Mikroskop No. 5374

Edmund Hartnack und Georg Oberhaeuser in Paris

Hartnack Mikroskop; Stativ VIII um 1865

Zaponiertes und geschwärztes Vollmessing mit Hufeisenstativ. Das Mikroskop trägt im Kasten eingestanzt die Seriennummer 5374. Zur groben Einstellung dient eine Schiebehülse, der Feinfokus wird mit dem Rändelrad an der Säule über einen Prismentrieb bewerkstelligt.

Die Beleuchtung erfolgt über einen dreifach gelagerten Plan- und Konkavspiegel, die Zylinderlochblende wird in einer Halterung mit Schwalbenschwanzführung fixiert.

Auf der Unterseite des Hufeisenstativs befindet sich statt dem sonst oft verwendeten Leder zur gegenseitigen Schonung von Instrument und Tischplatte grünes Papier.

Am Auszugstubus prangt die mehrzeilige Signatur:


E. Hartnack
sucr de G. Oberhaeuser
Place Dauphine, 21
Paris

Sehr typische Merkmale für Hartnack an diesem Instrument

sind der schlichte Hufeisenfuß und die von Oberhäuser ebenfalls eingeführten 160 mm Tubuslänge.

Ausgestattet ist das Instrument mit den Objektiven Nr. 4, Nr. und Nr. 8, zusammen mit drei Lochblendeneinsätzen werden diese in einer Schatulle untergebracht, welche ebenfalls die Nr. 5374 eingebrannt zeigt.

Zubehör:

Ferner verfügt das Mikroskop über die Okulare Nr. 2 (Messokular), Nr. 3 und Nr. 4. Im mit roter statt wie sonst üblich grüner Seide gepolsterten Mahagonikasten wird das Instrument liegend aufbewahrt.

Das gesamte mikroskopische Besteck bestehend aus einer Messingpinzette, einem Skalpell, einer Präpariernadel und zwei Wechselschäften ist erhalten und wird in einem Fach des Mahagonikastens aufbewahrt.

Ein Heftchen Nadeln für dieses Besteck ist Teil des Zubehörs. Es trägt die Aufschrift:

S. Beissel
W. & Sohn
Prize Medal
London
1851
2. Qual.
Versenkte
Drill Oehr Nadel
2

Weiteres Zubehör:

Eine runde Pappschachtel aus der Zeit um 1880 von W. & H. Seibert Wetzlar mit runden Deckgläser von 18mm Durchm. ist ebenfalls vorhanden. In einen unbenutzten Rezeptvordruck eines ehemaligen Besitzers in Düsseldorf sind einige Objektträger eingeschlagen:

Dr. med. Höchst
pract. Arzt
Ehrenstrasse 15
Sprechstunden 8-10, 2-31/2
Sonntags nur 8-10

Dr. med. Höchst ist nach Angaben seines Enkels in Düsseldorf

als Allgemeinmediziner von ca. 1895 bis zu seinem Tode 1945 tätig. Bei Approbation des Arztes ist dieses Mikroskop bereits 30 Jahre alt und dürfte als Geschenk überreicht worden sein. Höchstwahrscheinlich wird in der Praxis des Mediziners ein anderes, moderneres Mikroskop zum Dienst im Labor herangezogen. Dies würde den neuwertigen Zustand des Instruments erklären.

Edmund Hartnack

Edmund Hartnack (1826 – 1891)

wird am 9. April 1826 zu Templin in der Uckermark geboren und lernt 1842 – 1847 in Berlin das Mechanikerhandwerk bei Wilhelm Hirschmann senior (1777 – 1847), welcher seinerseits mit Schiek und Pistor zusammengearbeitet hat. 1847 kommt Hartnack zu Heinrich Daniel Rühmkorff (1803-1877) nach Paris und geht später zu Oberhäuser. Dieser nimmt ihn 1854 als Teilhaber auf. Hartnack heiratet Johanna Maria Louise Kleinod, die Nichte Oberhäusers und übernimmt das Geschäft 1864, aus welchem sich sein früherer Chef mehr und mehr zurückgezogen hat.

Im Jahr 1864 tritt der aus Polen geflüchtete Professor Adam Prazmowski (1821 – 1888) dem Unternehmen bei. 1863 ist der frühere Assistent der Warschauer Sternwarte und Teilnehmer diverser Expedition en zur Beobachtung von Sonnenfinsternissen und zur Gradmessung aus politischen Gründen nach Paris gegangen.

Zusammen mit Hartnack verbessert Prazmowski 1866 das Nicol’sche Prisma. 1878 schließlich wird Prazmowski Eigentümer der Werkstätte in der französichen Hauptstadt; nach seinem Tode 1885 übernehmen die Meister Bézu & Hausser die Werkstätte und verkaufen diese 1896 schließlich an Alfred Nachet.

Hartnack muss auf Grund des deutsch-französischen Krieges 1870 Frankreich verlassen und wirkt fortan in Potsdam weiter, wo er am 9. Februar 1891 stirbt.

Hartnack wird bekannt für die hohe Qualität seiner Objektive, u.a. führt er die Wasserimmersion No. 11 im Jahre 1859 ein und ist damit kurze Zeit führend im Auflösungsvermögen, mit einer numerischen Apertur von 1,05. Er hat stets ein offenes Ohr für die mit seinen Mikroskopen arbeitenden Forscher. Auf der Weltausstellung 1862 in London gewinnt Hartnack eine Medaille für die allgemeine Qualität seiner Mikroskope von denen es heißt: „Sie gleichen im Wesentlichen dem Oberhäuserschen Modell, bei der der Mikroskopkörper auf einer hohlen, zylindrischen Basis steht, deren Oberseite als Objekttisch fungiert.“ Die Hartnack’schen Objektive hält man im London jener Zeit zweifelsohne für die besten aus nicht-englischer Fertigung. Hartnack verwendet ferner Wasserimmersion bevor diese Technik auf den britischen Inseln Einzug hält.

Wegen seiner Verdienste um die Medizin durch Bau und Vertrieb seiner Mikroskope wird er 1868 zum Ehrendoktor der medizinischen Fakultät Bonn ernannt; die preußische Regierung verleiht ihm 1882 den Professorentitel.

Über das Exponat

Über dieses Exponat

Dieses Mikroskop kann im September 2008 vom Enkel jenes Arztes für diese Sammlung erworben werden.

Referenzen und Vergleiche

Vergleiche Referenz

1, 2, 25, 47, 48, 56, 75, 84, 85, 97, 120 und ferner Science Museum, London: Inventory A 43388; Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena: „Mikroskop mit Hufeisenstativ / E.Hartnack & G. Oberhaeuser [sic!]/ Paris um 1860“ signiert „E. Hartnack / sucr. de G. Oberhaeuser / Place Dauphine 21 / Paris“; Deutsches Techikmuseum Berlin: „Mikroskop um 1875 / Hartnack, Paris und Potsdam / Leihgabe Herr Weil, Berlin“, signiert „Hartnack & Co. Paris & Potsdam“; Museo per la Storia dell’Università di Pavia,Italien: „Microscopio, ‚E.Hartnack & A.Prazmowski‘, 1880 circa“; Museum Boerhaave, NL: „Compound microscope with box; Hartnack & A. Prazmowski, E.; Parijs“, Inventory number V07154; Sammlung des Medizinhistorischen Instituts der Universität Bern: „Mikroskop Hartnack Nr. 4982“, Inv.-Nr. 2014; The Microscope Collection at the Science Museum London: „Compound Outfit by Hartnack“, signiert „E.Hartnack / sucr. de G. Oberhaeuser / Place Dauphine, 21 / Paris“, Seriennummer 6135, Inventory No. A601304.

Vermittlung des Instruments durch freundschaftliche Unterstützung von Prof. Dr. Moritz Sokolowski, Bonn.

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.