Großes Zeiss Mikroskop Stativ II

Carl Zeiss Jena

Großes Zeiss Mikroskop Stativ II von 1881.

Großes Mikroskopstativ aus zaponiertem und geschwärztem bzw. schwarz lackiertem Messing und gebläutem Stahl. Das Instrument verfügt über einen ausziehbaren Tubus, eine Grobeinstellung über Zahntrieb und eine Feineinstellung mit Prismenführung. Das Mikroskop ist ausgestattet mit einem Abbe’schen Beleuchtungsapparat und einer Zylinderlochblende mit zusätzlichem Spiegel. Das Stativ läßt sich um die optische Achse drehen.

Die Zylinderblende mit zwei, von ursprünglich drei, Einsätzen kann in einen Schlitten mit Schwalbenschwanzführung unter der Tischplatte eingeführt werden.

Der Abbe’schen Beleuchtungsapparat ist komplett mit sechs Blendscheiben und einer Sternblende für Untersuchungen im Dunkelfeld.

Das Mikroskop ist ausgerüstet mit einem der ersten Objektive für homogene Ölimmersion von Zeiss: C. Zeiss Homog. Immers. 1/12 N. Ap. 1.20, Nr. 79 sowie den Okularen Nr. 2 Micrometer, Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5. Das Mikrometerglas wird in einer kleinen Dose aus gedrechseltem Bein aufbewahrt. An weiterem Zubehör findet man einen zweifachen vernickelten Objektivrevolver C. Zeiss und eine gedrechselte Holzdose für Deckgläschen Akademiska Bokhandeln i Upsala 50 st. Täckglas.

Das Mikroskop wird liegend im Mahagonikasten aufbewahrt.

Die Möglichkeit das Stativoberteil um die optische Achse drehen zu können,

hat folgenden Hintergrund: Die Mikroskopspiegel der großen Instrumente sind weitgehend außerhalb der Achse verstellbar, so dass je nach Wunsch sowohl mit zentral einfallendem als auch mit stark schiefen Beleuchtungsbündeln gearbeitet werden kann (bei letzterem muss jedoch die Zylinderblende entfernt werden). Nach der Einstellung des Spiegels auf eine bestimmte Strahlenneigung, ist durch die Drehung die Möglichkeit gegeben, das Objekt unter verschiedenen Azimuten, doch mit gleichem Einfallswinkel zu beleuchten, ohne dass – wie bei den später üblichen drehbaren Tischen – eine Nachzentrierung des Objektes nötig wäre: Dieses bleibt bei der Drehung des kompletten Oberteils stets in der Mitte des Sehfeldes.

Jene Drehbarkeit der Stativoberteile um die optische Achse wird in den Zeiss-Katalogen für große Stative bis 1891 angeboten.

Auf dem Tubus ist das Instrument schlicht mehrzeilig signiert:

C. Zeiss
Jena
5272

Wie von Hartnack vorgegeben,

kann die Zylinderblende nicht nur in der Hülse verschoben werden, sondern kann in einem Schlitten mit Schwalbenschwanzführung herausgezogen und gewechselt werden, ohne Gefahr zu laufen, dabei den Spiegel zu verstellen.

Die Zylinderblende hat dabei zwei Aufgaben zu erfüllen: in oberer Stellung als Leuchtfeldblende, in der unteren als Aperturblende (da hier der Lichtkegel des Spiegels nicht mehr durch den Spiegelrand selbst, sondern durch die Blende begrenzt wird). Die Irisblende wird erst im Zeiss-Katalog von 1889 in Verbindung mit dem Abbe’schen Beleuchtungsapparat und der Neukonstruktion des Stativ I angeboten.

Im Katalog Nr. 22 von 1877

(mit Abbildungen versehen in der Neuauflage 1878) erscheinen 11 Mikroskopstative (darunter immernoch drei mit Rundfuß). Das seit 1861 angebotene „Hufeisenstativ nach Oberhäuser“ verschwindet und zwei neue große Typen erscheinen:

Nr. 22 Stativ I. Grosses Hufeisenstativ, zum Umlegen eingerichtet, mit Drehung um die optische Achse. Grobe Einstellung durch Zahn und Trieb; ausziehbarer Tubus; Cylinderblendung, mit Einrichtung zur Centrirung während des Beobachtens, an einem drehbaren Arm, der durch Zahn und Trieb bewegt wird. Höhe des Instrumentes von der Standfläche bis zum Ocularende, bei mittlerem Auszug 33 Cm. – Dabei Beleuchtungsapparat nach ABBE neben dem gewöhnlichen Spiegel … M 300.-

Nr. 23 Stativ II. Von gleicher Einrichtung wie I, nur etwas kleiner und leichter gebaut und mit Schlitten für die Cylinderblendungen. Höhe des Ganzen 31 Cm. Gleichfalls mit Beleuchtungsapparat … M 250.-

Ein Stativ II von 1879 ist als Nr. 4415 in dieser Sammlung zu sehen.

Im Zeiss-Katalog No. 25.

Illustrirrter [sic!] Katalog über Mikroskope und Nebenapparate aus der optischen Werkstätte von Carl Zeiss in Jena. erscheint dieses Stativ im Januar 1881 wie folgt:

No. 22 Stativ I. Grosses Hufeisenstativ, zum Umlegen eingerichtet, mit Drehung um die optische Achse. Grobe Einstellung durch Zahn und Trieb; ausziehbarer Tubus; Cylinderblendungen, mit Einrichtung zur Centrirung während des Beobachtens, an einem drehbaren Arm, der durch Zahn und Trieb bewegt wird. Höhe des Instruments von der Standfläche bis zum Ocularende, bei mittlerem Auszug 33 Cm. – Dabei Beleuchtungsapparat nach Abbe (No. 66) neben dem gewöhnlichen Spiegel … Mk 300

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Nr. 23 Stativ II. Von gleicher Einrichtung wie I, nur etwas kleiner und leichter gebaut und mit Schlitten für die Cylinderblendungen. Höhe des Ganzen 31 Cm. – Gleichfalls mit Beleuchtungsapparat No. 66 … Mk 250

No. 37. Revolver für zwei Objective, mit dem weiten Tubusgewinde; nur für die grossen Stative verwendbar… Mk. 20

No. 44. Ocular-Mikrometer. 5 Millim. in 50 Theile getheilt, mit Bezifferung; zum Einlegen in jedes Ocular … Mk. 5

No. 47. Mikrometer-Ocular. Ocular No. 2 oder No. 3 mit eingeschraubtem Zwischenstück zum Einlegen des Mikrometers und verschiebbarem Augenglas zur genauen Einstellung für das Auge des Beobachters. Mit Mikrometer No. 44 … Mk. 15

No. 66 Beleuchtungs-Apparat nach Abbe (s.M. Schultze’s Archiv f. mikr. Anatomie Bd. IX, pag. 496). Condensor von grosser Apertur, mit Diaphragmenapparat und Doppelspiegel; für allle Modificationen der geraden und schiefen Beleuchtung im durchfallenden Licht sowie für positive Bilder in dunklem Sehfeld bis zu 600-facher Vergrösserung, zugleich auch für bequeme Anwendung polarisirten Lichts (vgl. Polarisationsapparate); das Ganze in Einem Stück unterhalb des Mikroskoptisches einzusetzen. Nur für die grösseren Stative von I bis Va geeignet…Mk. 55

Anpassung an Stative aus andern Werkstätten wird nicht übernommen.

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No.SignaturNumerische und
angulare Apertur
Äquivalent-
brennweite
Vergrößerung bei 155 mm Tubuslänge, mit OkularMark
12345
241 / 121,25 (116°) Balsamwinkel2,0 mm3905207009501200320.-

Oculare pro Stück Mk. 7

Die homogene Immersion wird von Zeiss ab dem Frühjahr 1878 angeboten. Wie ersichtlich werden die Immersionsobjektive 1881 mit einer numerischen Apertur von 1,25 und 1885 bereits mit numerischen Aperturen von 1,25 – 1,30 gelistet. Das hier gezeigte Objektiv muss der numerischen Apertur und Seriennummer nach aus der Zeit um 1880 stammen.

Das hier gezeigte Mikroskop, in der vorhandenen optischen Ausstattung kostet 1881 demnach 626.- Mark.

Interessant sind bezüglich der Konstruktion der Stative noch folgende Sätze aus dem Zeiss-Katalog von 1883:

Die nachfolgend beschriebenen Stative schließen sich – wie diejenigen fast aller continentalen Werkstätten – ihrer allgemeinen Einrichtung nach dem von OBERHÄUSER eingeführten, durch HARTNACK erfolgreich weiterentwickelten Construktionstypus an. Insofern bieten sie daher nichts Eigenartiges. Dagegen ist das constructive Detail aller wesentlichen Theile an unseren größeren Instrumenten – namentlich der groben und der feinen Einstellung, der Spiegelbewegung und der sonstigen Beleuchtungsvorrichtungen – unserer Werkstätte eigenthümlich, als das Resultat langjähriger eigener Bemühungen um die Vervollkommnung der mechanischen Einrichtung des Mikroskops.

Über Carl Zeiss

zeiss_1846_esche_1966Carl Zeiss (1816-1888) wird als Kind fünftes Kind des Hofdrechselermeisters Johann Gottfried Zeiß in Weimar geboren. Nach seinem Schulbesuch in Weimar absolviert Carl Zeiss 1834-1838 eine Mechanikerlehre beim Universitätsmechaniker Dr. Friedrich Körner in Jena. Nach Abschluß der Lehre besucht Zeiss 1835-1838 Vorlesungen der Universität Jena in Mathematik, Experimentaphysik, Antropologie, Mineralogie und Optik. Es schließen sich 1838-1845 Wanderjahre mit Stationen in Stuttgart, Wien, Berlin und Darmstadt an. Im Jahre 1845 kommt Carl Zeiss wieder nach Jena und absolviert ein Praktikum am physiologischen Institut bei Prof. M. J. Schleiden.

Carl Zeiss wird die Konzession zur Fertigung und zum Verkauf von mechanischen und optischen Instrumenten in Jena am 19.11.1846 durch die Großherzogliche Landesregierung in Weimar erteilt. Die erste Werkstätte befindet sich in der Neugasse 7 in Jena. Im Juli 1847 zieht die Werkstatt in die Wagnergasse 32 und im August diesen Jahres wird als erster Lehrling August Löber eingestellt. Im September 1847 wird die Produktion einfacher Lupenmikroskope, entsprechend dem hier gezeigten Instrument, aufgenommen. Erst 1857 werden die ersten zusammengesetzten Mikroskope in der Zeiss’schen Werkstatt gefertigt. 1866 wird das 1000. Mikroskop hergestellt; kurz darauf beginnt im selben Jahr die Zusammenarbeit mit Ernst Abbe. 1872 schließlich werden die Optiken der Mikroskope nach Abbes Berechnungen konstruiert.

Zum Exponat

Dieses Mikroskop wird am 22.08.1881 hergestellt und am 24.11.1881 an Herrn Lündström nach Upsala geliefert. Im Auslieferungsbuch von Carl Zeiss Jena sind zu diesem Mikroskop keine Angaben zu Objektiven oder Okularen vorhanden.

Bei dem Käufer handelt es sich höchstwahrscheinlich um den Universitätsbuchhändler C. J. Lundström in Upsala – denn diesem kann die Dose mit den Deckgläschen eindeutig zugeordnet werden.

Ein nicht datierter Briefumschlag von Medicinska Föreningens Tidskrift an den Medizinstudent Med. stud. Eric Kronning / Norrtullsg.53 IV / STHLM liegt im Kasten des Mikroskops – es dürfte sich hierbei um den letzten Anwender des Mikroskops handeln. Im September 2006 kann das Instrument für diese Sammlung erworben werden.

Referenzen und Vergleiche

Vergleiche:

Referenz 2, 25, 54, 62, 70 sowie Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena: „Mikroskop Stativ II / mit Abbe’schem Beleuchtungsapparat / Carl Zeiss, Jena / 1876“ auf dem Tubusträger signiert „Carl Zeiss / Jena / No. 3102“; Mikroskopsammlung des Polytechnischen Museums Moskau: Mikroskop signiert „Carl Zeiss, Jena. No. 6467“, Inventurnummer PM 008190 (MIM 179); Collection of Historical Scientific Instruments at Harvard University, USA: „Zeiss stand II laboratory comound microscope“, signiert am Tubusträger: „Carl Zeiss Jena No. 3218“, Inventory Number 1288

(Datierung mit freundlicher Unterstützung von Dr. Wolfgang Wimmer, Archiv Carl Zeiss Jena, 05.10.2006)

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.