Mittleres Seibert-Mikroskop
Wilhelm und Heinrich Seibert Wetzlar
Mittleres Seibert-Mikroskop; Stativ 4, gefertigt um 1888.
Das Instrument wird im zugehörigen Kasten mit der Nr. 5858 liegend untergebracht. Dieses Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem und geschwärztem Messing.
Es verfügt über einen ausziehbaren Tubus, die Grobeinstellung erfolgt über einen beidseitigen Grobtrieb, die feine Einstellung durch ein Rändelrad unter der Tischplatte. Über einen Plan- und Konkavspiegel und eine abfahrbare Blendenaufnahme wird das Objekt beleuchtet.
Das Instrument ist ausgestattet
mit den Objektiven Seibert NO II, Seibert NO III und Seibert NO V, aufbewahrt in einem eigenen lederbezogenen Holzkästchen. Ferner ist in signierter Messingdose das Objektiv Seibert Homogene Immersion 1/12″ für Cedernholzölimmersion beigefügt.
Das Mikroskop verfügt darüber hinaus über die im Design typischen Seibert-Okulare I und III (in letzteres kann ein Objektivmikrometer mit 1/20 mm-Skala eingeschoben werden – die Vergrößerungstabelle weißt dabei für die jeweiligen Systeme die entsprechenden Maße dieses Mikrometers aus).
Laut beigefügter Tabelle sind Vergrößerungen von 70-fach bis 1090-fach möglich. Für den Kondensor ist in einem Pappdöschen ein Set Aperturblenden und eine Dunkelfeldblende sowie gesondert ein Blauglas beigegeben. Darüber hinaus verfügt das Mikroskop über eine Zylinderlochblende mit drei Einsätzen.
Auf dem Tubus ist das Mikroskop schlicht signiert:
Seibert
In Optisches Institut von W. & H. Seibert in Wetzlar: Katalog der Mikroskope, mikroskopischen & mikro-photographischen Objective & Apparate, nebst Preisangabe derselben. Dezember 1885. (Druck von Ferd. Schnitzler, Wetzlar 1885) erscheint dieses Mikroskop in sehr ähnlicher Ausstattung wie folgt:
Nr. 4 Mittleres Mikroskop mit Gelenk zur Schiefstellung; massiver Messingfuss. Cylinderblendung mit Schlitten (hierzu 3 Diaphragmen); Hohl- und Planspiegel, nach beiden Seiten hin und senkrecht beweglich; fester (nicht drehbarer) Objecttisch. Auszugtubus, schnelle Bewegung des Tubus durch Triebwerk, genaue Einstellung mittelst feiner Schraube, deren Handknopf sich unter der Tubussäule befindet (Bewegung ohne Friction, siehe Nr.1). Hierzu: Beleuchtungsapparat nach Abbé, die Objective Nr. I, III, Va und homogene Immersion Nr. XII, Oculare 0, I und III; letzteres mit Mikrometer zum Einschieben (Vergrösserungen 30-950fach); Test-Objecte, Objectträger, Deckgläser etc. In starkem Mahagoni-Kasten, die Objective in besonderem Leder-Etui… 465 M.
Ohne Gelenk zur Schiefstellung 10 Mark weniger.
Weltruhm erlangt die Firma durch die Verbindung mit Robert Koch,
der 1877 mit einem Seibert-Mikroskop (mit mikrofotografischer Einrichtung, Photoobjektiven und Immersionsobjektiven) seine berühmten „Bakterien-Photogramme“ des Milzbrand-Bakteriums erstellt. Im Jahre 1878 liefert die Firma Seibert wieder ein Mikroskop samt Ölimmersion an Robert Koch nach Wollstein, der dieses Instrument zur Erforschung der Wundinfektionskrankheiten benutzt.
Bei diesem Mikroskop findet man die von Seibert eingeführte Feineinstellung ohne Friktion mit Triebschraube unter der Säule. Diese Konstruktion ermöglicht bei Minimierung der Reibung, dass das Hin- und Herrücken des Bildes bei der Feineinstellung durch eine sehr leichte Bewegung der Mikrometerschraube ohne toten Gang so gut wie vollkommen vermieden wird.
(Für eine genaue Beschreibung dieser Konstruktion sei auf Referenz 89 verwiesen)
Die Seibert’schen Immersions-Objektive zählen zu den leistungsfähigsten jener Zeit.
Wilhelm (1840 – 1925) und Heinrich (1842 – 1907) Seibert
gehen beide bei Carl Kellner, mit dem sie über ihre Mutter verwandt sind, und dessen Nachfolger Friedrich Belhtle in die Lehre. Sie arbeiten zusammen Ende der 1850er für Ernst Gundlach, ein Optiker der seinerseits sowohl bei Edmund Hartnack als auch bei Belthle gearbeitet hat. Gundlachs Unternehmen geht jedoch schon nach einem Jahr ein.
Nachdem die Brüder Erfahrung in anderen Betrieben gesammelt haben, arbeiten beide später wieder für Belthle in Heimarbeit. Schließlich beliefern sie ausschließlich Gundlachs neue Firma in Berlin. Als jener in Zahlungsschwierigkeiten kommt, machen sie sich 1872 mit dem Wetzlarer Kaufmann Georg Krafft selbständig. Im selben Jahr kaufen sie Gundlachs Werkstätte auf und verlegen sie 1873 nach Wetzlar.
1884 wird Krafft ausbezahlt und das Unternehmen in „W. & H. Seibert“ umbenannt. Die Gebrüder Seibert streben in Ihrer Arbeit auch danach stets an, das Mikroskop in Einzelanfertigung zum Kunstwerk zu erheben.
Im Jahr 1900 wird das Seibert-Mikroskop Nr. 10 000 hergestellt.
Weltruhm erlangt die Firma durch die Verbindung mit Robert Koch, der 1877 mit einem Seibert-Mikroskop (mit mikrofotografischer Einrichtung, Photoobjektiven und Immersionsobjektiven) seine berühmten „Bakterien-Photogramme“ des Milzbrand-Bakteriums erstellt. Im Jahre 1878 liefert die Firma Seibert wieder ein Mikroskop samt Ölimmersion an Robert Koch nach Wollstein, der dieses Instrument zur Erforschung der Wundinfektionskrankheiten benutzt. Während Robert Koch in der Empfangsbestätigung aus dem Februar 1877 die Seibert’schen Produkte lobt, schreibt er ein Jahr später in einem persönlichen Brief an die Firmeninhaber, ihm seien mit dem Seibert-Instrumentarium „nicht unwichtige Entdeckungen“ gelungen.
Dieses Instrument kommt in St. Petersburg, Rußland zum Einsatz und kann über Schweden im Jahre 2000 für diese Sammlung erworben werden.
Vergleiche
ein vom Beleuchtungsapparat etwas einfacheres, ansonsten identisches Instrument: Deutsches Museum, München: „Mikroskop; signiert: Seibert; Wetzlar ca. 1880; Inv.-Nr. 73351“; Deutsches Technikmuseum Berlin: „Mikroskop um 1875 Seibert, Wetzlar; Leihgabe von Herrn Weil, Berlin“; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop um 1890 / Signatur: Seibert“, Seriennummer 7555, Museal-Nr. 25.412]
(Datierung mit freundlicher Unterstützung von Rolf Beck, Leiter Firmenmuseum und -archiv Leica GmbH Wetzlar, 14.08.2001 und Walter Seibert, Wetzlar 11.10.2001 – eine genauere Datierung ist leider nicht möglich, da die betreffenden Bücher der Fa. Seibert verbrannt sind)