Kleines Mikroskop

Dr. E. Hartnack

Kleines Hartnack Mikroskop; Stativ VIII zum Umlegen um 1880.

Mikroskop aus zaponiertem, geschwärztem und vernickeltem Vollmessing sowie gebläutem Stahl. Das Instrument verfügt über einen dreifach gelagerten Plan- und Konkavspiegel, die Zylinderlochblende kann in ihrer Hülse zum Wechseln seitlich ausgeschwenkt werden.

Alternativ zur Zylinderlochblende kann ein Kondensor mit Aperturblech verwendet werden,

zur Einstellung der gewünschten Apertur wird hier ein geschwärztes Messingblech mit drei Öffnungen unterschiedlichen Durchmessers senkrecht zur optischen Achse des Mikroskops verschoben. Die Tischplatte besitzt eine Hartgummiauflage. Der Auszugstubus wird zur groben Fokussierung mit der Hand in der Schiebehülse frei verstellt, die Feineinstellung mit Prismenführung geschieht über ein Rändelrad auf der Säule. Um den Schwerpunkt des Mikroskops möglichst tief zu legen ist der Hufeisenfuß mit Blei ausgegossen. Das Mikroskop kann über ein Gelenk bis zu 90° umgelegt werden.

Im mit purpurner Seide gepolsterten Mahagonikasten wird das Mikroskop liegend untergebracht, hier ist auch die Seriennummer 21579 eingebrannt.

An optischer Ausstattung sind die Hartnack’schen Objektive

der „neuen Serie“ mit großem Öffnungswinkel Nr. 4, Nr. 7 und das vernickelte Immersionsobjektiv mit Deckglaskorrektur Nr. 9 beigegeben. Zusammen mit den drei Lochblenden werden diese in einem mit grünem Leder überzogenen Kästchen aufbewahrt. In diese kleine Schatuell ist die Seriennummer 21579 ebenfalls eingebrannt. An Hartnack’schen Okularen sind das Messokular Nr. 2 und die Huygens’schen Okulare Nr. 3 und Nr. 4 vorhanden.

Auf dem Tubus ist das Mikroskop dekorativ signiert:

Dr. E. Hartnack
Potsdam.

Im Preis-Courant der achromatischen Mikroskope von Dr. E.Hartnack / Nachfolger von G. Oberhäuser aus dem Jahre 1880 erscheint dieses Mikroskop als:

No. VIII. Neues kleines Stativ, dessen Einrichtungen, mit Ausnahme der Rotation des Objecttisches und der groben Bewegung mittelst Trieb, die gleichen Vortheile wie Nr. VII darbieten, mit den Linsen-Systemen Nr. 4, 7, 8 u. den Okularen 2, 3 u. 4; Vergrösserung 50-650… 275 Frcs 220 Mrk.

Dasselbe Instrument mit den Systemen 4, 7 und 9, letzteres mit Immersion u. Correction, 3 Okularen (unter denen eins mit dem Mikrometer versehen ist); Vergrösserungen 50-1000…… 390 Frs. 312 Mrk.

Dasselbe mit Charnier zum Umlegen….405 Frs. 324 Mrk.

Über Edmund Hartnack

hartnack_edmund_xEdmund Hartnack

wird am 9. April 1826 zu Templin in der Uckermark geboren und lernt 1842 – 1847 in Berlin das Mechanikerhandwerk bei Wilhelm Hirschmann senior (1777 – 1847), welcher seinerseits mit Schiek und Pistor zusammengearbeitet hat. 1847 kommt Hartnack zu Heinrich Daniel Rühmkorff (1803-1877) nach Paris und geht später zu Oberhäuser. Dieser nimmt ihn 1854 als Teilhaber auf. Hartnack heiratet Johanna Maria Louise Kleinod, die Nichte Oberhäusers und übernimmt das Geschäft 1864, aus welchem sich sein früherer Chef mehr und mehr zurückgezogen hat.

Im Jahr 1864 tritt der aus Polen geflüchtete Professor Adam Prazmowski (1821 – 1888) dem Unternehmen bei. 1863 war der frühere Assistent der Warschauer Sternwarte und Teilnehmer an diversen Expeditionen zur Beobachtung von Sonnenfinsternissen und zur Gradmessung, aus politischen Gründen nach Paris gegangen. 1878 wird Prazmowski Eigentümer der Pariser Filiale; nach seinem Tode 1885 übernehmen die Meister Bézu & Hausser die Werkstätte und verkaufen diese 1896 schließlich an Alfred Nachet.

Hartnack muss auf Grund des deutsch-französischen Krieges 1870 Frankreich verlassen und wirkt fortan in Potsdam weiter, wo er am 9. Februar 1891 stirbt.

Hartnack wird bekannt für die hohe Qualität seiner Objektive, u.a. führt er die Wasserimmersion No. 11 im Jahre 1859 ein und ist damit kurze Zeit führend im Auflösungsvermögen, mit einer numerischen Apertur von 1,05. Er hat stets ein offenes Ohr für die mit seinen Mikroskopen arbeitenden Forscher. Auf der Weltausstellung 1862 in London gewinnt Hartnack eine Medaille für die allgemeine Qualität seiner Mikroskope von denen es heißt: „Sie gleichen im Wesentlichen dem Oberhäuserschen Modell, bei der der Mikroskopkörper auf einer hohlen, zylindrischen Basis steht, deren Oberseite als Objekttisch fungiert.“ Die Hartnack’schen Objektive hält man im London jener Zeit zweifelsohne für die besten aus nicht-englischer Fertigung. Hartnack verwendet ferner Wasserimmersion bevor diese Technik auf den britischen Inseln Einzug hält.

Wegen seiner Verdienste um die Medizin durch Bau und Vertrieb seiner Mikroskope wird er 1868 zum Ehrendoktor der medizinischen Fakultät Bonn ernannt; die preußische Regierung verleiht ihm 1882 den Professorentitel. In eben diesem Jahr bestätigt Prof. Fritsch: „Hartnack scheint mit seinen homogenen Imm.-Systemen Zeiss überflügelt zu haben. Hartnacks Bakterienmikroskop ist in ärztlichen Kreisen weit verbreitet und hoch anerkannt.“

Zum Exponat

Dieses Mikroskop gehört ursprünglich Dr. Guido Schrakamp (1857- nach 1929) in Schönberg / Mecklenburg – einer handschriftlichen Mitteilung der Firma Dr. E.Hartnack ist zu entnehmen, dass jenes Mikroskop 1892 für 40.- Mark mit einem Beleuchtungsapparat nachgerüstet wird.

Der nächste bekannte Besitzer dieses Mikroskops ist Timothy Mulgren, ein Lehrer am 1890 gegründeten „State Land-Grant College“ in Pullman, WA, welches 1905 in „State College of Washington“ umbenannt wird und seit 1959 als „Washington State University“ bekannt ist. Dieser Lehrer vererbt das Mikroskop an seine Enkelin Chlea Gregory, welche selbst in einer Einzimmer-Schule in North Dakota unterrichtet. Sie mottet das Mikroskop ein, als sie mit ihrem Mann nach Idaho zieht. Aus dem Nachlass jenes Ehepaars kann das Mikroskop im August 2005 aus Moscow, Idaho für die Sammlung erworben werden.

Referenzen und Vergleiche

Vergleiche:

Referenz 1, 2, 25, 47, 84, 136 und The Microscope Collection at the Science Museum London: „Compound Microscope by Hartnack“, signiert „E.Hartnack et Cie / Place Dauphine, 21, / Paris“, Inventory No. A43388; Sammlung des Royal Museum Edinburgh, Schottland: Microscope, signed: ‚E. Hartnack & Cie / Paris & Potsdam‘, Inventory No. 1979.85-87 (ehemals Teil der Arthur Frank Collection, Anmerkung des Verfassers); Instituto e Museo di Storia della Scienza, Firenze (Florenz): „Microscopio composto“ Edmund Hartnack, c. 1880, Inventario corrente 3268; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop um 1870 / Signatur: Mon. E. Hart. & A. Praz., A. Prazmowski suc., Rue Bonaparte 1, Paris“, Seriennummer 19129, Museal-Nr. 25.763

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.