von Carl Zeiss
Das Stativ besteht aus geschwärztem und zaponiertem Messing, gebläutem Stahl und Leder. Zur Beleuchtung des Objekts dient ein vierfach gelagerter Spiegel, der für Auflichtuntersuchungen auch über die Tischfläche bewegt werden kann. Die Einstellung erfolgt über einen Zahntrieb mit schlichten Rändelrädern beidseitig der Säule. Das Objekt wird über zwei Klemmen auf dem Tisch gehalten.
Die optische Ausstattung setzt sich zusammen aus drei achromatischen Doublets die sowohl einzeln, als auch in Kombination genutzt und mit einer Okularlinse kombiniert werden können. Lineare Vergrößerungen von 8 – 100 sind mit dieser Zusammenstellung möglich. Die Verbindung von einem oder mehrerer solcher Doublets mit der Okularlinse wird als Brücke’sche Lupe bezeichnet.
Zur Ablage der Hände bei den Präparierarbeiten können zwei lederbezogene Backen seitlich am Tisch eingeschoben werden.
Auf dem Fuß ist das Mikroskop mit einfachen Schlagbuchstaben signiert:
1564 | C Zeiss Jena | |
45 |
Es handelt sich bei diesem Stativ um das sogenannte „Neue Präpariermikroskop“, welches 1869 eingeführt wird und das seit 1847 angebotene einfache Präpariermikroskop im Programm ergänzt. Bei der ersten Vorstellung des Instruments in der Literatur beschreibt Carl Zeiss mit einem Holzschnitt das Stativ als eine mechanische Konstruktion ähnlich dem Dissektionsmikroskop von Nachet in Paris (Carl Zeiss (1870) Ein neues Präparir-Mikroskop. Archiv für mikroskopische Anatomie VI: 234-236):
Von
Carl Zeiss
in Jena.*)
Hierzu ein Holzschnitt.
Das einfache Mikroskop in seine bisherigen Construction als Doublet, Triplet ist auch in der besten Ausführung mit dem Mangel behaftet, dass bei steigender Vergrösserung der Abstand zwischen Object und unterer Linsenfläche rasch abnimmt; daher das Präpariren unter demselben bei über 30 facher Vergrösserung schon sehr behindert, von 60 facher Vergrösserung an so gut wie unmöglich gemacht ist , wozu noch kommt, dass die geringe Höhe der Doublets den Beobachter zu einer sehr unbequemen Kopfhaltung nötigt.
Beide Nachtheile sind vollständig beseitigt durch eine neue Linsencombination, bei welcher durch Verbindung eines einfachen, doppelten oder dreifachen achromatischen Objectivsystems mit einer Ocularlinse ein Spielraum der Vergrösserung von 8-150 linear in angemessenen Abstufungen, und selbst bei der schärfsten Vergrösserung noch ein Objectabstand von 8-9 Mm. erreicht wird, während durch die Länge der Hülse, welche das Ganze bildet, in Verbindung mit den grossen Objectabständen, dem Auge die für die Kopfhaltung sehr bequeme Höhe von 70-80 Mm. über dem Objecttische angewiesen wird. Dabei ist namentlich die den stärkeren Vergrösserungen das Gesichtsfeld erheblich grösser als bei entsprechenden Doublets, während die Vollkommenheit des Bildes wenigstens in dem mittleren Theile des Gesichtsfeldes der beim zusammengesetzten Mikroskope gewohnten nicht nachsteht.
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Die Abstufung der Vergrösserung wird erreicht:
1) indem man das untere Linsensystem für sich ohne die das Ocularglas tragende Hülse benutzt (welche zu dem Zweck abgeschraubt werden kann) und zwar entweder die obere Linse allein, oder die beiden obern Linsen allein, oder das ganze System. [In solchem Fall erhält man die Wirkung sehr vollkommener Doublets von 15, 20 und 30 facher Vergrösserung.]
2) durch Verbindung der genannten drei Objectivcombinationen mit dem schwächeren der beiden beigegebenen Oculare, wodurch der Reihe nach Vergrösserungen 40, 60, 100 mit den Objectabständen 27, 16, und 9 Mm. erzielt werden. Endlich
3) indem man das ganze Objectivsystem mit dem zweiten schärferen Ocularglase verbindet, wodurch bei nahezu gleichem Abstande die Vergösserung auf 150 steigt.
Hierzu wird geliefert ein solid gearbeitetes metallenes Stativ, ähnlich dem von Nachet, welches vorstehender Holzschnitt in halber Grösse darstellt. Grosser feststehender Tisch, Bewegung der Linsen in senkrechter Richtung durch Zahn und Trieb; an dem Tisch sind ein paar mit Leder bezogene Flügel eingeschoben zum Auflegen der Hände beim Präpariren. Beleuchtung mittelst eines verhältnissmässig grossen Hohlspiegels, der nach allen Seiten beweglich und so eingerichtet ist, dass er auch zur Beleuchtung von oben statt einer Sammellinse benutzt werden kann, was vorzugsweise bei Lampenbeleuchtung Vortheil bietet.
Präpariermikroskop Carl Zeiss Jena Nr. 1564 von 1870. Das Ganze in einem polirten Mahagoni-Etui in Form eines Schränkchens, inclusive Linsen kostet…21 Thlr. Dasselbe mit dem Spiegel im Fuss nur zur Beleuchtung von unten…20 Thlr.
Der oben beschriebene rein optische Theil passt auch auf meine schon seit einer Reihe von Jahren gefertigten Stative zum einfachen Mikroskop und kann mittelst eines Zwischenringes zu den andern derartigen Stativen verwendet werden, zu welchem Zweck er auch für sich allein mit den beiden Ocularlinsen in besondern Etuis abgegeben wird zu…9 Thlr. Stativlupe, auch zum Gebrauch aus freier Hand geeignet, nach Art der Brücke’schen Lupe in kleineren Dimensionen; 6fache Vergrösserung, 8 Centimeter Focalabstand…3 Thlr. Dieselbe Lupe mit Stativ mit Kugelbewegung…7 Thlr.
*) Dem Wunsche des Herrn Zeiss, obige Anzeige und Beschreibung seines neuen Präparirmikroskopes in diesem Archiv zu veröffentlichen, entspreche ich gern, da ich mich von den vorzüglichen Leistungen seiner neuen Linsencombination überzeugt habe, mit Hülfe deren bei 100-150 facher Vergrösserung noch bequem mit Nadeln präparirt werden kann. Das Ocular ist wie bei der Brücke’schen Loupe eine Concavlinse.
Max Schultze.
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wird als neues Präpariermikroskop am 05.04.1870 hergestellt und am 27.08.1870 an Kipp & Söhne nach Delft geliefert. Der Apotheker Petrus Jacobus Kipp (1808-1864) erwirbt 1830 eine Apotheke in Delft und handelt bald mit wissenschaftlichen Instrumenten. Mit Mitarbeitern der 1842 gegründeten Königlichen Akademie in Delft (heute bekannt als Delft Technical University) ist P.J. Kipp befreundet, in verschiedenen Gremien wirkt er als Berater. P.J. Kipp veröffentlicht erste eigene Instrumentenkonstruktionen 1844. Nach dem Tode P.J. Kipps 1864 führte seine Witwe mit einem ihrer Söhne das Unternehmen als Kipp & Zoon weiter. Ab 1866 führt der Apotheker Wilhelm Arnoldus Kipp mit seinem sich dem Instrumentenbau widmenden Bruder Anthonius Johannes Kipp das Unternehmen als Kipp & Zonen weiter – unter diesem Namen besteht das Unternehmen noch heute. Als wohl einer der größten Kunden der Firma in Delft kann 1870 die dortige Universität gelten. Höchstwahrscheinlich wird dieses Mikroskop direkt dort bzw. von einem dort arbeitenden Wissenschaftler eingesetzt.
Dieses Mikroskop kann im Oktober 2007 aus den Niederlanden für die Sammlung erworben werden.
Abbildung entnommen aus: Friedrich Merkel: Das Mikroskop und seine Anwendung (Rudolph Oldenbourg, München 1875): 43
Im Preisverzeichnis Nr. 17 von 1869 wird das Präpariermikroskop noch nicht angeboten, es erscheint erstmals im Anhang des Preisverzeichnisses Nr. 18 Mikroskope und Nebenapparate von Carl Zeiss in Jena. aus dem Jahre 1871. Hier wird es geführt als:
[…]
Nr. 91 Neues Präparier-Mikroskop mit grossen Focalabständen u s.w. siehe die betr. Beilage mit Abbildung und näheren Angaben…Thlr. 20 und Thlr. 21
Im Preisverzeichnis Nr. 19 Mikroskope und Nebenapparate von Carl Zeiss in Jena. aus dem Jahre 1872 wird dieses Stativ angeboten als:
Nr. 42 Neues Präparirmikroskop Schwerer viereckiger Fuss, grosser Tisch, an welchem lederüberzogene Präparirbacken angesteckt werden; Einstellung durch Zahn und Trieb; beweglicher Holhspiegel, der sich auch zur Beobachtung von oben verwenden lässt. – Das zugehörige optische System besteht in einem Objectiv aus drei achromat. Linsen und einem concaven Ocularglase. das Objectiv kann entweder mit allen drei Linsen, oder mit den beiden oberen oder mit der obersten allein benutzt werden, wodurch die Vergrösserungen 100, 60, 40 erzielt werden. Ein beigegebenes schärferes Ocularglas steigert die Vergrösserung auf 150, während die Objectivlinsen einzeln benutzt Lupen von ausgezeichneter Schärfe mit resp. 30, 20, 15facher Vergr. abgeben. Der Focalabstand ist bei den zwei höchsten Vergrösserungen mit der ganzen Combination noch 9 Mm., bie der schwächeren beträchtlich grösser bis 27 Mm. (Vergl. max Schultze’s Archiv für mikr. Anatomie, Bd. VI 1869 [sic!]) Das Ganze in verschliessbarem Schränkchen mit Handhabe…24 Thlr
Nr. 43 Das Linsensystem allein, zum Gebrauch mit anderen Stativen, in besonderem Etuis…10 Thlr.
Carl Zeiss (1816-1888) wird als Kind fünftes Kind des Hofdrechselermeisters Johann Gottfried Zeiß in Weimar geboren. Nach seinem Schulbesuch in Weimar absolviert Carl Zeiss 1834-1838 eine Mechanikerlehre beim Universitätsmechaniker Dr. Friedrich Körner in Jena. Nach Abschluß der Lehre besucht Zeiss 1835-1838 Vorlesungen der Universität Jena in Mathematik, Experimentaphysik, Antropologie, Mineralogie und Optik. Es schließen sich 1838-1845 Wanderjahre mit Stationen in Stuttgart, Wien, Berlin und Darmstadt an. Im Jahre 1845 kommt Carl Zeiss wieder nach Jena und absolviert ein Praktikum am physiologischen Institut bei Prof. M. J. Schleiden.
Carl Zeiss wird die Konzession zur Fertigung und zum Verkauf von mechanischen und optischen Instrumenten in Jena am 19.11.1846 durch die Großherzogliche Landesregierung in Weimar erteilt. Die erste Werkstätte befindet sich in der Neugasse 7 in Jena. Im Juli 1847 zieht die Werkstatt in die Wagnergasse 32 und im August diesen Jahres wird als erster Lehrling August Löber eingestellt. Im September 1847 wird die Produktion einfacher Lupenmikroskope, entsprechend dem hier gezeigten Instrument, aufgenommen. Erst 1857 werden die ersten zusammengesetzten Mikroskope in der Zeiss’schen Werkstatt gefertigt. 1866 wird das 1000. Mikroskop hergestellt; kurz darauf beginnt im selben Jahr die Zusammenarbeit mit Ernst Abbe. 1872 schließlich werden die Optiken der Mikroskope nach Abbes Berechnungen konstruiert.
Dieses Mikroskop kann im Oktober 2007 aus den Niederlanden für die Sammlung erworben werden.
Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena: „Mikroskop Zeiss Stativ VI / um 1870“ signiert auf Fuß „C Zeiss Jena“ und „5 / 1481“; Referenz 2, 25, 54, 62, 70, 130
(Datierung mit freundlicher Unterstützung von Carola Rosenstiel für Dr. Wolfgang Wimmer, Carl Zeiss Archiv, 24.10.2007)
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Nach E. Nebelthau
Das Mikroskop ist gefertigt aus vernickeltem, schwarz und klar lackiertem Messing, Stahl und Gußeisen. Die Beleuchtung des Präparats erfolgt über einen sehr großen rechteckigen Planspiegel. Während der Tisch des Mikroskops über einen Zahntrieb relativ orthogonal zum Benutzer verschoben werden kann, ist der Tubus auf einer Brücke montiert und kann über einen Schneckentrieb und zwei Kurbeln parallel zum Benutzer bewegt werden. Die grobe Einstellung des Objektivs erfolgt über einen Zahntrieb, die feine über einen Schneckentrieb, der über dem Objektiv angebracht ist und eigens für dieses Stativ eingeführt wird. Die Tubusaufnahme mit dem Zantriebkasten ist über eine Schwalbenschwanzführung an der Brücke und ihrem Reiter fixiert, alternativ zum Mikroskoptubus kann diese Führung einen Lupenhalter für eine grobe Durchmusterung des Präparats aufnehmen.
Dieses Mikroskop wird 1897 in einer Veröffentlichung des Marburger Oberarztes Eberhard Nebelthau vorgestellt (E. Nebelthau, Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie 13, 1896: 417-419); hier heißt es:
Von Dr. E. Nebelthau
Oberarzt an der Medicinischen Klinik und Privatdocent zu Marburg.
Hierzu ein Holzschnitt.
Der umstehend abgebildete Apparat ist angefertigt, um eine möglichst vollkommene Betrachtung grösster mikroskopischer Schnitte zu gewähren, in Sonderheit solcher Schnitte, welche durch das ganze Gehirn gelegt sind. Aus nahe liegenden Gründen ist von einer Verschiebung derselben auf dem Objecttische Abstand zu nehmen, vielmehr erscheint es wünschenswert, durch eine ausgiebige Beweglichkeit des Objecttisches und des Tubus, respective des Lupenhalters, den beabsichtigten Zweck herbeizuführen. Wird der Tubus oder der Lupenträger auf einer den Objecttisch überbrückenden Schiene angebracht, so ist Raum für eine ausreichende Bewegung des Objecttisches nach vorn und hinten gegeben und gleichzeitig eine Bahn für eine ausgedehnte seitliche Bewegung des Tubus und des Lupenhalters geschaffen. Nach diesem Princip wurde der nebenstehende Apparat auf meine Anregung von Herrn E. Leitz in Wetzlar in handlicher Form und bekannter Vortrefflichkeit ausgeführt.
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Die Vorrichtungen sind auf einem viereckigen Gestell angebracht, welches, in der Mitte ausgeschnitten, einen an zwei Knöpfen einstellbaren Planspiegel trägt. Auf dem Gestell ist ein der Bewegung des Objecttisches dienender Gleitschlitten angebracht. Der Objecttisch selbst besteht aus einer Glasplatte, welche in einen auf vier Säulchen ruhenden Rahmen gefasst ist (Grösse 160 zu 200 mm). Die Bewegung des Objecttisches in dem Gleitschlitten wird mittels Zahn und Trieb durch zwei seitliche Knöpfe bewerkstelligt. Die grösste Excursion beträgt 135 mm. Die Grösse der Bewegung kann mittels Index an einer auf dem Gestell angebrachten Theilung abgelesen werden.
An zwei Ecken des Fussgestelles erheben sich zwei kräftige Säulen. Diese tragen einen Supportschlitten, welcher die seitliche Bewegung des Tubus, respective des Lupenträgers, um 180 mm ermöglicht. Die Bewegung wird mittels steil steigender Spindel, welche auf jeder Seite mit einer Kurbel versehen ist, zweckmässig erzielt. Auf der Führungsschiene des Supports befindet sich eine Theilung in einer Länge von 140 mm.
Der Tubushalter wird in eine Schwalbenschwanzführung des Supports eingeschoben und lässt sich bequem gegen den Lupenhalter auswechseln.
Die grobe Einstellung des Mikroskopes geschieht in der gebräuchlichen Weise mit Zahn und Trieb, die feine Einstellung durch Drehung an einem Zwischenstück zwischen Object und Tubus.
Im Gebrauch hat das Instrument sich mir als sehr handlich erwiesen, auch für die Durchmusterung von mittelgrossen mikroskopischen Präparaten sowie von Platten- und Schalenkulturen, deren Handhaltung auf den Objecttischen der üblichen Mikroskope und Lupen unbequem ist.
Die Verwerthung des Principes erscheint mir auch besonders dann angebracht, wenn es sich darum handelt, bewegliche Objecte in Flüssigkeiten zu untersuchen.
Zur Durchmusterung grosser Schnitte in einer aufhellenden Flüssigkeit kann eine niedrige Glaskammer von der Grösse des Objecttisches beigegeben werden. Eine solche Betrachtung kann manchmal vor der Einbettung der Schnitte in Canadabalsam wünschenswerth erscheinen.
[Eingegangen am 8. Februar 1897.]
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Bereits im Leitz-Katalog aus dem Mai 1897 wird dieses Instrument kommerziell angeboten, hier heißt es (Ernst Leitz Optische Werkstätte Wetzlar: Mikroskope. Nr. 37. Wetzlar 1897: 40-41):
nach Dr. E. Nebelthau
(s. Zeitschr. für wissensch. Mikr. Bd. XIII, 1896.)
Nr. 31. Das Schlitten-Mikroskop stellt ein Instrument dar, mit welchem grösste mikroskopische Schnitte, insbesondere Hirnschnitte, durchmustert werden können. Auch für die Durchsuchung von Platten. und Schalenculturen wird das Instrument gute Dienste leisten.
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Eine Schiene überbrückt den Objecttisch, unter dieser Schiene bewegt sich der Objecttisch auf Gleitschienen, er wird mittels Zahn und Trieb vorwärts und rückwärts bewegt, während das Mikroskop auf seine Bahn durch eine Kurbel seitliche Bewegung erfährt. Beide Bewegungen sind markiert und so vermag man den Schnitt in seiner ganzen Fläche planmässig abzusuchen. Den Objecttisch bildet eine Glasplatte, welche in einen auf vier Säulchen ruhenden Rahmen gefasst ist; seine Grösse beträgt 160×200 mm. Die Bewegung des Tisches beträgt 135 mm und die des Mikroskopes 180 mm. Ein Spiegel unter dem Tisch sorgt für hinreichende Beleuchtung. Der Tubushalter wird in eine Schwalbenschwanzführung des Supports eingeschoben und lässt sich bequem gegen den Lupenhalter auswechseln. Die grobe Einstellung des Mikroskopes geschieht durch Zahn und Trieb, die feine mittels Feineinstellschraube über dem Objectiv.
Preis des Schlitten-Mikroskops ohne Objective und Oculare: 300.- Mark.
Flache Glasschale von der Grösse des Objecttisches zur Aufnahme sehr grosser Schnitte und Untersuchung derselben in einer aufhellenden Flüssigkeit: 3.- Mark
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Das Instrument trägt auf der Gleitschiene die schlichte Signatur
E. Leitz Wetzlar
Im folgenden Katalog aus dem Jahre 1899 wird das Instrument in gleicher Ausstattung, jedoch für nur 200.- Mark geführt. Nahezu unverändert wird dieses Mikroskop noch 1929 und damit über 30 Jahre nach seiner Einführung wie folgt angeboten (Leitz: Mikroskope Nr. 50 A d. Januar 1929. Schnitzlersche Buchdruckerei, Wetzlar: 85):
nach Nebelthau.
Stativ zum Durchmustern größter mikroskopischer Schnitte, insbesondere Hirnschnitte, Platten- und Schalenkulturen.
Stativ mit seitlicher Verschiebung durch eine Spindelführung; mit Markierung zum Ablesen der Bewegung, die 18 cm beträgt (1); Tubusträgerstück (2) mit Schwalbenschwanzführung und Klemmvorrichtung, an dem nach Zwischenschaltung eines Schieberkastens mit Zahntriebbewegung unsere sämtlichen monokularen Tuben sowie die Tuben der binokularen stereoskopischen Präparierinstrumente lt. Sonderliste Nr. 50 C/II auswechselbar verwandt werden können. Am unteren Ende der monokularen Tuben muß zwecks Scharfeinstellung der Objektive für stärkere Vergrößerungen ein Zwischenstück mit Korrektionsschraube (3) gebraucht werden. Objekttisch mit 16 x 20 cm großer Glasplatte (4), vor und rückwärts durch Zahntrieb auf Gleitschienen verschiebbar, gleichfalls mit Markierung (5) zum Ablesen der Bewegung von 13,5 cm; großer rechteckiger Spiegel (6) ohne Schrank*).
Schlitten-Mikroskop nach Nebelthau ohne Schieberkasten, ohne Tubus sowie ohne Optik: 486.-
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Abnehmbarer Schieberkasten mit Zahntrieb..30.-
Abnehmbarer monokularer Mikroskoptubus mit Auszug..24.-
Zwischenstück mit Korrektionsschraube für das untere Tubusende..10.-
Schlittenmikroskop nach Nebelthau mit monokularem Tubus komplett, jedoch ohne Optik und ohne Schrank*)..550.-
Auf Wunsch kann die Spindelführung des Schlittenmikroskopes nach Nebelthau mit einer in 100 Teile geteilten Trommel versehen werden, die die Querverschiebung des Tubus auf 1/100 mm genau abzulesen gestattet. Mehrpreis..30.-
Gegossene Glasschale von der Größe des Objekttisches zur Aufnahme sehr großer Schnitte..5.-
*) Zur Aufbewahrung des Mikroskopes wird eine starke Holzkiste mitgeliefert.
Diese Konstruktion eignet sich sehr gut zur Durchmusterung von großen Organschnitten bei schwacher oder mittlerer Vergrößerung. Die Ausführung erlaubt jedoch keine Anwendung eines Beleuchtungsapparates, so dass für hochvergrößernde Arbeiten später ein eigenes Mikroskop zur Untersuchung von Gehirnschnitten von Leitz mit einfachem Kondensor angeboten wird.
Johann Eberhard Nebelthau (1864-1914) studiert in Bonn, Marburg, Berlin und Straßburg. Nach seiner Habilitation im Jahre 1894 wird er im Folgejahr Oberarzt und 1898 zum außerordentlichen Professor für Innere Medizin an der Universität Marburg ernannt. 1900 wird er als Direktor der medizinischen Poliklinik an die Universität Halle berufen. Bereits 1907 muss er jedoch aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand treten und verstirbt schließlich knapp 50-jährig in seiner Heimatstadt Bremen (N.N.: Biographische Mitteilungen. Leopoldina 50, 1914: 71).
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Seine wissenschaftlichen Arbeiten betreffen die Glykogenbildung in der Leber, die Glycuronsäurebildung und Hämatoporphyrinurie. Kurz nach Vorstellung des nach ihm benannten Mikroskops veröffentlicht Nebelthau 33 chromolithografische Tafeln diverser Gehirnschnitte (E. Nebelthau: Gehirndurchschnitte zur Erläuterung des Faserverlaufs. Verlag J.F. Bergmann, Wiesbaden 1898). Auch Nebelthaus direkter Nachfolger als Direktor der Poliklinik in Halle, Leo Mohr, verstirbt sehr jung im Alter von nur 44 Jahren Silvester 1918.
Das hier gezeigte Mikroskop kann im Sommer 2011 aus einem privaten Nachlass in Großbritannien für die Sammlung angekauft werden, leider ist über den Vorbesitzer nichts in Erfahrung zu bringen. Das nahezu baugleiche Mikroskop in der Billings Collection trägt wie das hier gezeigte Instrument keine Seriennummer. Aus dem Antiquitätenhandel ist ein Mikroskop in minimal schlichterer Ausführung mancher Details und mit der Seriennummer 260193 bekannt, die Vermutung liegt daher nahe, dass erst die späteren Schlittenmikroskope eine Nummer tragen.
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
von G. & S. Merz in München
Das Instrument ist komplett aus zaponiertem, sowie schwarz und braun gebeiztem Messing, gebläutem und schwarz lackiertem Stahl gefertigt. Zur Beleuchtung dient ein großer Plan- und Konkavspiegel, der in seiner Höhe verstellt, sowie für schiefe Beleuchtung aus der Achse bewegt werden kann.
Unter dem Tisch ist zur Regulierung eine Lochblendenrevolverscheibe angebracht.
der Feinfokus wird mit Hilfe eines Rändelrads hinten unter der dreieckigen Säule bedient.
Der braun gebeizte Messingfuß verfügt an der Unterseite über fünf kleine eingelassene Lederpolster, die zur gegenseitige Schonung von Instrument und Tischoberfläche dienen.
Dem Benutzer zugewandt befindet sich am Tubus eine kleine Bohrung für das Entweichen der Luft aus dem solchen beim Einsetzen des Okulars.
Das Instrument ist ausgestattet mit den Objektiven 1/3″ und 1/12″ sowie den Okularen 1, 1 1/2, 2 und 3.
wobei in den Schraubdeckel der Dosen ein Sackloch mit eingeschnittenem Gewinde angebracht ist, um die Optiken hier sicher verschrauben zu können.
Diese Messingdosen der Objektive tragen auf dem Schraubdeckel die Gravuren N 1 und N 2 sowie auf dem Boden die Bezeichnungen der äquivalenten Brennweite 1/3″ und 1/12″. Auf den Dosen sind weiter die linearen Vergrößerungen der einzelnen Objektive bei Verwendung mit den entsprechenden Okularen wiedergeben 60 / 90 / 120 bzw. 240 / 360 / 480 / 720. Jene Objektivdosen späterer Mikroskope aus der Werkstätte von G. & S. Merz sind weit günstiger hergestellt und tiefgezogen statt gedreht.
Auf dem Tubus befindet sich die dekorative Signatur, noch ohne Seriennummer:
G. & S. Merz
in München
in dem das Instrument ähnlich platzsparend einem Reisemikroskop verstaut wird. In diesem Kasten werden der Tubus und drei Okulare in einem, die Objektive und Objektträger sowie das vierte Okular in einem anderen hölzernen Schieber seitlich untergebracht. Das eigentliche Mikroskopstativ wird durch eine weitere, teilweise samtbezogene Holzplatte im Kasten fixiert. An den Seiten des Kastens sind Reste des Lederriemens erhalten, welcher um den Kasten ursprünglich als Tragegriff angebracht war.
Der leicht veränderte Nachfolger dieses Stativs erscheint in der Preisliste „G. & S. Merz, vormals Utzschneider & Fraunhofer, in München“ aus dem Jahre 1866 als:
[…]
Mikroskop No.4 mit Stativ No.2, vertical und horizontal feststehender Tisch, grobe und feine Bewegung am Tubus, Beleuchtung in und ausser der Axe, Doppelspiegel, ohne Lupe für opace Gegenstände.
Das Instrument versehen mit 2 Objectivsystemen 1/3″, 1/12″ und 3 Ocularen: 1. 2. 3., gewährt 60 – 720 Vergrösserung … 77 fl. = 44 Thlr.
Der Holzkasten des Mikroskops trägt auf dem Schieber den Namenszug des ehemaligen Besitzers in Bleistift: Jungbluth
a.m.
Im November 2008 kann dieses Instrument für die Sammlung angekauft werden. Der Verkäufer teilt mit, dass dieses Gerät seit mindestens 1925 im Besitz von Dr.med. Johann Ludwig Clauss, einem Psychotherapeuten aus Weil am Rhein ist und später in den Besitzer seiner Schwester Emilie Clauss wechselt.
Der am 26. Januar 1793 in Bichl bei Benediktbeuren geborene Georg Merz besucht zunächst die Schule im benachbarten Stift und hilft seinem Vater, einem Leinweber, auf dem Felde in der Landwirtschaft. Als Utzschneider in Benediktbeuren eine Fabrik zur Herstellung von Flint- und Crownglas für sein optisches Institut errichtet, tritt Merz dort 1808 als Arbeiter ein. Angeregt von einem der Padres des mittlerweile säkularisierten Klosters studiert Merz in seiner freien Zeit mit großem Eifer Mathematik und Optik. Joseph von Fraunhofer erkennt die außerordentliche Begabung des jungen Arbeiters und ernennt ihn zum Werkführer.
Mit dem Tode Fraunhofers übernimmt Merz 1826 die Geschäftsleitung und wird zum Direktor der optischen Abteilung. Zusammen mit dem Mechaniker Franz Joseph Mahler wird er 1830 Teilhaber und 1839 Eigentümer des Instituts. Nach dem Tode Mahlers 1845 führt Georg Merz das Institut weiter unter Mitarbeit seiner Söhne Sigmund (1824 – 1908) und Ludwig (1817 – 1858). Das Institut wird nach München verlegt und die Signatur lautete „G. Merz & Söhne in München“.
Hermann Schacht beschreibt 1855 in Das Mikroskop und seine Anwendung, insbesondere für Pflanzen-Anatomie (Verlag von G.W.F. Müller, Berlin 1855: 6), dass Merz & Söhne zusammen mit den meisten deutschen Optikern das Hufeisenstativ nach Oberhäuser angenommen haben.
Ludwig Merz stirbt 1858 mit 41 Jahren an Bleivergiftung, die er sich bei der Flintglasherstellung in Benediktbeuren zuzieht. Danach firmiert das Institut mit: „G. & S. Merz in München“.
1865 erreichen Mikroskope von Merz zusammen mit Instrumenten von Hartnack ein in jener Zeit unübertroffenes Auflösungsvermögen. Georg Merz stirbt am 12. Januar 1867.
Nun ist Sigmund alleiniger Inhaber des Institutes. Im Jahr 1871 hat das Unternehmen 63 Beschäftigte und signiert „G. & S. Merz (vormals Utzschneider & Fraunhofer) in München“. 1883 übergibt Sigmund Merz die Münchner Werkstätte an seinen langjährigen Gehilfen und Vetter Jakob Merz (1833 – 1906), dieser verkauft die traditionsreiche Firma am 5. Oktober 1903 an Paul Zschokke (1853 – 1932).
Da es unter Fraunhofers Federführung in Bediktbeuren und München gelungen ist, achromatische Linsenkombinationen zu erstellen, erlangt das Unternehmen rasch Weltrang. Das Wissen bleibt in der Firma und unter Merz führt sie noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts im Bau großer Refraktoren für die Sternwarten Europas. Mikroskope sind, wie schon unter Fraunhofers Leitung, von eher untergeordneter Bedeutung und daher recht selten. Das optische Glas wird stets nur für den Bedarf der Werkstätte in der eigenen Glashütte geschmolzen und nicht als Rohstoff an andere Firmen verkauft.
Referenz 1, 2, 9, 12, 13, 14, 15, 17, 25, 56, 64, 73, 88 sowie: Mikroskopsammlung des Medizinhistorischen Instituts der Universität Bern: Mikroskop „G. & S. Merz in München No. 846“, Inv.-Nr. 2007 und mit leicht modifiziertem Stativ und Kasten ebenda Mikroskop „G. & S. Merz in München No. 1051“, Inv.-Nr. 2043; Medizinhistorische Sammlung der Universität Zürich: Mikroskop „G. & S. Merz in München No. 948“; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop um 1860 / Signatur: G. & S. Merz in München“, Museal-Nr. 25.190; Instituto e Museo di Storia della Scienza, Firenze (Florenz): „Microscopio composto“ G. & S. Merz in München No 784, c. 1870, Inventario corrente: 3327 sowie „Microscopio composto“ G. & S. Merz in München No 752, Inventario corrente: 3266
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Gemälde bzw. Holzstich von Rudolf Wimmer. Originalgemälde im Foyer der Schott AG, Jena
Von links nach rechts: Utzschneider, Fraunhofer, Reichenbach, Pierre Louis Guinand und der junge Georg Merz. Informationen zu den einzelnen Personen auch durch Anklicken.
Prof. Dr.-Ing. Timo Mappes
Uhlandstraße 26
76135 Karlsruhe
Telefon: 01520 – 1600832
E-Mail: mappes@musoptin.com
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