Großes Mikroskop
Simon Plössl in Wien
Großes Mikroskop von Plössl in Wien, Stativ Nr. 1 um 1840.
Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und gebeiztem Messing, blankem und gebläutem Stahl. Das Mikroskop ist an einer stählernen Prismenstange aufgebaut, welche über ein Gelenk mit einer messingnen Säule auf einem Dreifuß verbunden ist und das Umlegen des Stativs ermöglicht. Das Instrument verfügt zur Beleuchtung über einen zweifach gelagerten Konkavspiegel.
Die grobe Fokussierung erfolgt über einen Trieb, der auf eine stählerne Zahnstange wirkt, welche in die zur Führung dienende Prismenstange aus Stahl eingelassen ist und den Tubus relativ zum Tisch des Mikroskops bewegt. Der Feintrieb bewegt den Tisch entlang der optischen Achse, das zugehörige Rändelrad ist am unteren Ende der Prismenstange befestigt. Der Tisch des Mikroskops ist als Kreuztisch ausgeführt, eine flächige Objektklemme ist hierin integriert. Eine Bohrung im Tisch nimmt die dem Mikroskop beigegeben vierfach gelagerte Stahlpinzette auf.
Zur Verbesserung der Beleuchtung verfügt das Mikroskop über eine Standlupe mit eigenem Stativ. Diese Lupe selbst wird zum Transport vom Stativ abgenommen und in einem kleinen Lederbeutel im Kasten verstaut.
Zusätzlich ist dem Mikroskop ein Selligue’sches Prisma auf Stativ beigegeben,
welches die Beleuchtung insbesondere opaker Objekte erlaubt. Zum Transport wird das Instrument mit eingeklapptem Dreibein in die mit grünem Samt ausgeschlagene furnierten Holzschatulle verstaut
Auf dem Tubus ist das Instrument dekorativ signiert:
Sie besteht zeittypisch aus einem sechsteiligen Objektiv,
dessen einzelne achromatischen Linsensätze mit den fein gestichelten Schlagzahlen Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6 bezeichnet sind. Des weiteren gehören zu dem Mikroskop die Okulare Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 sowie das aplanatische Okular.
Die typischen Zubehörteile sind bis auf die Probeobjekte sämtliche erhalten: Eine Messingpinzette erleichtert das Präparieren, eine in Horn gefasste Handlupe erlaubt eine erste Begutachtung der zu untersuchenden Objekte. Für ähnliche Zwecke ist dem Instrument eine Wilson’sche Lupe aus Messing beigegeben.
Ein Insektenglas in Messingfassung kann auf den Tisch des Mikroskops gelegt werden, ebenso können Flüssigkeiten in einem messinggefassten und verschraubbaren Glas mikroskopiert werden.
Zur Vermessung der Objekte
dienen dem Mikroskop zwei gläserne Mikrometerplatten geteilt in 30 bzw. 60 Teile der Wiener Duodecimallinie; zur Verwendung werden diese Platten in einer Messingfassung direkt in die Öffnung des Tisches eingelassen und kommen damit unter dem Objekt zu liegen. Zur Verwahrung werden diese Glasplatten auf je eine Seite eines Zylinders aus Elfenbein eingelegt und verschraubt.
Die beobachteten Objekte können mit Hilfe eines Sömmering’schen Zeichenspiegels abgezeichnet werden.
Der Tübinger Botaniker Hugo von Mohl schreibt (Hugo von Mohl: Mikrographie oder Anleitung zur Kenntnis und zum Gebrauche des Mikroskops. L.F. Fues, Tübingen 1846: 73) zu den hier gezeigten Objektiven:
Plössl und Schiek geben ihren Mikroskopen nur wenige (6-7) Objective bei, welche in der Reihenfolge, wie sie in der Stärke aufeinander folgen und mit den Zahlen 1, 2, 3 … bezeichnet sind, in den folgenden Combinationen gebraucht werden können, 1, 1+2, 1+2+3, 2+3+4, 3+4+5, 4+5+6. Es folgt also hieraus, dass man beim Wechseln der Objective und der Wahl der nächst stärkeren Combination meistens die hinterste Linse abschrauben und vorn eine neue aufschrauben muss. Da dieses immer mit einem gewissen Zeitaufwande verbunden ist, so ist die Einrichtung, welche Amici, Oberhäuser u.A. ihren Objectivsystemen geben, nämlich die Zusammensetzung eines jeden desselben aus mehreren zusammengehörenden Linsen, von denen keine bei einem anderen Systeme verwendet wird, die bequemere, indem hiebei [sic!] die verschiedenen Systeme eben so schnell, wie einfache Objective gewechselt werden können.
Diese Beschreibung erklärt die Verwendung der diesem Instrument beigegebenen Optiken.
Auch die hier gezeigte Wilson’sche Lupe in der Ausführung von Plössl
beschreibt v. Mohl ausführlich (Hugo von Mohl: Mikrographie oder Anleitung zur Kenntnis und zum Gebrauche des Mikroskops. L.F. Fues, Tübingen 1846: 29-30):
Es war daher eine sehr bedeutende Verbesserung der Lupe, dass Plössl anfing, dieselbe aus zwei planconvexen achromatischen Gläsern, die einzeln oder combinirt gebraucht werden können (indem sie eine ähnliche Fassung, wie sie die Doppellorgnetten besitzen, haben und daher nach Belieben übereinandergeschoben oder seitwärts von einander entfernt werden können), zu verfertigen; eine solche Lupe lässt in der That in Beziehung auf Reinheit des Bildes wenig zu wünschen übrig und ist meiner Ansicht nach für den gewöhnlichen Gebrauch allen andern Lupen vorzuziehen. Mit grossem Vortheile kann man auch, wenn es sich um stärkere Vergrösserungen handelt, die schwächeren Objective der neueren achromatischen Mikroskope als Lupe zum Behufe schwieriger Präparationen eines mikroskopischen Objectes benützen.
Der Artikel Simon Plößl (1794-1868) Optiker und Mechaniker in Wien (Zur Entwicklungsgeschichte der Plößl-Mikroskope) (Josef Hölzl, Engelbert Bancher, Franz Kotlan in:
Technisches Museum für Industrie und Gewerbe in Wien / Forschungsinstitut für Technikgeschichte: Blätter für Technikgeschichte 31, Wien 1969: 45-89) beschreibt alle bis 1969 bekannt gewordenen Mikroskope aus der Werkstatt Plössls, die sich in staatlichen Museen oder privaten Sammlungen befinden. Hier geht man davon aus, dass die Zahl der produzierten kleineren Stative geringer ist, als jene der großen. Die Verkaufsliste von 1835 enthält 59 große Mikroskope Nr.1 [das hier gezeigte] und 55 kleine Mikroskope Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4.
Pieter Harting schreibt in Das Mikroskop (Vieweg und Sohn, Braunschweig 1866: III, 181): Der zweite, der sich in Deutschland, und zwar mit dem glücklichsten Erfolge, auf die Verfertigung achromatischer Mikroskope legte, war Simon Plössl in Wien (Alte Weiden, Feldgasse, am Eck der Schmölerlgasse Nr. 215), dessen Instrumente seit 1830 eine allgemeine Verbreitung gefunden haben.
[…]
An den späteren Mikroskopen (Fig. 93) hat Plössl die Säule mit dem Charniere weggelassen, die dreiseitige Stange ruht unmittelbar auf dem Fussgestelle, und der Spiegel ist an einem der drei Füsse angebracht.
[…]
In neuester Zeit hat Plössl den Dreifuss durch ein schweres kreisrundes Fussstück ersetzt, worauf die dreiseitige stählerne Stange des Mikroskoprohres ruht und durch einen horizontalen Arm um seine Axe gedreht werden kann. An kleineren Mikroskopen fehlt diese Drehbewegung, und die Stange steht auf dem Fussstücke.
In der Beilage zu Astronomische Nachrichten No. 254 (1834: 245-252)
ist die Preisliste von Plössl abgedruckt. Datiert auf Oktober 1833 heißt es unter Neuestes Verzeichnis der optischen Apparate welche von G. S. Plössl, Optiker und Mechaniker in Wien, am Wienflusse, nächst der Ketten-Fahrbrücke, am Eck der Heumühlgasse, Nr. 816, für beigesetzte Preise in Conventionsmünze oder Augsburger Courant verfertigt werden:
[…]
1. Grosses zusammengesetztes Mikroskop, dessen Körper durch Triebwerk gegen den feststehenden Objecttisch bewegt wird, auf messingenem, zusammen zu legenden Dreifusse; mit drei Ocularen aus einfacher Linse und Collectivglase bestehend, zum Aufstecken, und sechs achromat., aplanatischen Linsen, über einander zu schrauben. Der Objecttisch mit vorne offener Federklammer für Objectträger und Glastafeln aller Art, mit Drücker zum Oeffnen von unten, und zwei diagonal stehenden Stellschrauben zur Führung des Objectes durch alle Puncte des Sehefeldes. Einem gläsernen concaven Reflexionsspiegel mit doppelter Bewegung zur transparenten Beleuchtung; der schwarzen Rückseite desselben, und einem sphärischen Beleuchtungsprisma (nach Selligue) mit Bewegung, zur Beleuchtung opaker Objecte.
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Einer grossen Lichtverstärkungslinse auf besonderem Fusse, zur Verstärkung der Beleuchtung bei stärkeren Vergrösserungen sowohl transparenter als opaker Objecte. Einem concaven Glase, in Messing gefasst, zum Drehen, für Flüssigkeiten; einem Insectenglase in messingener Fassung, dann einer Objectnadel zum Aufstecken. Dazu noch: Eine messingene Wilsonsche Loupe; eine messingene Pincette; sechs Objectenschieber mit 24 Probeobjecten; zwei auf Glas getheilte Mikrometer mit Theilung der Wiener Duodecimallinie in 30 und 60 Theile, oder des Millimeters in 20 und 50 Theile, in elfenbeinerner Capsel, nebst messingenem Ringe dazu zum Einlegen in den Objecttisch. Alles in einem hölzernen polirten Kasten mit Schloss, beiläufig 18″ lang, 9″ breit und 4″ hoch, mit Sammet gefüttert. Die Vergrösserungen gehen von 18 mal bis zu 500 Mal linear, oder 324 Mal bis 250000 Mal der Fläche, mit vollständiger Klarheit und Schärfe; zusammen um 185 fl.
Ein solches Mikroskop mit der Vorrichtung zum Messen der Objective [sic!] bis auf 0,00001 Wiener Zoll linear, mittelst Mikrometerschraube nach Fraunhofer. 275 fl.
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Ein viertes Ocular zu diesem Mikroskope,
um Vergrösserungen mit verhältnismässigem Verluste an Lichtstärke bis auf 1000-1500 Mal zu steigern. 10 fl.
Ein aplanatisches Ocular aus zwei achromatischen Linsen, mit schwacher Vergrösserung von 10-12 Mal, um besonder opake Objecte mit höchster Schärfe zu sehen. 10 fl.
Eine Vorrichtung an diesem Mikroskope, um es nach Willkühr horizontal oder in jedem Winkel schief stellen zu können; zur Bequemlichkeit, besonders beim Zeichnen. 15 fl.
Eine Vorrichtung an dem Objecttische dieses Mikroskopes, mit Mikrometerschraube zur höchst feinen Einstellung bei starken Vergrösserungen. 12 fl.
der Zeichenspiegel ist noch gesondert gelistet:
5. Sömmeringscher Spiegelchen-Apparat, mit Ring und Stellschrauben, an Mikroskope und Fernröhre jeder Art und Größe anzuwenden, in Futteral von Maroquin. 6 fl.
Ferner erscheint die Lupe als:
4. Einfach Loupe, in Büffelhorn gefasst. 1 fl 12 kr.
Zwei Sammlungen von je 48 Probeobjekten werden in Objektschiebern aus Buchsbaum bzw. gegen Aufpreis aus Ebenholz angeboten. Zusätzlich findet man:
17. Zwölf Objectschieber, ganz von Glas, zum Oeffnen, für sehr feine Objecte, bei starker Vergrösserung. 10 fl.
In summa kommt das hier gezeigte Mikroskop daher auf einen Preis von 239 Augsburger Gulden 12 Kreuzer.
Der Frankfurter Augenarzt Dr. Detmar Wilhelm Sömmering (1793-1871)
verwendet den von ihm eingeführten und nach ihm benannten Zeichenapparat bereits im März 1818 erstmals am Mikroskop für wissenschaftliche Zwecke. Er veröffentlicht seine Konstruktion und deren Anwendung 1822 (Dr. Wilhelm Sömmering: Beschreibung eines Spiegelchens als Hülsmittel zum Zeichnen, sowohl mit bloßem Auge als durch’s Fernrohr oder Mikroskop gesehener Gegenstände. Polytechnisches Journal 7 (4) LVIII, 1822: 385-409). Hier heißt es:
Indem ich daher auf ein anderes Hülsmittel sann, fand ich nach mancherlei Versuchen, daß ein einfaches, rundes metallenes Planspiegelchen, von einer bis zwei Pariser Linien im Durchmesser, mit einem dünnen Stielchen versehen, hierbei die gewünschten Dienste vollkommen leistete, Man kann es ebenso gut als die camera lucida zum Zeichnen naher und ferner Gegenstände mit freiem Auge gebrauchen, bequemer und besser aber als jenes Instrument anwenden, um sowohl durch Fernrohre verschiedener Art, als durch einfache und zusammengesetzte Mikroskope eine möglichst genaue Abbildung der vergrößerten Gegenstände zu erhalten.
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[…]
Mein Spiegelchen zeigte ich zu München den Herren Akademikern von Yelin, von Soldner, von Reichenbach, und Fraunhofer, welche mich durch ihren Beifall zu dessen Bekanntmachung aufmunterten. Letzterer hatte selbst die Güte, mir mehrere höchst vollkommene Spiegelchen zu verfertigen und einige Bemerkungen darüber mitzutheilen, von denen ich bei dieser Beschreibung Gebrauch machen werde.
Im März 1818 zeichnete ich vermittelst meines Spiegelchens durch ein Dollond’sches Mikroskop fünf und zwanzigmal im Durchmesser Stückchen der feinsten eingesprüzten Gefäßneze aus der Aderhaut des Augapfels eine erwachsenen Mannes, eines Kindes, eines Kalbes, eines Hahnes und eines Wassersalamanders. Mein Vater [Samuel Thomas von Sömmering (1755-1830)] begleitete diese Zeichnungen mit meiner Abhandlung, und wies die Original-Präparate sowohl, als deren Abbildungen und meine Vorrichtung, mittelst welcher sie gefertigt waren, dem 9. Mai 1818 der königl. baier. Akademie der Wissenschaften vor.
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Aus der Fußnote auf Seite 394 geht hervor, wer den Apparat 1822 anbietet:
Höchst vollkommene elliptische Spiegelchen von Spiegelmetallcomposition verdanke ich der Güte des Herren Professors Fraunhofer. Die runden Stahlspiegelchen kann jeder Uhrmacher bei einiger auf das genaue Planschleifen und Poliren verwendeten Sorgfalt verfertigen, die besten welche rücksichtlich der Politur nichts zu wünschen übrig ließen, wurden mir in der Uhrenfabrik des Herrn Borle in Chaudefond in der Schweiz, nach einem Modell gearbeitet. Dem ganzen Apparat, nämlich Spiegel und Stativ zum Zeichnen mit freiem Auge und vor dem Mikroskop, verfertigen die Herren Optiker und Mechaniker Tomschiz und Olff in Frankfurt am Main, und der Herr Universitäts Mechanikus Apell in Göttingen.
Der österreichische Botaniker Joseph Franz Freiherr von Jacquin (1766-1839) beschreibt den hier gezeigten von Simon Plössl angebotenen Sömmering’schen Spiegel wie folgt (J.F. Jacquin: Über eine einfache practische Methode, das Vergrößerungsverhältniß bei Mikroskopen zu bestimmen. Zeitschrift für Physik und Mathematik IV, 1828: 5):
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Der Sömmering’sche Spiegelchen-Apparat findet sich von dem Erfinder selbst (Dingler’s polytechn. Journal, B. 7) so gut und umständlich beschrieben, daß es wohl überflüssig wäre, die Beschreibung hier zu wiederholen, und ich nur bemerken will, daß ich meine ersten Versuche mit einem von Hr. Dr. Sömmering selbst erhaltenen Apparate mit Stahlspiegelchen, wie solcher von ihm (a.a.O.T. VIII Fig. 9) abgebildet worden ist, angestellt habe, und dann erst Hr. Opticus Plößl solche Apparate mit einigen kleinen Verbesserungen und etwas größeren Metallspiegelchen verfertigt hat, deren Metallmasse ich durch Zusammenschmelzen von silberplattirten Kupferblechschnitzeln, worin das Silberverhältnis 1/20 war, mit Zusatz der Hälfte reinen Zinnes, erhalten habe, und worin das Verhältnis der drei sehr reinen Metalle Kupfer 190, Zinn 100, Silber 10 ist *).
*) Hr. Plößl, neue Wieden, Salvatorgasse, Nro. 321, liefert diesen vielseitig nützlichen kleinen Apparat in Futteral von Maroquin um 6 fl. C. M.
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Leopold Dippel beschreibt den Sömmering’schen Zeichenspiegel in seiner Funktionsweise sehr treffend 45 Jahre später (Leopold Dippel:
Das Mikroskop und seine Anwendung. Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn; Braunschweig 1867: 230-231):
Sömmering’s Spiegel. – Auf ganz ähnliche Weise wie die eben besprochene Vorrichtung [Oberhäuser’s Zeichenprisma] wirkt der Sömmering’sche Spiegel (Fig. 173), welcher aus einem ovalen Metallspiegelchen von etwa 4 Millimeter Länge und 2 Millimeter Breite besteht. Wird derselbe unter dem Winkel von 45° vor dem gebrochenen Oculare befestigt, so erblickt man, wie bei dem Oberhäuser’schen Prisma, das Bild auf der Fläche der Arbeitstisches projicirt und sieht an dessen Rand vorbei Zeichenfläche und Stift. Um den kleinen Spiegel mit dem Rohre des gebrochenen Oculars zu verbinden, ist es mittelst der Metallstäbchen b und c an dem federnden Ringe a in der Art befestigt, dass es beim Gebrauche genau in die optische Achse gebracht werden kann.
Im Allgemeinen erreicht man zwar mit dem Sömmering’schen Spiegel dasselbe Ziel, wie mit dem Oberhäuser’schen Prisma, es verliert jedoch das Bild weit mehr an Lichtstärke, da bekanntlich von einer metallenen Oberfläche ein grosser Theil der auffallenden Lichtstrahlen verschluckt wird, während bei jenem der auf diese Weise herbeigeführte Verlust weit geringer ausfällt.
Georg Simon Plössl (1794-1868)
Wird als Sohn eines Schweizer Tischlers geboren, der vor allem technische Geräte und Spieluhren aus Holz fertigt. Als Plößl gerade sieben Jahre alt ist stirbt sein Vater, bedingt durch die daraus resultierenden schlechten finanziellen Verhältnisse darf er die Normalschule unentgeltlich besuchen und schließt diese mit ausgezeichneten Leistungen ab, um danach seinem sechs Jahre älteren Bruder folgend eine vierjährige Drechslerlehre zu vollenden. Als sein Bruder stirbt tritt Simon Plößl dessen Nachfolge in der Werkstatt von Johann Friedrich Voigtländer (1779-1859) an und arbeitet dort als Lehrling und Geselle über 11 Jahre lang. 1823 macht sich Plößl in der leer stehenden alten Werkstatt und Wohnung seines Vaters mit einem Gehilfen selbständig. Mangels Bekanntheit und Bestellungen sowie einer Fehlinvestition in die Lizenz für Theaterspektive muss Plößl seinen Angestellten jedoch schon bald wieder entlassen und kommt in Zahlungsschwierigkeiten. Durch großen Fleiß und strengste Sparsamkeit seiner Frau gelingt es ihm jedoch bald mit Teleskopen und Mikroskopen die Aufmerksamkeit einiger Professoren auf sich zu ziehen, darunter der Physiker und angewandte Mathematiker Andreas Freiherr von Baumgartner (1793-1865), der Mathematiker und Physiker Andreas Freiherr von Ettingshausen (1796-1878), der Botaniker Joseph Franz Freiherr von Jacquin (1766-1839), der Astronom Joseph Johann von Littrow (1781-1840), der Mathematiker und Geodät Simon Ritter von Stampfer (1792-1864) sowie der Chemiker und Techniker Ignaz Edler von Mitis (1771-1842) und der Naturwissenschaftler Alois Beckh von Widmanstätten (1754-1849). Diese unterstützen ihn mit Aufträgen , so dass er er innerhalb einer Dekade nationale und internationale Bekanntheit erlangt, obwohl er ganz untypisch für seine Zeit nie außerhalb seiner Heimatstadt lebt und selbst Nieder-Österreich auch für Reisen nicht verlässt. Plößl gilt als sehr ehrlicher Optiker und Mechaniker; sein erstes Preisverzeichnis veröffentlicht er 1828, dem bald ausführlichere folgen. Nach den Berechnungen von v. Littrow fertigt Plößl ab 1832 dialytische Fernrohre, die bald auf der ganzen Welt sehr gefragte Instrumente werden – wie alle optischen Erzeugnisse aus Plößls Werkstatt sind die damit erzeugten Bilder von bedeutender Helligkeit und Schärfe. Schließlich zieht Plößl innerhalb Wiens mehrfach um und wird 1835 Bürger der Stadt. Bei der ersten Gewerbs- und Industrieausstellung im Herbst 1835 in Wien werden seine Erzeugnisse einstimmig mit der goldenen Medaille ausgezeichnet.
Zu der Entwicklung seiner Mikroskope heißt es 1837 (XI. Literarische Notizen / 3. Biographische Notizen über Simon Plössl. A. Baumgartner: Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften IV. Verlag J. G. Heubner, Wien 1837: 379-384):
Der merkwürdige Zufall, der ihn die von Selligue zuerst angegebene, aber in Frankreich anfangs voreilig verworfene, von Amici und Dollond dagegen wieder aufgenommene aplanatische Zusammensetzung der Objectivlinsen in Mikroskopen, selbst auffinden liess, verbreitete den Ruf seiner durch so viele verbesserten zusammengesetzten Mikroskope durch ganz Europa, so dass sie sich derzeit in den Händen der Mehrzahl der berühmtesten jetzt lebenden mikrologischen Naturforscher befinden, welche nicht anstehen, die glücklichen Fortschritte ihrer Forschungen denselben grossen Theils dankbar zuzuschreiben. Die Anzahl von über 200 solcher Instrumente, die Plössl bisher auf Bestellung verfertigt hat **), dient hierzu als Belege, und die bedeutende Vervollkommnung der nach Fraunhofer’s Vorgabe verfertigten Schraubenmikrometer, sowie die mechanische Einrichtung des Gestelles; die von ihm zuerst versuchten aplanatisch zusammengesetzten Oculare, und endlich die ausnehmende Schönheit, Genauigkeit und Feinheit seiner Glastheilungen, die jene des, in diesen Arbeiten so berühmten verstorbenen Riché in Paris noch weit übertreffen, trugen auch nicht wenig zu ihrem Rufe bei. Die einsichtsvolle Grossmuth Sr. k. H. des durchlauchtigsten Erzherzogs Ludwig, welcher Plössl’s kaum geäusserten Wunsch, eines der neuesten berühmten Instrumente des Professors Amici untersuchen zu können, sogleich erfüllte, setzte durch daraus geschöpfte Verbesserungen, der Vollkommenheit seiner Mikroskope die Krone auf ***).
**) Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften, B. III Heft 1
***) Zeitschrift für Physik und Mathematik, Bd. VII. Heft 3
Offenbar wird Plößl Ende der 1830er mit Bestellungen derart überhäuft, dass seine Kunden oft lange auf die Instrumente warten müssen – er tritt auch mit diesem Umstand in die Tradition von Ramsden, Dollond und Fraunhofer. Ein pankratisches (bildaufrichtendes) Mikroskop wird von Plössl ab 1843/44 als Stativ Nr. 5 angeboten.
Über die Arbeitsweise Plößls ist vermerkt (Ph. Carl [Hrsg.]: Repertorium für Experimental-Physik, für physikalische Technik, mathematische & astronomische Instrumentenkunde. 4. Band, Verlag R. Oldenbourg; München 1868: 63-64):
Plössl setzte seine Instrumente allein zusammen; der eine, welcher ihm dabei einige Zeit geholfen hatte – sein Sohn, war im 21. Lebensjahre gestorben. Seit dieser Zeit war Plössl noch schweigsamer, verschlossener und stiller geworden, als er schon von Natur aus war. Zu dieser Abgeschiedenheit mag wohl noch seine bedeutende Schwerhörigkeit nicht wenig beigetragen haben.
Simon Plößl stirbt am 29. Januar 1868 durch einen Unfall, bei dem ihm eine herunterfallende Glasplatte den rechten Arm derart verwundet, dass er der Verletzung kurz darauf erliegt.
Mikroskope werden unter dem Firmennamen S. Plössl & Comp. bzw. S. Plössl & Cie bis 1905 weiter produziert. Bis 1882 werden die eigentlichen, typischen Plössl-Mikroskope angeboten, die Produktion jedoch ab 1875 sukzessive auf die Herstellung von Hufeisenstativen umgestellt.
Inhaber der Werkstätte nach Simon Plößls Tod ist 1868 Anna Fleckenstein, geborene Plößl, ab 1871 zusammen mit dem k.u.k. Hofoptiker Mathäus Wagner. Ab 1874 führt die Werkstätte M. Wagner alleine, er nimmt 1888 M. Josef Wagner mit auf. Im Jahre 1905 läuft die Firma auf Marie Wagner.
Dieses sehr gut erhaltene Mikroskop kann im Dezember 2008 über einen Antiquitätenhändler aus der Haushaltaauflösung einer Villa in Wien für die Sammlung erworben werden
Vergleiche Referenz
2, 3, 22, 86 und Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena: „Großes Plössl Mikroskop Stativ“, Inv.-Nr. 105
(Danke an Sherin Peter für die freundschaftliche Unterstützung bei der Gewinnung dieses Instruments für die Sammlung)