Großes Stangenmikroskop

C. H. Pistor Berlin

Stangenmikroskop von C. H. Pistor um 1840.

Das Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem und geschwärztem Messing, blankem und gebläutem Stahl und Elfenbein.

Die Beleuchtung erfolgt über einen dreh- und schwenkbaren Spiegel innerhalb der optischen Achse des Instruments. Zur Blendung dient eine nierenförmige Lochblendenscheibe, welche ähnliche der Stative von Simon Plössl am Ende einer kurzen, konisch zulaufenden Röhre unter der Tischplatte montiert ist. Zur Fixierung der Objekte dient ein gegen eine Feder verspanntes rundes Messingblech, welches einen Großteil des Zentrums der Tischfläche bedeckt.

Das Mikroskop ist an einer prismatischen Stahlstange aufgebaut,

an der der Objekttisch fest verschraubt ist. Zur groben Einstellung dient ein über vier Elfenbeinhandhaben an diesem Prisma verschiebbarer Schlitten. Durch eine Schraube kann der Schlitten an einer Stahlstange fixiert und über deren Bewegung fein verfahren werden.

Als weitere mechanische Eigenheit des Mikroskops ist der Tubus in einen Schwalbenschwanz eingesetzt und kann vom Mikroskopstativ abgenommen werden. Der Mikroskoptisch ist ähnlich der Tische der großen Mikroskopstative von Fraunhofer, Schiek und Plössl in zwei orthoginal zu einander stehende Richtungen in Schwalbenschwanzführungen mit Hilfe von geteilten Rändelrädern fein verstellbar.

An Zubehör

ist leider nur noch ein Okular Nr. 2 erhalten sowie ein möglicherweise nicht originales Satzobjektiv.

Eine Signatur fehlt diesem Instrument; trotzdem ist es eindeutig C. H. Pistor zuzuordnen. Ein gänzlich identisches Mikroskop ist in L.E. Maistrov: Mikroskope (Nauka, Moskau 1974) abgebildet und trägt die Signatur C.H. Pistor Berlin. No. 277.

F.W. Barfuß beschreibt dieses Mikroskop in Optik, Catoptrik und Dioptrik

(Bernh. Fr. Voigt, Weimar 1839) wie folgt:

Das Mikroskop von Pistor in Berlin (Tafel XXVI, Fig. 4). Es steht auf drei messingen Füßen A, B, C, welche zusammengelegt werden können; dieselben tragen eine lange Stahlstange D E, auf welcher die Röhre F mit dem gekrümmten Arm G, mit dem der zusammengesetzte Körper H verbunden ist, durch den Griff J gehoben und gesenkt werden kann, um die weitere Stellung des Instruments zu bewirken. Die feinere Stellung wird durch die Schraube L bewerkstelligt, welche ihrerseits auf eine Schraube am obern Ende der Stahlstange K wirkt, die durch das Messingstück M geht, welches an dem hintern Theile der dreiseitigen Röhre F angebracht worden ist. An dem untern Theile der Stange ist eine Schraube P mit einer Spiralfeder vorhanden und darüber ein anderes Stück Messing R, welches mittelst des Griffes T auf der stählernen Stange verschiebbar ist.

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Die beiden Stellschrauben N, O dienen dazu, die Messingstücke M, R auf der Stange K festzustellen. Wenn die Stellschraube N gelöst ist, so kann die Röhre F und mit ihr der zusammengesetzte Mikroskopkörper auf der Stange auf- und niedergeschoben werden, so daß dadurch die weitere Stellung bewirkt wird. Wenn aber die Stahlstange K mittelst der Schraube N an dem Messingstück M befestigt ist, und die Feder P durch das Stück R und die Stellschraube O ausgedehnt worden ist, so kann der Körper mittelst der Schraube I langsam gehoben oder gesenkt werden, und es ist dies die feine Stellung. Das Stativ T ist an der dreieckigen Stange befestigt und hat zwei diagonale Bewegungen mittelst der Schraube V und W, deren Köpfe in 100 Theile getheilt sind. Der Spiegel X hat die gewöhnliche Form und ist am unteren Ende der dreieckigen Stange angebracht.

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Über Pistor und Schiek

Carl Philipp Heinrich Pistor (1778-1847)

bietet ab 1810 einfache physikalische Geräte an und fertigt ab spätestens 1813 in eigener Werkstätte neben astronomischen und geodätischen Instrumenten auch Mikroskope. Letztere werden nach dem Vorbild der englischen Geräte gebaut, z.B. nach Jones, Ellis, Adams etc.

Friedrich Wilhem Schiek arbeitet offenbar bis 1824 als Zulieferer für Pistor und wird in jenem Jahr Teilhaber, die Firma nennt sich nun Pistor & Schiek.

Sehr wahrscheinlich ist Schiek neben dem kreativen Theoretiker Pistor der mechanische Künstler in der Werkstatt. Man spricht in der Literatur der Zeit lobend von den „Schiek’schen Mikroskopen“, was den Schluß nahelegt, dass Schiek sich schon früh allein um die Mikroskopherstellung bei „Pistor & Schiek“ kümmert. Gegen Ende des Jahres 1836 trennt sich Schieck schließlich von Pistor.

Fortan arbeitet Pistor alleine, bis er schließlich mit seinem Schwiegersohn Martins gemeinsam Mikroskope und weitere wissenschaftliche Instrumente baut. Anläßlich Pistors 50. Berufsjubiläums verleiht ihm die Berliner Universität die Auszeichnung eines Ehrendoktors der Philosophie und Magisters der freien Künste.

Über das Exponat

Im Dezember 2007 kann dieses Mikroskop von einem Berliner Händler für die Sammlung erworben werden.

Referenzen und Vergleiche

Vergleiche

Mikroskopsammlung des Polytechnischen Museums Moskau: Mikroskop signiert „C.H. Pistor Berlin No. 277“, Inventurnummer PM 008005 (MIM 111) sowie Referenz 25, 86, 95

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.