Petrografisches Mikroskop mittlerer Größe

Dr. Carl Leiss Berlin-Steglitz

Erstes petrografisches Mikroskop aus deutscher Produktion; R. Fuess Berlin 1875.

Das Mikroskop besteht aus zaponiertem, geschwärztem und vernickeltem Messing, Stahl sowie im Hufeisen aus einer schwarz lackierten Zinklegierung.

Petrographisches Mikroskop mittlerer Größe; Dr. Carl Leiss um 1925.

Das Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem, vernickeltem und schwarz lackiertem Messing, schwarz lackiertem Gußeisen und poliertem Stahl. Das Stativ ist zum Umlegen eingerichtet.

Die Beleuchtung erfolgt über einen vierfach gelagerten Plan- und Konkavspiegel. Der Polarisator, mit ausschaltbarer Kondensorlinse, kann an einem Schneckentrieb entlang der optischen Achse bewegt werden und auch komplett aus dem Strahlengang gebracht werden. Ungewöhnlich ist die Position dieses Triebes, er befindet sich in der Ebene der optischen Achse mit dem Trieb des Mikroskops.

Die grobe Einstellung erfolgt über Zahn und Trieb, die genaue Fokusierung wird über eine Feinstellschraube erzielt.

Bei diesem Stativ

ist unter der Betrand’schen Linse statt einer Irisblende nach dem Vorschlag von Boris Popoff (1871-1950) eine Revolverlochblende angebracht, deren Aperturöffnungen im Vergleich zu einer Irisblende trivialerweise der idealen kreisförmigen Öffnung näher kommen.

Die Objektivfassung kann über zwei Schrauben am Tubus zentriert werden. Von der originalen optischen Ausstattung ist nur noch das Okular 3 mit Fadenkreuz erhalten.

Auf dem Tubus ist das Mikroskop schlicht in großen Lettern signiert:

C. Leiss
Berlin-Steglitz
105.

Von dem hier gezeigten Mikroskopstativtyp

ist bisher kein weiteres erhaltenes Exemplar bekannt. Es wird in der Literatur wie folgt beschrieben (C. Leiss: Die modernen optischen Meßinstrumente des Kristallographen und Petrographen / Ihre Beschreibung und Justierung. Gustav Fischer; Jena 1925: 53-54):

IV. Mikroskope

[…]

c) Mittleres Mikroskop nach C. Leiss.

Den Abschluß der Besprechung der modernen Mikroskope mag ein speziell zu petrographischen Arbeiten konstruiertes Modell, das Fig. 19 zeigt, bilden.

Das Stativ ist zur Horizontallage neigbar und klemmbar.

Der Kondensor mit dem Polarisator P kann durch die Schraubbewegung h für die Regulierung der Beleuchtungsapertur (Beobachtung der Beck’schen Linie) gehoben und gesenkt werden. Außerdem ist das obere Glied des Kondensors, der natürlich an der Drehbewegung nicht teilnimmt, durch den Griff K im Moment ausschaltbar.

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Der Tubus besitzt die übliche Zentriervorrichtung für die Objektive, die mit Zangenwechsler angeklemmt werden. Der mit Korrektionslinse versehene Tubusanalysator A ist, ebenso wie die Amici-Bertrand-Linse B aus- und einschiebbar. Unmittelbar unter der in fester Beziehung zum Okluar (s. S. 46) sitzenden Amici-Bertrand-Linse sitzt aus- und einschaltbar der Schieber R, der nach dem Vorschlag von B. Popoff an Stelle der üblichen Irisblende eine Revolverblende mit 5 Blendenöffnungen von 0,75, 1,5, 3,5 5 und 8 mm besitzt. Popoff zieht eine solche Revolverblende der Irisblende vor, weil sie bessere kreisrunde Öffnungen liefert, wie die Irisblende.

Der Tubus hat die übliche grobe Einstellung durch Zahn und Trieb und zur Feineinstellung und Dickenmessung eine Mikrometerschraube von genau 0,5 mm mit einer in 50 Teile geteilten Trommel zur direkten Messung des 0,01 mm. Ein Fünftel der Intervalle ist also mit Sicherheit zu schätzen, so daß noch 0,002 mm gemessen werden können.

Als Okulare kommen, wie bei dem Leitz’schen Instrument, solche mit großem Sehfeld zur Verwendung. Okulare und Objektive werden von mir nicht mehr nach Nummern, sondern nach ihrer Brennweite bezeichnet. Der durch eine Schraube fixierbare Drehtisch ist in 1/1° geteilt und bestreicht einen Nonius, der 0,1° (6′) angibt.

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Carl August Leiss

Carl August Leiss (1868 – 1940)

wird als Sohn eines Bäckermeisters in Adelsheim geboren. Nach dem Schulabschluß absolviert er ab 1882 in Heidelberg eine Lehre als Mechaniker. Anfang 1890 kommt Leiss über Wien zu Fuess nach Berlin. Leiss arbeit in der optischen Abteilung und wird bereits 1893 deren Leiter.

Nach dem Tod von Rudolf Fuess 1917 leitet dessen Sohn Paul die Firma. Leiss verlässt wenige Jahre darauf das Unternehmen und gründet im Mai 1921 sein eigenes Unternehmen und fertigt dort vorwiegend auf Bestellung optische Instrumente.

Mit Datum vom 14. August 1924 wird Carl Leiss von der Philosophischen Fakultät der Universität Marburg die Ehrendoktorwürde verliehen. Die zugehörige Urkunde ist gewidmet:

dem ehemaligen wissenschaftlichen Leiter der Firma Fueß, Begründer u. Leiter der optischen Werkstätten C. Leiß in Steglitz

Herrn Carl Leiß

in Anerkennung seiner hohen Verdienste um die Herstellung, Verbesserung und Erfindung bedeutsamer optischer Instrumente, durch die er die Wissenschaft in Forschung und im Unterricht wesentlich gefördert hat, in Anerkennung ferner seiner wertvollen eigenen wissenschaftlichen Untersuchungen auf dem Gebiete der Optik.

Die Belegschaft des kleinen Unternehmens zählt in den 1930ern zehn Mitarbeiter, welche vor allem Goniometer, Spektralapparate und Monochromatoren bauen, Mikroskope werden nur wenige gefertigt. Am 25. April 1940 verstirbt Carl Leiss bei einem Aufenthalt in Heilbronn, er wird zwei Tage später in Adelsheim beigesetzt.

Referenzen und Vergleiche

Referenz

Einge der Daten zum Unternehmen von Carl Leiss sind einer Recherche von Hans Weil, Berlin entnommen. Referenz 122

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.