Zeiss Mikroskop Stativ Va

Carl Zeiss Jena

Zeiss Mikroskop Stativ Va von 1880.

Mikroskop mit fester Tubuslänge aus zaponiertem und geschwärztem bzw. schwarz lackiertem Messing, gebläutem Stahl. Das Instrument wird durch freie Verschiebung mit der Hand grob eingestellt, über ein Rändelrad an der Säule fein fokussiert; es verfügt über einen dreh- und schwenkbaren Plan- und Konkavspiegel. Ein zu jener Zeit noch nicht bei allen Zeiss’schen Mikroskopem standardmäßig angebrachte frühe Abbe’sche Beleuchtungsapparat mit Diaphragmenträger rundet das Mikroskop ab. An der Unterseite der Tischplatte kann man die Schwalbenschwanzführung für die zu jenem aufwendigen Kondesor dort alternativ anzubringende Zylinderblendung erkennen.

Das Mikroskop ist ausgerüstet mit dem Okular Nr. 2 sowie einem Objektiv C. Zeiss CC Nr. 379. Leider fehlt weiteres Zubehör sowie der Kasten. Die optische Ausrüstung in dieser Art ermöglicht eine lineare Vergrößerung von 145-fach.

Auf dem „gewölkten“ Steg der Tubusaufnahme signiert:

C. Zeiss.
Jena.
4694

Der Seite 214 des Auslieferungsbuchs der Firma Carl Zeiss Jena ist zu entnehmen, dass dieses Stativ Va mit Kondensor am 05.06.1880 als 3475. zusammengesetztes Mikroskop fertiggestellt wird.

Dieses Instrument wird am 02.12.1880 mit den Objektiven aa, A, BB, CC, D, F, J und L sowie den Okularen 1 bis 5 an A. Gilkinet nach Liège, Belgien (Lüttich) ausgeliefert. Das Mikroskop mit der sehr umfangreichen optischen Ausrüstung dient Alfred Gilkinet (1845-1926) für seine Forschungen. Er übernimmt die Leitung des heute seinen Namen tragenden „Institut de Pharmacie“ der Universität Lüttich und setzt 1883 den Neubau des Institutsgebäudes durch.

Im Zeiss-Katalog No. 25. Illustrirrter [sic!] Katalog über Mikroskope und Nebenapparate aus der optischen Werkstätte von Carl Zeiss in Jena. erscheint dieses Stativ im Januar 1881 wie folgt:

No. 25 Stativ V (früher I). Hufeisenstativ von gleicher Grösse wie die vorhergehenden, ohne Drehung, Tubus ohne Auszug, grobe Einstellung durch Verschiebung, Cylinderblendungen.
a) Zum Umlegen eingerichtet…Mk. 90
b) Ohne Einrichtung zum Umlegen…Mk. 75

No. 66 Beleuchtungs-Apparat nach Abbe (s.M. Schultze’s Archiv f. mikr. Anatomie Bd. IX, pag. 496). Condensor von grosser Apertur, mit Diaphragmenapparat und Doppelspiegel; für allle Modificationen der geraden und schiefen Beleuchtung im durchfallenden Licht sowie für positive Bilder in dunklem Sehfeld bis zu 600-facher Vergrösserung, zugleich auch für bequeme Anwendung polarisirten Lichts (vgl. Polarisationsapparate); das Ganze in Einem Stück unterhalb des Mikroskoptisches einzusetzen. Nur für die grösseren Stative von I bis Va geeignet…Mk. 55

Anpassung an Stative aus andern Werkstätten wird nicht übernommen.

Noch 10 Jahre später, im Zeiss-Katalog No. 29 von 1891, wird dieses Stativ angeboten:

Stativ Va. Umlegbar. Fester Tisch von 90 X 90 mm Grösse.
Grobe Einstellung durch Verschiebung des Tubus in Schiebhülse. Feine Einstellung durch Mikrometerschraube.
Der Untertheil sammt Beleuchtungsapparat nach Abbe ganz wie bei Stativ IVa (ohne Iris, welche aber zu Mk. 15.- mit- oder nachbezogen werden kann). (Abbildung Fig. 9) … 120.- Mark

Der hier gezeigte Abbe’sche Beleuchtungsapparat wird 1872 eingeführt und findet rasch weite Verbreitung und Nachahmung. Das im Bild links befindliche Stück dient zur Einführung in das Stativ unterhalb des Objekttisches und kann dabei leicht ausgewechselt werden. Da der nicht achromatische Apparat direkt bis unter den Objektträger geschoben wird, kann der verbleibende Zwischenraum, so erforderlich, mit Wasser immergiert werden. Der Blendungsapparat besteht bei diesem frühen Modell statt aus der späteren Irisblende, aus einem Blendungsträger mit drehbarer Scheibe, welche die kreisförmigen Blendscheiben aufnimmt. Letzterer kann zum raschen Wechsel ausgeschwenkt bzw. für schiefe Beleuchtung mit Zahn und Trieb dezentriert werden.

Über Carl Zeiss

zeiss_1846_esche_1966Carl Zeiss (1816-1888) wird als Kind fünftes Kind des Hofdrechselermeisters Johann Gottfried Zeiß in Weimar geboren. Nach seinem Schulbesuch in Weimar absolviert Carl Zeiss 1834-1838 eine Mechanikerlehre beim Universitätsmechaniker Dr. Friedrich Körner in Jena. Nach Abschluß der Lehre besucht Zeiss 1835-1838 Vorlesungen der Universität Jena in Mathematik, Experimentaphysik, Antropologie, Mineralogie und Optik. Es schließen sich 1838-1845 Wanderjahre mit Stationen in Stuttgart, Wien, Berlin und Darmstadt an. Im Jahre 1845 kommt Carl Zeiss wieder nach Jena und absolviert ein Praktikum am physiologischen Institut bei Prof. M. J. Schleiden.

Carl Zeiss wird die Konzession zur Fertigung und zum Verkauf von mechanischen und optischen Instrumenten in Jena am 19.11.1846 durch die Großherzogliche Landesregierung in Weimar erteilt. Die erste Werkstätte befindet sich in der Neugasse 7 in Jena. Im Juli 1847 zieht die Werkstatt in die Wagnergasse 32 und im August diesen Jahres wird als erster Lehrling August Löber eingestellt. Im September 1847 wird die Produktion einfacher Lupenmikroskope, entsprechend dem hier gezeigten Instrument, aufgenommen. Erst 1857 werden die ersten zusammengesetzten Mikroskope in der Zeiss’schen Werkstatt gefertigt. 1866 wird das 1000. Mikroskop hergestellt; kurz darauf beginnt im selben Jahr die Zusammenarbeit mit Ernst Abbe. 1872 schließlich werden die Optiken der Mikroskope nach Abbes Berechnungen konstruiert.

Zum Exponat

Das Mikroskop wird von Dr.med. Bernhard Bolten (1899 – 1975) während seines Studiums in Berlin, München und Bonn erworben – aus dem Besitz seines Sohnes, Dr. med. Bernd Bolten gelangt es im Januar 2002 in diese Sammlung.

Referenzen und Vergleiche

Vergleiche:

Referenz 2, 25 sowie Billings Collection Washington: AFIP 49141 – 60-4713-177, S. 97, Abb. 182 (ein 11 Jahre jüngeres Modell, nun mit Tubusauszug); Moody Medical Library, The University of Texas Medical Branch, Galveston, TX, USA: „microscope, signed C. Zeiss Jena No. 19146“ Inv.-No. 1.034 (ebenfalls ein 11 Jahre jüngeres Stativ); The Microscope Collection at the Science Museum London: „Stand V1 Outfit by Zeiss“, signiert „C. Zeiss / Jena. / 4803“, Inventory No. A601090 (falsch beschrieben als Stativ „VI“, Anmerkung des Verfassers)

(Datierung mit freundlicher Unterstützung von Dr. Wolfgang Wimmer, Archiv Carl Zeiss Jena, 14.01.2002; Katalogabblindung mit freundschaftlicher Unterstützung von Moritz Sokolowski)

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.