Großes Zeiss Mikroskop I B
Carl Zeiss Jena
Zeiss Mikroskop I B hergestellt 1910.
Das Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem, vernickeltem und schwarz lackiertem Messing, gebläutem Stahl und schwarz lackiertem Aluminium. Das Instrument verfügt über eine Grobeinstellung mit Zahn und Trieb und einen Feintrieb nach Berger.
Der Kondensor lässt sich ausklappen, der Plan- und Konkavspiegel ist im Ende der Zahnstange für den Beleuchtungsapparat eingesteckt. Ein großer Kreuztisch nimmt die Probe auf.
Dieses Mikroskopstativ wird ab 1898 als das größte und für alle mikroskopischen Arbeiten geeignete Stativ angeboten. Durch den großen Tubusdurchmesser ist das Mikroskop sehr gut für Mikroprojektion und Mikrofotografie geeignet. Dem Stativ beigegebene Trichterstücke ermöglichen das einfache Aufsetzten einer Kamera.
Das Mikroskop ist mit einem vierfachen Objektivrevolver
und den Objektiven Carl Zeiss Jena a3 Nr. 7642 und Carl Zeiss Jena Homogene Immersion 1/12″ n.A. 1.3 Nr. 15852 (mit Trichterblende 1/12 für Dunkelfeldmikroskopie), den Apochromaten Carl Zeiss Jena 16 mm n.A. 0.30 Tubus 160 mm Nr. 3907 und Carl Zeiss Jena 4 mm n.A. 0.95 Tubus 160 mm Nr. 3884 in Korrektionsfassung (mit Trichterblende 4 für Dunkelfeldmikroskopie) sowie einem Objektiv C. Reichert Wien Immersion X ausgestattet.
An Okularen sind vorhanden Carl Zeiss Jena Nr. Compens-Okular 6, Carl Zeiss Jena Nr. Compens-Okular 12, Carl Zeiss Jena Nr. Kompens-Okular 18 und zwei ältere Okulare Nr. 2 und Nr. 5.
Untergebracht wird das Mikroskop stehend in einem lackierten Mahagonikasten, auf welchem ein Schild des Pariser Vertreters der Firma Zeiss prangt:
E. Adnet
seul dépositaire
a Paris
26, Rue Vauquelin, 26
Auf dem Tubus trägt das Mikroskop die Signatur:
Carl Zeiss
Jena
Nr. 51612
Der große Kreuztisch des Mikroskop trägt die Gravur Carl Zeiss Jena No. 5731.
Im Katalog Mikroskope und mikroskopische Hilfsapparate No.33 der optischen Werkstätte Carl Zeiss Jena aus dem Jahre 1906 wird dieses Instrument beschrieben als:
Stative
Die Form der „kontinentalen“ Stative, d.h. des von G. Oberhäuser eingeführten und von E. Hartnack weiter ausgebildeten Konstruktionstypus hat in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts manche wesentliche Änderung erfahren.
Die Einführung des Abbeschen Beleuchtungsapparates, verschiedene Neuerungen in der Konstruktion der Objekttische, bedeutende Verbesserungen des Mechanismus für die Einstellung des Objekts lassen die Fortschritte erkennen, dei bei den Stativen für monokulare Beobachtung besonders in Betracht kommen.
[…]
Große Stative.
Die Grundform unserer großen Stative bildet das Stativ I, das stets mit dem vollen Abbeschen Beleuchtungsapparat ausgerüstet wird, so daß an ihm alle in die Schiebehülse dieses Apparats einsteckbaren Kondensoren u. dergl. verwendet werden können (vergl. S. 29-32). Das Oberteil ist bis zur Horizontalstellung des Tubus umlegbar. Infolge des weiten äußern Tubus eignen sich die Stative I auch zur Mikrophotographie und Projektion, da an ihnen nicht bloß die gewöhnlichen Mikroskopobjektive, sondern auch die Mikroplanare angebracht werden können (vergl. unsere Kataloge über Apparte für Mikrophotographie und Projektion).
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Stativ I.
Oberteil mit Mikrometerbewegung nach Berger; mit weitem äußerem Tubus; Ausziehtubus in Hülse verschiebbar. Tubussäule mit kräftiger Handhabe. In verschließbarem Mahagonischrank.
Wir liefern das Stativ I in folgenden verschiedenen Formen:
A: Mit drehbarem Hartgummitische No. 45.
No. 5605: Stativ I A mit gewöhnlichem Kondensor num. Ap. 1.40 …Mk. 325.-
No. 5610: Stativ I A mit ausklappbarem Kondensor num. Ap. 1.40 …Mk. 350.-
B: Mit grossem Kreuztische No. 44.
No. 5705: Stativ I B mit gewöhnlichem Kondensor num. Ap. 1.40 …Mk. 400.-
No. 5710: Stativ I B mit ausklappbarem Kondensor num. Ap. 1.40 …Mk. 425.-
C: Mit mikrophotographischem Tische und den Nebenapparaten: Lichtverschlußtrichter, Zwischenringen zum Anschrauben der Mikroplanare, Zentrierblende, Blendglas.
No. 5805: Stativ I C mit gewöhnlichem Kondensor num. Ap. 1.40 …Mk. 415.-
No. 5810: Stativ I C mit ausklappbarem Kondensor num. Ap. 1.40 …Mk. 440.-
[…]
Für die Compensationsokulare werden zusammen 75.- Mark berechnet, das Objektiv a3 kostet 12.- Mark, die Homogene Immersion 1/12″ kostet 125.- Mark, der 16 mm Apochromat 80.- Mark und der 4 mm Apochromat weitere 140.- Mark. Damit beläuft sich der Gesamtpreis des hier gezeigten Mikroskops (ohne die Immersion X von Carl Reichert und ohne die beiden Huygens-Okulare) im Jahre 1906 auf 857.- Mark.
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Das hier gezeigte Mikroskop wird nach Auskunft des Archivs von Carl Zeiss Jena
als Stativ I, Typ B am 11.07.1910 gefertigt und mit einem Objektiv 10 am 06.08.1910 an die Firma Adnet in Paris geliefert.
Im Zubehörkasten des Mikroskops befindet sich eine handgeschrieben Vergrösserungstabelle und verschiedene Anweisungen zur Benutzung des Mikroskops – auf dem Briefpapier des ursprünglichen Besitzers: Raymond-Joseph Weissenbach (1885-1963). Sein Onkel Nicolas Maurice Arthus (1862-1945), ab 1907 Lehrstuhlinhaber für Physiologie an der Universität Lausanne, begeisterte R. J. Weissenbach bereits gegen Ende seiner Schulzeit für die medizinische Forschung. Nach dem Medizinstudium in Paris arbeitete er ab 1910 bei Georges Thibièrge im Hoptial Saint-Louis als Assistenzarzt.
Ab 1913 wirkt er im selben Krankenhaus als Assistenzarzt von Ernest Gaucher.
1934 wurde Raymond-Joseph Weissenbach selbst Chefarzt in jenem Krankenhaus (das Briefpapier im Kasten des Mikroskops trägt ebenfalls die Anschrift l’Hôpital Saint-Louis). Schwerpunkte seiner Arbeit waren neben der Dermatologie und Venerologie sowie Rheumatologie auch die Innere Medizin im Allgemeinen und Bakteriologie.
Nachdem er zusammen mit G. Thibièrge erstmals das später nach Ihnen benannten Thibièrge-Weissenbach-Syndrom beschrieb
(G. Thibièrge, J. Weissenbach (1911) Concretions calcaires sous-cuntanees et sclerodermie. Annales de Dermatologie et de Syphiligraphie 2: 129-155)), widmete sich R. J. Weissenbach bakteriologischen Untersuchungen.
So untersuchte R. J. Weissenbach Behandlungsmethoden der Syphilis und arbeitete während des Ersten Weltkriegs an der Beschreibung und Unterscheidung verschiedener Arten von Streptokokken und Enterokokken. Als Arzt war er 1919 im Kriegsgefangenenlager Rastatt tätig. Als alleiniger Autor bzw. mit Kollegen veröffentlichte er Werke zu verschiedenen Ausprägungen der Anämie (R. J. Weissenbach: Les syndromes anémiques et leur traitement (Octave Doin, Paris 1924)) bzw. Therapie der Syphilis (R.J. Weissenbach, G. Basch: Traitement de la syphilis (G. Doin & Cie, Paris 1934)).
Carl Zeiss (1816-1888) wird als Kind fünftes Kind des Hofdrechselermeisters Johann Gottfried Zeiß in Weimar geboren. Nach seinem Schulbesuch in Weimar absolviert Carl Zeiss 1834-1838 eine Mechanikerlehre beim Universitätsmechaniker Dr. Friedrich Körner in Jena. Nach Abschluß der Lehre besucht Zeiss 1835-1838 Vorlesungen der Universität Jena in Mathematik, Experimentaphysik, Antropologie, Mineralogie und Optik. Es schließen sich 1838-1845 Wanderjahre mit Stationen in Stuttgart, Wien, Berlin und Darmstadt an. Im Jahre 1845 kommt Carl Zeiss wieder nach Jena und absolviert ein Praktikum am physiologischen Institut bei Prof. M. J. Schleiden.
Carl Zeiss wird die Konzession zur Fertigung und zum Verkauf von mechanischen und optischen Instrumenten in Jena am 19.11.1846 durch die Großherzogliche Landesregierung in Weimar erteilt. Die erste Werkstätte befindet sich in der Neugasse 7 in Jena. Im Juli 1847 zieht die Werkstatt in die Wagnergasse 32 und im August diesen Jahres wird als erster Lehrling August Löber eingestellt. Im September 1847 wird die Produktion einfacher Lupenmikroskope, entsprechend dem hier gezeigten Instrument, aufgenommen. Erst 1857 werden die ersten zusammengesetzten Mikroskope in der Zeiss’schen Werkstatt gefertigt. 1866 wird das 1000. Mikroskop hergestellt; kurz darauf beginnt im selben Jahr die Zusammenarbeit mit Ernst Abbe. 1872 schließlich werden die Optiken der Mikroskope nach Abbes Berechnungen konstruiert.
Bei dem hier gezeigten Instrument handelt es sich um R. J. Weissenbachs persönliches Mikroskop, welches 1910 das beste verfügbare Forschungsmikroskop darstellte. Offenbar hatte Weissenbach das Gerät zu Beginn seiner Zeit als Assistenzarzt in eben jenem Jahr erworben. Die hoch vergrößernden Objektive des Instruments sind zusätzlich mit einsetzbaren Trichterblenden für die in jener Zeit zur bakteriologischen Mikroskopie gern herangezogene Dunkelfeldmethode ausgestattet. Es ist daher sehr nahe liegend, dass der französische Mediziner für viele seiner oben genannten Arbeiten eben dieses Mikroskop einsetzte.
Im März 2008 kann dieses Mikroskop für die Sammlung erworben werden.
Vergleiche:
Deutsches Museum München: „‚Mikroskop‘, signiert: Carl Zeiss Jena Nr. 41632“, Inv.-Nr. 3453; Sammlung der Royal Microscopical Society: „Compound Microscope, signed: ‚Carl Zeiss Jena No 40316′“, Inventory No. 272:310 und „Compound Microscope, signed: ‚Carl Zeiss Jena Nr. 74644′“, Inventory No. 319; Billings Collection Washington , AFIP 17776 – 60-4713-107, S. 120, Abb. 226 signiert „Carl Zeiss Jena Nr. 48785“ und AFIP 39 – 60-4713-385, S. 123, Abb. 234 signiert „Carl Zeiss Jena Nr. 50331“; The Microscope Collection at the Science Museum London: „Photomicrographic Stand Ic by Zeiss“, signiert „Carl Zeiss / Jena / No 35230“, Inventory No. 1989-151; „Photomicrographic Stand Ic by Zeiss“, signiert „Carl Zeiss / Jena / No 41012“, Inventory No. 1986-528; „‚Jug-Handle‘ Stand Ic by Zeiss“, signiert „Carl Zeiss / Jena / Nr. 45144“, Inventory No. 1992-1094; Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena: „Mikroskop Stativ IB / Carl Zeiss, Jena / um 1912“ signiert „Carl Zeiss / Jena / Nr. 57684“; Optisches Museum Oberkochen: „Mikroskop für Mikrophotographie / Carl Zeiss / ab ca. 1902“ siginert „Carl Zeiss / Jena. / No. 32888“; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop um 1900 / Signatur: Carl Zeiss, Jena, No 32600“, Museal-Nr. 25.346 und „Zusammengesetztes Mikroskop um 1910 / Signatur: Carl Zeiss, Jena, No 39296“, Museal-Nr. 29.093 und „Zusammengesetztes Mikroskop um 1915 / Signatur: Carl Zeiss, Jena, Nr. 66778“, Museal-Nr. 26.568; Mikroskopsammlung des Polytechnischen Museums Moskau: Mikroskop signiert „C. Zeiss, Jena. No. 39607“, Inventurnummer PM 007897 (MIM 430); Museum of the History of Science Oxford: „Compound Microscope, by Carl Zeiss, Jena, c.1910“, signed: „Carl Zeiss Jena Nr. 51469, stage Nr. 5688“, Inventory No. 20525 und „Compound Microscope, by Carl Zeiss, Jena, c.1920“, signed: „Carl Zeiss Jena Nr. 74644“, Inventory No. 68970; Boerhaave Museum Leiden, NL: „Compound microscope“, signiert „Carl Zeiss Jena Nr. 68074“, inventary # V03062 (Abbe’scher Beleuchtungsapparat fehlt, Anmerkung des Verfassers); Historic Microscopes at the Laupus Health Sciences Library, East Carolina University, Greenville, NC: „Microscope Stativ Ic, Carl Zeiss Jena No. 37457“, Inventory No. G4; Hunterian Museum, The Royal College of Surgeons of England, London: „Compound microscope by Carl Zeiss, mid 20th century“, signiert: „Carl Zeiss / Jena / Nr. 57533“, Kreuztisch „Nr. 6788“, zeitgenössischer Inventurverweis auf dem Mikroskop „property of / Royal Society of Medicine“, Inventurnummer RCSIC/O 12.24
(Daten mit freundlicher Unterstützung von Dr. Wolfgang Wimmer, Archiv Carl Zeiss Jena, 12.03.2008)