Frühes Mikroskop von Rexroth um 1865.
Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und geschwärztem Messing, blankem und gebläutem Stahl. Das Instrumentes wird durch Zahn und Trieb grob eingestellt, die feine Fokussierung wird über ein tiefliegendes Rändelrad bedient.
Der Hohlspiegel ist auf einer Gabel auf dem runden Fuß befestigt und dreifach gelagert; das vierte Lager stellt die mittlere Säule selbst dar, denn das Mikroskop läßt sich um die optische Achse drehen. Unter der Tischplatte befindet sich eine Revolverlochblendenscheibe mit sechs runden Aperturen.
Auf dem Fuß ist das Gerät dekorativ signiert:
H. Rexroth in Wetzlar.
No 54.
Das Instrument ähnelt auf den ersten Blick sehr den kleinen Mikroskopen aus der Werkstatt von Carl Kellners Nachfolger, Friedrich Belthle in Wetzlar.
Im Gegensatz zu den kleinen Geräten Belthles verfügt dieses Instrument jedoch zusätzlich um einen Grobtrieb.
Der Feintrieb ist an einer Stange, statt an einer prismatischen Säule ausgeführt, entsprechend fehlt hier auch eine Vorrichtung zur Nachstellung der Friktion bzw. Ganggenauigkeit der Feineinstellung.
Ausgestattet ist das Instrument mit den Objektiven H. Rexroth. 0, H. Rexroth 1 und H. Rexroth 3 sowie den Okularen I und III, die originale Vergrösserungstabelle für diese Optiken ist erhalten und weisst lineare Vergrösserungen von 30 bis 700-fach aus.
Das Mikroskop wird liegend im Holzkasten untergebracht.
In einem Fachbuch der Zeit
(Herman Hager: Das Mikroskop und seine Anwendung. Verlag von Julius Springer; Berlin 1866: Anhang) findet sich eine Preisliste Rexroths, das hier gezeigte Mikroskop wird angeboten im Preis-Courant von Mikroskopen und deren Nebenapparate aus der optischen Werkstätte von H. Rexroth in Wetzlar. als:
3. Mittleres Mikroskop. Grobe Einstellung durch Zahn und Trieb, feine durch Mikrometerschraube. Spiegel mit Einrictung zur Schiefbeleuchtung. Drehung um die optische Axe. Oculare I. und III., Objective 0, 1, 3. Vergrösserungen 30, 50, 75, 150, 350, 700…40 Thlr.
Im gleichen Buch erscheint auf den Seiten zuvor das entsprechende Stativ von Belthle im Preis-Courant der optischen Instrumente des von C. Kellner in Wetzlar gegründeren Instituts. Nachfolger Fr. Belthle, Optiker & Mechaniker. Für 1865. wie folgt:
3. Kleines Mikroskop. Grobe Einstellung durch Tubusverschiebung, feine desgl. durch Mikrometerschraube. – Spiegel für schiefe Beleuchtung. Ocular I., II. u. III. System 0., 1. u. 3. Vergrösserungen von 25, 35, 50, 75, 110, 145, 320, 500 – 700…50 Thlr.
Bezeichnender Weise ist dieses Instrument 20% teurer und verfügt über keinen Grobtrieb.
Obwohl das Mikroskop tatsächlich um die optische Achse drehbar ist wird dies in der Liste nicht erwähnt. Offenbar lieferen sich beide Wetzlarer Unternehmen zu jener Zeit einen Preiskampf.
Carl Kellner (26.03.1826 – 13.05.1855) gründet das Optische Institut in Wetzlar zusammen mit Moritz Hensoldt im Jahre 1849. Das erste Mikroskop wird am 9. Mai 1851 nach Genf ausgeliefert. Die Instrumente werden sehr gut angenommen und bis 1854 können 131 Mikroskope verkauft werden. Kellner erkrankt 1854 an Darmtuberkulose, sein nahes Ende ahnend weiht er seinen Cousin und Gehilfen Ludwig Engelbert in alle technischen Feinheiten der Herstellung der Mikroskope ein und überträgt ihm die Leitung der Werkstätte kurz vor seinem Tod.
Als im Dezember 1856 jedoch Friedrich Belthle (27.02.1829 – 09.05.1869), ebenfalls ein ehemaliger Gehilfe dieser Werkstatt, die Witwe Kellners heiratet (die bereits im August 1856 außerehelich ein Kind von Belthle zur Welt bringt), scheidet Engelbert aus dem Unternehmen aus. Belthle führt die junge Firma weiter, ab August 1857 mit Heinrich Friedrich Rexroth als Teilhaber.
Belthle gelingt es, den Ruf der Firma zu wahren, er bringt selbst aber bis auf die mechanische Optimierung der Instrumente nur geringe Neuerungen hervor.
Die Geräte werden in Medizinerkreisen anerkannt,
die Firma „Belthle & Rexroth (C. Kellners Nachfolger)“ stellt bei der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte im September 1858 in Karlsruhe Mikroskope aus, die Belthle dort persönlich präsentiert. Zu dieser Zeit werden in den Lohnlisten des Unternehmens unter anderem Ernst Gundlach sowie Wilhelm und Heinrich Seibert geführt. Im Jahre 1861 trennen sich Belthle und Rexroth wieder – im selben Jahr verlegt ihr Glaslieferant Théodore Daguet seine Glashütte von Solothurn nach Freiburg/Schweiz.
Rexroth eröffnet kurz nach der Trennung von Belthle eine eigene Werkstatt, aus der jedoch offenbar nur wenige Mikroskope hervorgehen, denn es ist bisher nur ein einziges weiteres Mikroskop dieser Firma als erhalten bekannt, dabei handelt es sich um ein baugleiches Stativ mit der selben optischen Ausstattung und der Seriennummer 71. Rexroth verstirbt kinderlos im Alter von ungefähr 50 Jahren.
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