Großes Präparierstativ nach Paul Mayer
Carl Zeiss Jena
Zeiss Präparierstativ P I nach Paul Mayer aus 1889.
Das Mikroskopstativ ist gefertigt aus vernickeltem und schwarz lackiertem Messing, blankem und gebläutem Stahl, weißer Keramik und Mahagoniholz. Zur Beleuchtung des Objekts dient ein vierfach gelagerter Spiegel, dessen Rückseite zur diffusen Beleuchtung mit einer weißen Keramikplatte versehen ist. Das Instrument verfügt über das große Hufeisen des Stativs I von Zeiss, die Säule ist mit Zahn und Trieb versehen und ermöglicht das Fokussieren mit der bequem neben dem Stativ liegenden Hand.
Drei Tischeinsätze sind dem Stativ beigegeben:
Eine Glasplatte, eine matt schwarz gebeizte Messingplatte und eine ebenso geschwärzte Messingplatte mit einer runden Apertur, welche wiederum verändert werden kann.
Zusätzlich sind zwei einschwenkbare Platten am Stativ fest angebracht, sie ermöglichen bei Verwenden der gläsernen Präparierfläche einen Wechsel der Reflektivität des Untergrundes zwischen matt schwarz und weiß.
Zwei starke Mahagonibretter können seitlich am Stativ eingehängt werden und erlauben als Handauflagen ein ruhiges Präparieren.
Das Mikroskop trägt die dekorative Signatur auf dem Rahmen des Tisches:
13557 Carl Zeiss, Jena.
Auf sowohl der Edelholzkasten als auch die Handauflagen sind mit der selben Seriennummer versehen.
Um Lupen unterschiedlichen Durchmessers mit dem Stativ verwenden zu können ist dem Gerät ein weiterer Arm beigegeben, welcher in den Lupenträger eingesteckt wird und ein Durchmustern der gesamten Tischfläche ermöglicht.
Die spärliche originale optischen Ausstattung ist vollständig erhalten: In einer Lederschatulle ist dem Stativ ein Präpariersystem nach Brücke Carl Zeiss Jena Nr. 524 beigegeben.
Die Lederschatulle trägt die für 1889 bei Zeiss übliche, sehr ausführliche Firmenbezeichnung:
Carl Zeiss
optische Werkstätte
Jena
Dieses Stativ wird fast unverändert bis 1902 angeboten.
Zuletzt wird es im Katalog wie folgt beschrieben (Carl Zeiss Jena, Optische Werkstätte: Mikroskope und mikroskopische Hilfsapparate. 32. Ausgabe, Jena 1902):
A. Präparirstative.
Stativ P I.
Grosses Präparirstativ nach Paul Mayer.
Auf schwerem Hufeisenfusse erhebt sich eine kurze Säule, die den rahmenförmigen quadratischen Objecttisch von 100 mm Seitenlänge trägt und in ihrem Innern die Führungsbahn für den mittels Zahn und Trieb bewegbaren Systemträger enthält. Eine massive und eine mit zentraler Oeffnung versehene Metallplatte oder auch eine Glasplatte können in den Objecttisch eingelegt werden. Bequem zusammenlegbare Backen zum Aufstützen der Hände lassen sich an den Tisch ansetzen. Fig. 38.
Beleuchtung mit durchfallendem Lichte erfolgt durch einen allseitig beweglichen Plan- und Hohlspiegel, dem zur Herbeiführung diffuser Beleuchtung eine Scheibe weissen Cartons aufgesteckt werden kann. Durch Drehung um einen Zapfen an der linken vorderen Ecke des Tisches lässt sich eine schwarze oder eine weisse Platte nach Belieben als heller oder dunkler Untergrund unter das Präparat bringen.
An dem eigenartig construirten Systemträger lassen sich sowohl das Präparirsystem No. 1 bei P oder R, wie auch verschiedene Lupen in geeigneten Haltern LR anbringen und über den ganzen Tisch hinwegführen.
Auch die Abbe’schen Zeichenapparate No. 110 und 111 können in Verbindung mit den Lupen No. 9 und 10 an dem Stativ PI benutzt werden.
No. 101: Stativ P I in Mahagonischrank, ohne Linsen, Preis: Mk. 125.-
Das hier gezeigte Mikroskop
wird in der erhaltenen Ausstattung als Stativ I mit Präp. Syst. 76 am 30.11.1889 an A. Frazer nach Edinburgh geliefert.
Bei einer Auktion in Schottland kann das Gerät Ende 2011 für diese Sammlung erworben werden – vier kleine Löcher an der Innenseite der Türe des Kastens lassen vermuten, dass dieses Gerät ursprünglich mit einer Inventarplakette versehen war.
Im Verkaufsjahr des hier gezeigten Mikroskops werden 100 Mark für das Stativ und 30 Mark für das optische System berechnet, zusammen kostet die hier gezeigte Ausstattung demnach 130 Mark.
Paul Mayer (1848-1923)
schliesst der Ausbildung als Apotheker ein Studium an und promoviert 1874 bei Ernst Haeckel an der Universität in Jena. Kurz darauf folgte ein Arbeitsaufenthalt in der zoologischen Station Neapel, an der er von 1878 bis zu seiner Pensionierung 1913 als Assistent arbeitet.
In die ersten Jahre seiner Arbeit an der berühmten Forschungsstation in Italien fällt 1885 die Vorstellung eines neuen großen Präparierstativs, wie es in der Ausführung von 1889 hier gezeigt wird.
(Datierung mit freundlicher Unterstützung von Dr. Wolfgang Wimmer, Archiv Carl Zeiss Jena, 19.12.2011)
Carl Zeiss (1816-1888) wird als Kind fünftes Kind des Hofdrechselermeisters Johann Gottfried Zeiß in Weimar geboren. Nach seinem Schulbesuch in Weimar absolviert Carl Zeiss 1834-1838 eine Mechanikerlehre beim Universitätsmechaniker Dr. Friedrich Körner in Jena. Nach Abschluß der Lehre besucht Zeiss 1835-1838 Vorlesungen der Universität Jena in Mathematik, Experimentaphysik, Antropologie, Mineralogie und Optik. Es schließen sich 1838-1845 Wanderjahre mit Stationen in Stuttgart, Wien, Berlin und Darmstadt an. Im Jahre 1845 kommt Carl Zeiss wieder nach Jena und absolviert ein Praktikum am physiologischen Institut bei Prof. M. J. Schleiden.
Carl Zeiss wird die Konzession zur Fertigung und zum Verkauf von mechanischen und optischen Instrumenten in Jena am 19.11.1846 durch die Großherzogliche Landesregierung in Weimar erteilt. Die erste Werkstätte befindet sich in der Neugasse 7 in Jena. Im Juli 1847 zieht die Werkstatt in die Wagnergasse 32 und im August diesen Jahres wird als erster Lehrling August Löber eingestellt. Im September 1847 wird die Produktion einfacher Lupenmikroskope, entsprechend dem hier gezeigten Instrument, aufgenommen. Erst 1857 werden die ersten zusammengesetzten Mikroskope in der Zeiss’schen Werkstatt gefertigt. 1866 wird das 1000. Mikroskop hergestellt; kurz darauf beginnt im selben Jahr die Zusammenarbeit mit Ernst Abbe. 1872 schließlich werden die Optiken der Mikroskope nach Abbes Berechnungen konstruiert.
Bei einer Auktion in Schottland kann das Gerät Ende 2011 für diese Sammlung erworben werden – vier kleine Löcher an der Innenseite der Türe des Kastens lassen vermuten, dass dieses Gerät ursprünglich mit einer Inventarplakette versehen war.