0001223 Pariser Zoll [3,3 Mikrometer] waren mit dem stärksten zusammengesetzten Mikroskop nicht mehr wahrnehmbar.

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Die Bedingung zur beugungsbedingten Auflösungsgrenze des Mikroskops bei paralleler Beleuchtung formuliert Fraunhofer bereits fast ein halbes Jahrhundert vor Ernst Abbe (1840-1905). In seinem Vortrag vor der mathematische-naturwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften in München vom 14. Juni 1823 heißt es in einer Fußnote (Jos. Fraunhofer: Kurzer Bericht von den Resultaten neuerer Versuche über die Grenze des Lichtes, und die Theorie derselben. Gilberts Annalen der Physik 74, 337-378; wiedergegeben in Eugene Lommel: Joseph von Fraunhofer’s gesammelte Schriften. Verlag der königlichen Akademie in Commission bei G. Franz, München 1888: 135):

Man kann daraus schliessen, was möglicher Weise durch Mikroskope noch zu sehen ist. Ein mikroskopischer Gegenstand z.B., dessen Durchmesser = omega ist, und der aus zwei Theilen besteht, kann nicht mehr als aus zwei Theilen bestehend erkannt werden. Dieses zeigt uns eine Gränze des Sehvermögens durch Mikroskope.

Diese Erkenntnis gerät jedoch in Vergessenheit und wird erst einige Jahrzehnte später neu formuliert.

Die achromatischen Optiken Fraunhofers haben damit zwar ein nur begrenztes Auflösungsvermögen, doch durch die hervorragende Korrektur der chromatischen Abberation eine große Lichtstärke.

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Identische Mikroskopstative, signiert mit Benediktbeuern bzw. München sind in folgenden Museen erhalten:

  • Mikroskopsammlung des Deutschen Museums München: „Mikroskop, signiert ‚Utzschneider und Fraunhofer in Benedictbeurn‘, mit Zubehör, an Holzkasten (11,5 x 12 x 26 cm) befestigt; zwischen 1814 und 1819“, Inv.-Nr. 586
  • Billings Collection Washington: „Utzschneider, Reichenbach and Fraunhofer, Munich, Germany, compound monocular; C. 1820“ signiert „Utzschneider, Reichenbach und Fraunhofer in Benedictbeurn“, Inventory Number AFIP 49060-60-4713-419
  • Optisches Museum Oberkochen: „Mikroskop von Utzschneider und Fraunhofer Benedictbeurn 1814 – 1819“, signiert „Utzschneider und Fraunhofer in Benedictbeuren“
  • Mikroskopsammlung des Deutschen Museums München: „Mikroskop, signiert ‚Utzschneider & Fraunhofer in München‘, mit Zubehör, an Holzkasten (12,5 x 12,5 x 26 cm) befestigt, nach 1819“, Inv.-Nr. 13905
  • Mikroskopsammlung des Deutschen Museums München: „Mikroskop, signiert ‚Utzschneider & Fraunhofer in München‘, mit Zubehör, an Holzkasten (12,5 x 12,5 x 26 cm) befestigt, nach 1819“, Inv.-Nr. 36993
  • The Microscope collection at The Science Museum London: „Chest Microscope by Utzschneider & Fraunhofer, signed: ‚Utzschneider u. Fraunhofer in München““, Inventory No. 1928-850
Zum Exponat

Dieses Mikroskop wird 1990 im Antiquitätenhandel in Wien erworben und gelangt in eine Münchner Privatsammlung. Aus dieser kann das Instrument im Mai 2009 für die hiesige Sammlung gewonnen werden.

Referenzen und Vergleiche

Vergleiche:

Referenz 1, 2, 9, 12, 13, 14, 15, 17, 25, 56, 64, 73, 88, 140, 151

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.