Mittleres Gundlach-Mikroskop

Ernst Gundlach in Berlin

Mittleres Mikroskop von Gundlach; Stativ 5 um 1869;

Mikroskop aus zaponiertem und geschwärztem Messing. Das Instrument verfügt über einen Schiebetubus für die Grobeinstellung und eine Feineinstellung über Parallelogrammführung, zu bedienen durch ein Rändelrad unter der Tischebene. Der Fuß des Instruments ist zur besseren Standfestigkeit durch einen tieferen Schwerpunkt mit Blei ausgegossen.

Die Beleuchtung erfolgt über einen außerhalb der optischen Achse beweglichen Konkavspiegel.

Die Blendung wird über eine Zylinderlochblende mit drei Einsätzen erzielt.

Auf dem Tubus ist das Mikroskop schlicht signiert:

No 364.
E. Gundlach.
Berlin.

Die optische Ausrüstung des Instruments umfasst die Objektive E. Gundlach No I, E. Gundlach No III und E. Gundlach No V sowie die Okulare Nr. I und Nr. III, letzteres verfügt über eine einsetzbare Mikrometerplatte.

Das Instrument ist mit den beiden Objektklemmen in der Ausstattung komplett. Liegend wird das Mikroskop im Mahagonikasten untergebracht.

Dieses Stativ 5 wird im Preis-Courant des optischen Institutes von E. Gundlach Berlin

aus dem Oktober 1869 angeboten als:

No. 5 Mittleres festes Mikroskop (ohne Schiefstellung); mit Blei gefüllter Messingfuss; Cylinderblendung mit einfacher vertikaler Schiebung und ohne Schlitten (3 Diaphragmen); Hohl- und Planspiegel nach beiden Seiten hin beweglich. Schnelle Bewegung des Tubus durch freie Schiebung; genaue Einstellung mittelst feiner Schraube, deren Handknopf sich unter der Tubussäule befindet (Bewegung ohne Friction, siehe No. 1). Hierzu die Objective Nr. I, III, V und VIIb , Oculare Nr. I, II und III; letzteres mit Mikrometer zum Einschieben; Vergrösserung 30-1150fach; Condensator [sic!], 8 Test-Objecte, 12 Objectträger, Deckgläser etc. In starkem Mahagoni-Kasten, die Objective in besonderem Leder-Etui … 68 Thlr.

[…]

Dasselbe Instrument mit den Objectiven Nr. I, III und V, Ocularen I und III; Vergrösserung 30-500fach; Mikrometer, 4 Test-Objecte, 6 Objectträger, Deckgläser etc. … 42 Thlr.

[…]

Damit kostet das hier gezeigte Mikroskop 1869 laut Preisliste 42 Thaler.

Auch der berühmte Bakteriologe Ferdinand Julius Cohn

lobt Mikroskope aus der Werkstatt von Ernst Gundlach besonders. In 45. Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur (Josef Max und Komp., Breslau 1871: 77-78) hebt Prof. F. J. Cohn im Bericht der Versammlung der Gesellschaft vom 31. Januar 1867 Gundlachs Streben nach Herstellung sehr vollkommener und dabei sehr billiger Mikroskope hervor:

Ein besonderes Verdienst hat sich Gundlach durch Herstellung von Immersionssystemen erworben, bei denen die kostspielige Correction der Hartnack’schen Linsen durch Eintauchen in einen mehr oder weniger concentrirten Glycerintropfen sinn- und erfolgreich ersetzt wird; die Gundlach’schen Immersionssysteme lösen bei geradem Licht und sehr starker Vergrösserung die Streifen von Pleurosigma angulatum mit ungewöhnlicher Vollkommenheit und stehen, soweit meine bisherigen Erfahrungen reichen, den Hartnack’schen Immersionslinsen nur in der Lichtstärke etwas nach. Dabei ist ihr Preis äusserst mässig; er beträgt für System 7 mit Glyzerin-Immersion und Oeffnungswinkel 175°, Vergrösserung 1140, nur 12 Thlr., während bei Hartnack das Immersionssystem Nr. 9 150 Frcs., Nr. 10 200 und Nr. 11 250 Frcs. kostet; ein Gundlach’sches Immerionssystem mit Correction kostet 15 Thlr. Sehr empfehlendswerth ist auch Gundlachs Präparirmikroskop, deren eins im Besitz des hiesigen phytophysiologischen Instituts ist; es kostet mit zwei Doubletts (Vrg. 10 und 20) und festem Mahagonikasten, zum Auflegen der Hände eingerichtet, 12 Thlr.

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Prof. F. J. Cohn bleibt treuer Kunde von Gundlach und so ist im 48. Jahres-Bericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur (Josef Max und Komp., Breslau 1871: 97) zu lesen, dass Cohn für das Pflanzenphysiologische Institut der Universität Breslau ein Stativ Nr. 5 (den konstruktiven Nachfolger des hier gezeigten Mikroskops) von Gundlach, entsprechend dem hier gezeigten, mit den Objektiven II, IV, VI und VIII erworben hat und bei der fünften Versammlung der Gesellschaft im Frühjahr 1870 diesen Optiken bescheinigt, eine colossale Stärke der Vergrösserung, Reinheit des Bildes, Grösse des Gesichtsfeldes und der Focaldistanz [zu vereinigen] wie sie in dieser Vollendung bisher allein Hartnack zu leisten im Stande war.

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Über Ernst Gundlach

Über Ernst Gundlach

Ernst Gundlach wird 1834 in Pyritz (Pommern) geboren und geht ab dem 14. Lebensjahr beim Berliner Hofmechaniker Carl Friedrich Lewert in die Lehre. Nach Abschluss seiner Ausbildung dort reist er über Wien und Amsterdam nach Paris um unter anderem in der Werkstatt von Oberhäuser/Hartnack zu arbeiten. Schließlich führt ihn seine Wanderschaft nach Wetzlar wo er im Optischen Institut arbeitet, welches zu jener Zeit (1858) von Friedrich Belthle geleitet wird. In Wetzlar heiratet Gundlach im Sommer 1859 und gründet mit Unterstützung seines aus jener Stadt stammenden Schwagers einen eigenen Betrieb. Die beiden Brüder Wilhelm (1840 – 1925) und Heinrich (1842 – 1907) Seibert, welche als Verwandte Kellners noch unter dem Institutsgründer angelernt worden sind, kann Gundlach für seine neue Firma gewinnen und zur Kündigung bei Belthle überreden.

Knapp ein Jahr später geht das Unternehmen jedoch wieder ein und Gundlach reist nach England ohne seine Schulden in Wetzlar zu begleichen.

Auf den britischen Inseln arbeitet er bei verschiedenen Optikern und Mechanikern und kehrt schließlich nach Deutschland zurück um 1865 ein Optisches Institut in Berlin zu gründen.

Durch diese Reputation und hohe Löhne gelingt es Gundlach die ihm aus der Vergangenheit bekannten Gebrüder Seibert in Wetzlar bereits 1866 bzw. 1867 für die Produktion von Optiken und Stativen für seine Berliner Firma zu überzeugen. Beide haben mittlerweile Erfahrung in anderen Werkstätten gesammelt und beliefern zuvor Belthle in Heimarbeit, bis sie schließlich ausschließlich für Gundlach fertigen. Während Heinrich Seibert Mikroskoplinsen zur Fassung nach Berlin liefert, produziert Wilhelm Seibert Stative für Ernst Gundlach.

Noch bevor das Mikroskop mit der Seriennummer 750 gefertigt wird zieht das expandierende Unternehmen im Februar 1871 in der Leibnitzstraße nach Charlottenburg; von nun an lautet die Signatur auf den Mikroskopen nur noch E. Gundlach. Die überdurchschnittlich hohen Löhne werden Gundlach zum Verhängnis und so muss er im August 1872 Konkurs anmelden.

Mit finanzieller Beteiligung des Wetzlarer Kaufmanns Georg Krafft machen sich Wilhelm und Heinrich Seibert wenige Monate zuvor selbständig und stellen ihre Lieferungen an Gundlach ein, da dieser die Wechsel nicht mehr begleicht. Im Spätsommer 1872 übernimmt diese Firma das Unternehmen von Gundlach und signiert die Mikroskope zunächst noch mit E. Gundlach. In den Wintermonaten 1873 wird das Mikroskop mit der Seriennummer 1000 gefertigt. Schließlich verlegt man die Werkstätte mit dem Namen E. Gundlach’s Nachfolger Seibert & Krafft zum 1. Oktober 1873 nach Wetzlar. Die Nummerierung von Gundlach wird ohne Unterbrechung weitergeführt.

Gundlach verpflichtet sich beim Verkauf der Firma an Seibert & Krafft dazu, in den kommenden 25 Jahren in Deutschland kein Unternehmen mehr zu gründen. Er wandert mit seiner Frau und dem gerade 4 Wochen alten Sohn Karl im September 1872 in die USA aus um dort kurzzeitig mit Prof. Robert Bruce Tolles zusammen zu arbeiten. Schließlich baut Gundlach 1876 die neu gebildete Mikroskop-Abteilung von Bausch & Lomb Optical Company auf und entwickelt hier unter anderem den Professional-Stand (darauf verschiedene Patente, sowie die Goldmedaille auf der Weltausstellung in Philadelphia). Im Jahr 1878 macht sich der als im persönlichen Umgang schwierig beschriebene Ernst Gundlach mit der Gründung der Gundlach Manhattan Optical Comp. in Rochester, NY selbstständig – die Firma wird 1884 in Gundlach Optical Company umbenannt und 1893 zieht sich Gundlach aus dem Unternehmen zurück. 1904 kehrt Gundlach nach Berlin zurück, er soll hier in hohem Alter noch einmal einen Betrieb gegründet haben – 1908 erliegt er den Folgen eines Schlaganfalls.

Über dieses Exponat

Über dieses Exponat

Ende September 2009 kann das Mikroskop aus den USA für diese Sammlung erworben werden.

Referenzen und Vergleiche

Vergleiche:

2, 37, 89

Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.