Kleine Trommel pour hospices

Georg Oberhaeuser in Paris

Oberhäuser Mikroskop: Kleine Trommel; Stativ I um 1840

Das Mikroskop ist gefertigt aus zaponiertem, geschwärztem und grün lackiertem Messing. Dies ist das kleinste von Oberhäuser angebotene Mikroskop „microscope pour hospices“, es ist ausgeführt als Trommelstativ mit einem konkaven Spiegel, grober Einstellung durch Schiebetubus und Feinfokus über eine seitliche Rändelschraube am Tisch. Im Gegensatz zum späteren Stativ I hat dieses Mikroskop keinen Auszugstubus.

Ausgestattet ist das Mikroskop mit einem Satzobjektiv sowie den Okularen Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3. Die abnehmbaren Auflichtlupe ist nicht mehr erhalten.

Auf dem Schiebetubus prangt die dekorative Signatur:

Georges Oberhaeuser,
Place Dauphine 19,
Paris.

Die Unterseite des runden Fußes ist mit Leder bezogen um das Instrument beziehungsweise die Tischauflage gegenseitig vor Schäden zu schützen. In diese Stativgrundplatte ist die Seriennummer des Instruments eingeschlagen 638.

Das Mikroskop wird, mit abgeschraubter Stativgrundplatte, liegend im teilweise mit grünem Samt bezogenen und grüner Seide gepolsterten Mahagoni-Kasten aufbewahrt. In den Deckel des Zubehörfachs im Innern des Kastens ist die Seriennummer 638 eingestanzt.

Noch im Preis-Verzeichnis der achromatischen Mikroskope von E. Hartnack, Nachfolger von G. Oberhaeuser in Paris / Place Dauphine, 21 von 1861 erscheint dieses Mikroskop wie folgt:

  1. Achromatisches Mikroskop einfachster Einrichtung („pour hospices“) mit Objektivsystem 7, 2 Okularen und einer 140-, 170-, 220- und 300fachen Vergrösserung….60 Francs.
  2. Achromatisches Mikroskop mit 50-, 65-, 140-, 172-, 220- und 300facher Vergrösserung, mit 2 Linsensystemen (4 und 7), 2 Okularen, einer beleuchtungslinse für opake Körper, 12 Objektträgern, Messingpinzette, Skalpell und Präparirnadeln; alles eingeschlossen in einem verschließbaren Mahagonikästchen….100 Francs.

Der Berliner Botaniker Hermann Schacht

(Das Mikroskop und seine Anwendung, insbesondere für Pflanzen-Anatomie und Physiologie; Verlag von G.W.F. Müller; Berlin 1851) zum Beispiel lobt Mikroskope aus Oberhäusers Werkstatt sehr:

Ich habe […] mindestens 30 Mikroskope verschiedener Grössen, von Oberhäuser angefertigt, unter den Händen gehabt, ich habe Jahre lang, erst mit einem kleinen, darauf mit einem mittleren Instrumente Oberhäusers gearbeitet, und deren Bilder sehr häufig, sowohl mit verschiedenen Mikroskopen von Schiek und Plössl, als auch mit Instrumenten von Norbert verglichen; dieser Vergleich entschied fast immer zu Gunsten Oberhäuser’s; ich habe kein schlechtes Instrument aus dieser Werkstatt gesehen; mit der Grösse der Mikroskope und mit dem Preis derselben steigt jedoch, wie natürlich, auch die Güte der Objective.

Warum dieses kleine Mikroskopstativ ab den 1840ern eine so große Verbreitung findet,

beschreibt der Medizinprofessor Julius Vogel als Direktor des pathologischen Instituts in Halle 1865 sehr bezeichnend (Aerztliche Untersuchungsmethoden und Apparate. Mikroskope für Aerzte und Studirende; Archiv des Vereins für wissenschaftliche Heilkunde 1 (neue Folge), 1864; Ludwig Denicke; Leipzig 1865: 81-84):

Beim jetzigen Stand der Medicin sollte eigentlich jeder Arzt ein Mikroskop besitzen, jeder Studirende der Medicin sich ein solches anschaffen, und mit dessen Gebrauch vertraut machen. […] Besitzt er kein Mikroskop, so ist er in alle solchen Fällen, wie sie ihm täglich in seiner Praxis vorkommen können, vollkommen rathlos. Es bleibt ihm nichts übrig, wenn er gewissenhaft sein will, als einen Collegen zu Rathe zu ziehen, der ein Mikroskop besitzt und mit dessen Gebrauch vertraut ist.

Ich habe darüber oft mit strebsamen Aerzten gesprochen. Sie gaben die Richtigkeit des Vorstehenden zu, meinten aber, man könne einem Arzt oder Studirenden kaum zumuthen, sich ein Mikroskop für 40 bis 60 Thaler anzuschaffen, was selbst die kleineren der besseren deutschen und ausländischen Mikroskope, von Belthle und Rexroth in Wetzlar, Engelbert und Hensoldt in Braunfels, Schiek in Berlin, Oberhaeuser-Hartnack in Paris, Ross, Smith et Beck in London u.A. immerhin kosten. Vielen Aerzten, und vollends der Mehrzahl der Studirenden fiele die Anschaffung anderer nothwendiger Instrumente schwer genug, so dass sie eine so grosse Summe, wie die obige, für ein Mikroskop nicht ausgeben könnten. Um dieses Hindernis zu beseitigen, war ich seit langer Zeit bemüht, Optiker zur Anfertigung von viel billigeren, aber doch guten und für Aerzte ausreichenden Mikroskopen zu veranlassen. Oberhaeuser in Paris gieng zuerst auf meine Idee ein und ich habe vor mehr als 20 Jahren eine gute Anzahl seiner billigen kleinen Mikroskope (Microsc. d’hospice, Micr. Coudé etc.) in Deutschland verbreiten helfen, zur Freude solcher, die gern ein für wissenschaftliche Untersuchungen brauchbares Mikroskop anschaffen wollten, und doch ein eine mässige Summe dafür ausgeben konnten.

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Das Beziehen solcher Instrumente vom Auslande war jedoch mit allerlei Schwierigkeiten verknüpft und erhöhte gerade bei den billigeren den Preis unverhältnismässig. Renommirte Optiker in Deutschland für diese Aufgabe zu gewinnen, wollte mir aber früher nicht gelingen. Manche, wie der verstorbene Kellner in Wetzlar, fürchteten, es möchte ihrem Rufe schaden, wenn sie neben ihren anerkannten guten, aber theureren Instrumenten auch billigere fertigen, die natürlich jenen in mancher Hinsicht nachstehen und nicht alles das leisten würden, was jene leisten. Erst vor etwa 1 ½ Jahren ging Herr Rud. Wasserlein in Berlin (Leipzigerstrasse 10) auf meine Idee ein und hat dieselbe zu meiner Freude in einer Weise ausgeführt, dass ich die von mir gestellte Aufgabe als völlig gelöst betrachte.

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1848 führt Oberhäuser das Hufeisenstativ ein,

welches von allen führenden Herstellern übernommen wird und fast 100 Jahre im Gebrauch bleibt. Ferner standardisiert Oberhäuser die Tubuslänge auf 160 mm auf Veranlassung der damaligen Anatomen. So bleibt das Mikroskop ausreichend klein, um feuchte Objekte vertikal betrachten zu können, was mit den damaligen britischen Instrumenten nur schwer möglich ist. Dabei konstruiert Oberhäuser seine Mikroskope so einfach wie möglich, unter Verzicht auf technische Verfeinerungen, wiederum ganz im Gegensatz zu englischen Instrumenten. So erfolgt die Grobeinstellung durch Verschieben des Tubus mit der Hand, während nur zum Feinfokus eine Mikrometerschraube vorhanden ist. Diese einfache Bedienung ermöglicht es den Forschern, sich ganz auf ihre mikroskopische Arbeit zu konzentrieren. So erfreuen sich Mikroskope aus Oberhäusers Werkstätte sowohl auf Grund ihrer hervorragenden Objektive als auch der praktischen und relativ preiswürdigen Hufeisenstative großer Beliebtheit.

Die „kleine Trommel“ findet weite Verbreitung. In den Jahren 1831 bis 1856 gehen 3000 Mikroskope aus Oberhäusers Werkstatt hervor.

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Oberhäuser nimmt 1854 seinen Mitarbeiter Edmund Hartnack als Teilhaber auf. Dieser heiratet die Nichte Oberhäusers und übernimmt das Geschäft 1864, aus welchem sich sein früherer Chef mehr und mehr zurückgezogen hat.

Den Kontakt zu seiner Geburtsstadt läßt Oberhäuser nie abbrechen, in späteren Jahren setzt er eine Stiftung zur „Linderung der Armut und Förderung industrieller Zwecke“ in Ansbach aus. So wird ihm 1852 das Ehrenbürgerrecht der Stadt verliehen, deren Museen er mehrfach mit Schenkungen bedenkt. Oberhäuser verstirbt am 10. Januar 1868 in Paris.

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Über Georg Oberhäuser

Johann Georg Oberhäuser

Der am 16. Juli 1798 als Sohn eines bayrischen Drechslermeisters in Ansbach (Mittelfranken) geborene Johann Georg Oberhäuser besucht das Gymnasium und will den Ingenieurberuf ergreifen. Durch den frühen Tod seines Vaters wird er jedoch gezwungen, 1812 als Mechanikerlehrling bei dem Universitätsmechaniker du Mouceau in Würzburg einzutreten. Nach drei Jahren stirbt sein Lehrherr und Oberhäuser begibt sich als Mechanikergehilfe im Frühjahr 1816 nach Paris. Dort gelingt es ihm, mit tüchtigen Fachleuten in Kontakt zu treten und so kann er sich schon 1830 mit Trécourt und Bouquet selbständig machen. Schon bald trennt sich Oberhäuser jedoch wieder von seinen Kompagnons. Feldstecher und Mikroskope werden die Haupterzeugnisse.

Zunächst verbessert er das aus dem 18. Jahrhundert stammende Trommelstativ ab 1835, wobei er es unter anderem im Innern des Fußes mit Blei beschwert. Das Schutzrecht auf ein ein „microscope achromatique vertical à miroir fixe avec platine à tourbillon“ wird Georges Oberhaeuser zusammen mit Achille Trécourt [Trecourt] im Oktober 1837 erteilt. Oberhäusers Werkstatt gelangt schnell zu einem guten Ruf durch günstige und solide Instrumente mit ausgezeichneten achromatischen Objektiven.

Referenzen und Vergleiche

Vergleiche:

Referenz 1, 2, 47, 56, 83 sowie für das etwas größere Stativ II: Deutsches Museum München: „‚Trommel-Mikroskop‘, signiert: G. Oberhaeuser, Paris Place Dauphine, Paris Nr. 2295“, Inv.-Nr. 14460; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop, Trommelmikroskop um 1845 / Signatur: Georges Oberhaeuser, Place Dauphine, 19, Paris“, Seriennummer 1440, Museal-Nr. 24.978; Museum Boerhaave, NL: „Compound microscope with box; Oberhaeuser et E. Hartnack, G..; Parijs“, Inventory number V07441; Sammlung der Royal Microscopical Society: „Compound Microscope, signed: ‚Georges Oberhaeuser, Place Dauphine 19, Paris'“, Inventory No. 29:A97; Sammlung des Royal Museum Edinburgh, Schottland: Microscope, signed: ‚Georges Oberhaeuser / Place Dauphine 19 / Paris‘, Inventory No. 1979.85-84 (ehemals Teil der Arthur Frank Collection; Anmerkung des Verfassers); Museum of the History of Science Oxford: „Brass Drum Microscope“, signed: „Georges Oberhaeuser, Place Dauphine 19, Paris“, Inventory No. 10028.

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.