Polarisationsmikroskop

Bézu, Hausser & Cie in Paris

Mineralogisches Polarisationsmikroskop; Paris um 1885

Das Mikroskop besteht aus zaponiertem, geschwärztem und vernickeltem Messing und gebläutem Stahl. Das Instrument ist mit einem Gelenk zum Umlegen ausgestattet und verfügt über einen Zahntrieb zur groben Fokussierung sowie eine Feineinstellung über Prismentrieb.

Der Plan- und Konkavspiegel wird in 4 Gelenken gelagert, die Schiebehülse mit Lochblendeneinsätzen kann über ein Gelenk aus dem Strahlengang geschwenkt werden und gegen einen Polarisator ausgetauscht werden. Das Mikroskop ist ausgestattet mit einem Drehtisch, dessen versilberte Skala über einen Nonius verfügt, so dass Winkel bis zu 0,1° abgelesen werden können.

Die umfangreiche optische Ausrüstung des Mikroskops

besteht aus den Okularen Nr. 2, Nr. 3 (Mikrometer) und Nr. 4 sowie diversen Objektiven, die über einen Adapterring für das am Tubus montierte Schnellwechselsystem mit Zentrierschrauben verfügen. Eduard Hartnack in Potsdam stellt dieses System der Objektivzentrierung um 1879 vor – noch bevor Rudolf Fuess in Berlin die Objektivzange zur Zentrierung und dem Schnellwechseln der Objektive einführt. Es finden sich bei diesem Mikroskop die Hartnack-Objektive Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 7 mit zugehörigen nummerierten Objektivadapterringen.

Ferner ist das Mikroskop ausgestattet

mit einem Objektive Nr. 8 in zugehöriger Messingdose, welches der Rändelung nach ebenfalls aus der Werkstatt von Bézu, Hausser & Cie stammt und zur Verwahrung in das Gewinde des Deckels der Messingdose verschraubt wird.

Zwei weitere Objektive,

jeweils bezeichnet mit Nr. 7 stammen offenbar nicht von diesem Hersteller, sie werden ebenfalls in Messingdosen untergebracht. Eines dieser beiden Objektive verfügt über einen etwas schlichter ausgeführten Adapterring für den Objektivschnellwechseler und findet zusammen mit diesem Ring Platz in der passenden Messingdose.

Der Polarisator ist als fünfseitiges Hartnack-Prazmowski-Prisma ausgeführt und ferfügt über eine Kondensorlinse. Der Analysator im selben kristallografischen Schnitt ist zum Aufestzen auf das Okular konstruiert und einer versilberten Skala in Inkrementen zu 4° versehen.

Das Mikroskop wird liegend im mit Seide gefütterten und mit Samt ausgeschlagenen Mahagonikasten untergebracht; die Auflichtlupe wird zum Transport teilweise demontiert. Seitlich ist an dieser Schatulle aus poliertem Edelholz eine Handhabe zum Transport angebracht.

Der Tisch des Mikroskops verfügt über eine versilberte Skala, welche in 360 Teilen mit einem Nonius noch Drehungen auf 6 Winkelminuten genau ablesen lässt.

Zum besseren Auffinden einer Stelle des Präparats ist auf die geschwärzte Tischplatte ein Maßstab von je 25 Millimetern Länge in X- und Y-Richtung graviert.

Der Polarisator lässt sich in seiner Hülse seitlich aus dem Strahlengang schwenken und gegen eine Zylinderblende tauschen, für welche dem Mikroskop drei Aperturblenden beigegeben sind.

Das Mikroskop trägt auf dem Tubus die dekorative Signatur:

Ane Mon Hartnack & Prazmowski
Bézu, Hausser & Cie sucrs
Paris

Die Seriennummer der Mikroskops ist in das Holz des Kastens eingebrannt: 23205.

Im Januar 2007 kann dieses sehr gut erhaltene Mikroskop aus Frankreich für die Sammlung erworben werden.

Zur Bestimmung der Mikrometerwerte des Okulars Nr. 3 ist dem Mikroskop eine Objektmikrometerplatte beigegeben.

Die runde Glasplatte mit dem Maßstab

ist in einer rechteckigen Messingplatte gefasst und wird in einem grünen Lederschieber aufbewahrt.

Die Messingplatte trägt folgende Signatur:

1 Millimètre
en
Cent

Bézu, Hausser & Cie
Rue Bonaparte 1
Paris

Eine Verzögerungsplatte Lambda Viertel für Polarisationsmikroskopie ist dem Instrument beigegeben. Auf die gekittete Glasplatte ist die Orientierung mit einem Pfeil und dem Wort axe angegeben. Ferner liest man hier:

3 Gamines

Quarz Compensateur
_________
Bezu Hausser
Paris

Im Preisverzeichnis der achromatischen Mikroskope von Professor Dr. E. Hartnack,

Nachfolger von G. Oberhaeuser. (In Potsdam Waisenstr. 39.) aus dem Jahre 1885 taucht das Pendant dieses Mikroskops, allerdings ohne die Beistelllupe, auf und wird beschrieben als:

No. IX. Neues Modell zum speziellen Gebrauche für Mineralogen. Die Tischplatte ist unabhängig, um ihre Axe drehbar. Grobe Einstellung mittelst Zahn und Trieb; Polarisationsapparat, dessen Analysator sich bequem auf jedes Okular aufsetzen lässt; Goniometer, einzuschiebender Quarzplatte und senkrecht zur Axe geschnittener Kalkspathplatte für stauroskopische Untersuchungen. Besondere Vorrichtung zum Zentriren für jedes System. Mit Systemen 4, 7, 9 und Okularen 2, 3, 4 …… 450 Fr. 360 M.

Dasselbe Instrument mit Charnier zum Umlegen 475 Fr. 380 M.

Ein Preisverzeichnis von Bézu, Hausser & Cie ist nicht bekannt.

Als weiteres Zubehör findet sich bei dem Mikroskop

in kleines Helioskop in Form eines Prismas mit rechteckiger und runder Aperturblende. Er wird in einer der Form des Objekts angepassten, lederbezogenen Schatulle untergebracht.

Die fein gravierte Bezeichnung und Signatur auf dem Apparat lautet:

Helioscope

F. Drouin

___.___

Edmund Hartnack

Edmund Hartnack (1826 – 1891)

Wird am 9. April 1826 zu Templin in der Uckermark geboren und lernt 1842 – 1847 in Berlin das Mechanikerhandwerk bei Wilhelm Hirschmann senior (1777 – 1847), welcher seinerseits mit Schiek und Pistor zusammengearbeitet hat. 1847 kommt Hartnack zu Heinrich Daniel Rühmkorff (1803-1877) nach Paris und geht später zu Oberhäuser. Dieser nimmt ihn 1854 als Teilhaber auf. Hartnack heiratet Johanna Maria Louise Kleinod, die Nichte Oberhäusers und übernimmt das Geschäft 1864, aus welchem sich sein früherer Chef mehr und mehr zurückgezogen hat.

Hartnack muss auf Grund des deutsch-französischen Krieges 1870 Frankreich verlassen. Die Wirren in der französischen Hauptstadt bringen schwere Monate für die Werkstätte – Prazmowski führt die Geschäfte weiter und erstattet Hartnack so regelmäßig als möglich Bericht.

Anfang des Jahres 1872 nimmt Hartnack schließlich in Potsdam die Produktion von Mikroskopen auf und signiert seine Instrumente mit „E.Hartnack & Co Paris & Potsdam“. Die dort ausgelieferten Instrumente werden in Abstimmung mit der Pariser Werkstätte nummeriert, bis diese an Prazmowski verkauft wird.

Der viel geehrte Edmund Hartnack stirbt nur wenige Wochen nach dem Tod seiner geliebten Frau am 9. Februar 1891 in Potsdam.

Adam Prazmowski

Adam Prazmowski (1821 – 1885)

Im Jahr 1864 tritt der aus Polen geflüchtete Mathematik-Professor Adam Prazmowski (geb. 25.03.1821 in Warschau) dem Unternehmen bei.

1863 ist der frühere Assistent der Warschauer Sternwarte aus politischen Gründen nach Paris emigriert. Zuvor nimmt er 1846-49 an der geodätischen Vermessung Polens teil und bereist bereits 1851 Deutschland und Frankreich. Neben Beobachtungen der Sonnenfinsternissen 1852 & 1853 ist der Wissenschaftler Mitglied der Gradmessug Eismeer-Bessarabien im Jahre 1853 und Gesandter zur Beobachtung der Sonnenfinsternis 1860 in Spanien. Prazmowski hat sich als Observator schon zuvor mit Optik und der Berechnung von Linsensystemen beschäftigt – die fruchtbare Zusammenarbeit mag als Erklärung dienen, dass er bereits 1865 zum mechanischen Direktor des Unternehmens benannt wird. In dieser Zeit wird das Nicolsche Prisma (1866) und das Saccharimeter (1873) verbessert sowie ein eigener Beleuchtungsapparat entwickelt. 1878 wird Prazmowski Eigentümer der Pariser Filiale; nach seinem Tode 1885 übernehmen seine Meister Bézu & Hausser die Werkstätte und verkaufen diese 1896 schließlich an Alfred Nachet.

Referenzen und Vergleiche

Vergleiche Referenz

1, 2, 25, 47, 48, 56, 75, 84, 85, 87 sowie das einzige bekannte weitere Polarisationsmikroskop mit dieser Signatur in The Microscope  Collection at The Science Museum London: „Polarizing Microscope by Bézu & Hausser“, signiert „Ane. Mon. Hartnack & Prazmowski. / Bézu, Hausser & Cie, Sucrs. / Paris“, Inventory No. A60976 (dieses Stativ wurde von Louis Pasteur verwendet, wurde dann für die Collection Nachet erworben und kam 1928 nach London – es fehlt hier sämtliches Zubehör und der Kasten); Identifizierung des Helioskops mit freundlicher Unterstützung von Jeroen Meeusen.

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.