Carl Friedrich Wilhelm Reichert in Wien
Zaponiertes, geschwärztes und vernickeltes Messing, Stahl. Instrument mit Auszugtubus, Schiebetubus zur groben Fokussierung und Feinfokus an der Säule über Rändelrad, Konkav- und Planspiegel, Lochblendenscheibenrevolver.
C. Reichert Wien. No. 27721
Objektive Nr. 3 und Nr. 7a. Beiden mit zugehörigen Dosen, ein unsigniertes Okular. Den Abdrücken in der Polsterung des Kastens nach zu schließen handelt es sich dabei um die Ausstattung bei Auslieferung des Instrumentes.
Typisches Instrument von Carl Reichert – sehr deutlich erkennt man die Parallelen zum Stativ III der Firma Ernst Leitz Wetzlar.
Carl Friedrich Wilhelm Reichert wird am 26.12.1851 in Sersheim, Württemberg geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern lebt er bei seinem Großvater und geht in Bietigheim zur Schule. Eine Mechanikerlehre beginnt er 1865 bei W. Stierle, Heilbronn. Parallel dazu besucht er die gewerbliche Fortbildungsschule. Nachdem er als Geselle in mehreren mechanischen Unternehmen gearbeitet hat, reist Reichert über Mainz, Köln, Duisburg, Essen, Hannover nach Hamburg. Später zieht es ihn nach Berlin, wo er bei Siemens und Halske Arbeit findet. Schon 1870 fährt der junge Reichert via Leipzig, Dresden und Prag nach Wien. Bedingt durch den deutsch-französischen Krieg verläßt Reichert Wien und zieht mit gleichgesinnten Mechanikern nach Neuchâtel in die Schweiz. Kurze Zeit lebt Reichert danach in Karlsruhe, von wo aus er im Frühjahr 1872 in Pforzheim auf die Firma Öchsle stößt. Beim Vater des damaligen Besitzers war zufällig auch Ernst Leitz in die Lehre gegangen und so kommt es, dass Reichert nach Wetzlar zieht. Ursprünglich ist eine Beteiligung Reicherts an den Leitz’schen Werkstätten geplant. Nach einem einjährigen Aufenthalt bei Hartnack, Potsdam kehrt Reichert 1875 nach Wetzlar zurück, störte sich aber daran, dass Frau Leitz sich zunehmend in die Geschäfte einmischt.
Einvernehmlich trennt sich Reichert von Leitz und übersiedelt mit zwei Mechanikern im November 1876 in die Mölkergasse 3, Wien. Dort werden nach Hartnack’schem Vorbild Mikroskope hergestellt.
Als sich das Unternehmen gefestigt hat, übersiedelt die Werkstatt im Jahre 1878 in die Laudongasse 40 und Reichert nimmt im gleichen Jahr die Schwägerin von Ernst Leitz zur Frau, welche jedoch schon im März 1881 an Kindbettfieber stirbt. Mitte November des selben Jahres heiratet Reichert die Schwester seiner verstorbenen Frau. Die Werkstatt ist 1881 ebenfalls umgezogen und befindet sich nun in der Bennogasse 26.
Der erste Erfolg der Firma ist die Pariser Ausstellung 1878. Der damalige österreichische Generalkommissär der Optik und Mechanik, Freiherrn von Wertheim veranlaßt Carl Reichert das junge Unternehmen hier mit seinen Mikroskopen vorzustellen. Der Firma kann sämtliche ausgestellten Instrumente verkaufen und bekommt die große Goldene Medaille verliehen.
Derart ausgezeichnet laufen rasch viele Bestellungen weiterer Mikroskope in Wien ein – mit 50 Mitarbeitern verkauft Carl Reichert bereits 1883 sein Mikroskop Nr. 1000.
Das universelle Stativ Reicherts nach dem Vorbilde Hartnacks wird 1889 auf der Pariser Weltausstellung wiederum mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet.
Im Jahre 1891 wird die Seriennummer 10000 erreicht und noch vor der Jahrhundertwende kann das 20000ste Mikroskop 1898 die Werkstatt verlassen.
Am 12.12.1922 verstirbt der Kaiserliche Rat Carl Reichert in Wien.
Referenz 2, 3, 9, 22, 25 , 82 sowie „Quekett Journal of Microscopy“, 2001, 39, S. 59-72 sowie 136 sowie Quekett Journal of Microscopy 39, 2001: 59-72; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop um 1905 / Signatur: C. Reichert, Wien, No. 28501“, Museal-Nr. 30.900
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Carl Friedrich Wilhelm Reichert in Wien
Zaponiertes, geschwärztes und vernickeltes Messing, Stahl, vulkanisierte Tischenplattenauflage (hierdurch wird ein Verkratzen der Objektträger verhindert und die matt-schwarze Oberfläche wirkt jeglichen störenden Spiegelreflexen entgegen). Instrument mit Auszugtubus, Grobeinstellung durch seitliche Rändelräder, Feinfokus an der Säule über Rändelrad mit Zeiger und 50 Teilen, dieses Rad graviert: 1 U = 0′ 37 m/m . Über seitlichen Zahntreib abfahrbarer und ausschwenkbarer Beleuchtungsapparat mit Abbékondensor. Konkav- und Planspiegel, über 5 Lager (!) beliebig verstellbar und über den Tisch schwenkbar – um so auch opake Objekte zum Mikroskopieren beleuchten zu können. Dreifachobjektivrevolver, in Schreibschrift signiert: C. Reichert Wien.
ist das Mikroskop dekorativ signiert:
C. Reichert Wien,
VIII. Bennogasse 26. No 11692
Ferner dem Benutzer zugewandt auf dem Hufeisenfuß Herstellernachweis:
C. Reichert Wien
Nr. 2, Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 8a . Zusätzlich Objektiv Homog. im. 1/12“ Apert. 1.30 signiert ferner: C. Reichert, Wien No 3441.
Okulare Nr. 2 Micrometer, Nr. 4 und Nr. 5; Lochblendeneinsatz.
wird am 26.12.1851 in Sersheim, Württemberg geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern lebt er bei seinem Großvater und geht in Bietigheim zur Schule. Eine Mechanikerlehre beginnt er 1865 bei W. Stierle, Heilbronn. Parallel dazu besucht er die gewerbliche Fortbildungsschule. Nachdem er als Geselle in mehreren mechanischen Unternehmen gearbeitet hat, reist Reichert über Mainz, Köln, Duisburg, Essen, Hannover nach Hamburg. Später zieht es ihn nach Berlin, wo er bei Siemens und Halske Arbeit findet. Schon 1870 fährt der junge Reichert via Leipzig, Dresden und Prag nach Wien. Bedingt durch den deutsch-französischen Krieg verläßt Reichert Wien und zieht mit gleichgesinnten Mechanikern nach Neuchâtel in die Schweiz. Kurze Zeit lebt Reichert danach in Karlsruhe, von wo aus er im Frühjahr 1872 in Pforzheim auf die Firma Öchsle stößt. Beim Vater des damaligen Besitzers war zufällig auch Ernst Leitz in die Lehre gegangen und so kommt es, dass Reichert nach Wetzlar zieht. Ursprünglich ist eine Beteiligung Reicherts an den Leitz’schen Werkstätten geplant. Nach einem einjährigen Aufenthalt bei Hartnack, Potsdam kehrt Reichert 1875 nach Wetzlar zurück, störte sich aber daran, dass Frau Leitz sich zunehmend in die Geschäfte einmischt.
Einvernehmlich trennt sich Reichert von Leitz und übersiedelt mit zwei Mechanikern im November 1876 in die Mölkergasse 3, Wien. Dort werden nach Hartnack’schem Vorbild Mikroskope hergestellt.
Als sich das Unternehmen gefestigt hat, übersiedelt die Werkstatt im Jahre 1878 in die Laudongasse 40 und Reichert nimmt im gleichen Jahr die Schwägerin von Ernst Leitz zur Frau, welche jedoch schon im März 1881 an Kindbettfieber stirbt. Mitte November des selben Jahres heiratet Reichert die Schwester seiner verstorbenen Frau. Die Werkstatt ist 1881 ebenfalls umgezogen und befindet sich nun in der Bennogasse 26.
Der erste Erfolg der Firma ist die Pariser Ausstellung 1878. Der damalige österreichische Generalkommissär der Optik und Mechanik, Freiherrn von Wertheim veranlaßt Carl Reichert das junge Unternehmen hier mit seinen Mikroskopen vorzustellen. Der Firma kann sämtliche ausgestellten Instrumente verkaufen und bekommt die große Goldene Medaille verliehen.
Derart ausgezeichnet laufen rasch viele Bestellungen weiterer Mikroskope in Wien ein – mit 50 Mitarbeitern verkauft Carl Reichert bereits 1883 sein Mikroskop Nr. 1000.
Das universelle Stativ Reicherts nach dem Vorbilde Hartnacks wird 1889 auf der Pariser Weltausstellung wiederum mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet.
Im Jahre 1891 wird die Seriennummer 10000 erreicht und noch vor der Jahrhundertwende kann das 20000ste Mikroskop 1898 die Werkstatt verlassen.
Am 12.12.1922 verstirbt der Kaiserliche Rat Carl Reichert in Wien.
Als Geschenk zum Vordiplom im Fach Maschinenbau an der Universität Karlsruhe (TH) im Jahr 2000 von meinen Eltern – mit freundlicher Unterstützung von Simon Weber-Unger.
Referenz 2, 3, 9, 22, 25, 82, 136 sowie Quekett Journal of Microscopy 39, 2001: 59-72; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop um 1893 / Signatur: C. Reichert, Wien, VIII, Bennogasse 26, No. 10040″, Museal-Nr. 31.583 und“Zusammengesetztes Mikroskop um 1895 / Signatur: C. Reichert, Wien VIII., Bennogasse 26, No. 12675“, Museal-Nr. 24.203
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Carl Friedrich Wilhelm Reichert in Wien
Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und geschwärztem Messing und Stahl. Das Instrument verfügt über einen Auszugtubus, die grobe Fokussierung erfolgt über einen Schiebetubus, die Feineinstellung an der Säule über Rändelrad und Parallelogrammführung nach Roberval.
abgeblendet wird mit der sehr selten zu findenden gewölbte Lochblendenscheibe (diese ermöglicht eine rasch einstellbare Aperturblende denkbar dicht am Objekt, wie sie sonst nur mit einer aufwendiger zu wechselnden Zylinderlochblende in Schiebehülse zu bewerkstelligen wäre). Alternativ kann eine Kondensorlinse mit signierter Irisblende C. Reichert Wien in den Strahlengang eingebracht werden.
Auf dem Hufeisenfuß ist der Herstellername kursiv graviert:
C. Reichert Wien
VIII Bennogasse 26
Die Seriennummer ist im Kasten eingeprägt und auf der Säule am Hufeisenfuß eingeschlagen: No. 6877
Im Kasten befinden sich in gesondertem Lederkästchen die Objektive Nr. 3, Nr. 8a und Immersion X (Wasserimmersion), sowie die Okulare Nr.2 und Nr.4 .
(160 mm Tububslänge, 250 mm Sehweite) laut Preisliste von 1885.
Objektiv | Aequivalente | Aequivalente | Numerische | Öffnungswinkel | Vergrößerung | |
2 | 4 | |||||
3 | 15.5 | 1/2 | 0.34 | 40° | 65 | 100 |
8a | 2.8 | 1/9 | 0.87 | 120° | 450 | 620 |
10 | 1.7 | 1/15 | 1.10 bis 1.20 | 600 | 950 |
– sehr deutlich erkennt man die Parallelen zum Stativ IV der Firma Ernst Leitz Wetzlar. Dieses Stativ wird ohne optische Zusätze im „Preisverzeichniss der Mikroskope, Mikrotome und Nebenapparate von C. Reichert in Wien“ im Jahre 1885 gelistet als [Preise in österreichischen Gulden, Reichsmark und Francs]:
No.IIIa. 11. Neues Stativ. Grobe Einstellung durch Tubusschiebung,
feine durch Mikrometerschraube à la Roberval, mit gewölbter Blendscheibe, Spiegel plan und konkav, seitlich verstellbar, sonst in Grösse und Stabilität wie No. III. 32 fl. 52 M. 65 Fr.
Der Kondensor wird zu dieser Zeit nur für das große Stativ Ia mit, ansonsten noch ohne Irisblende angeboten:
No.80. Kondensor mit Apertur 1.15 oder 1.30 20 fl. 35 M. 44 Fr.
Das Objektiv Nr.3 kostet 1885 dazu 17 Mark, Nr.8a schon 42 Mark und Immersion X sogar 70 Mark, die Okulare je weitere 7 Mark. In summa kommt das Instrument in der vorliegenden Ausstattung damit auf einen Preis von 230 Mark.
Im Deckel des Kastens ist ein Zettel des Zwischenhändlers eingeklebt:
N.H. Seward
Optician.
459 Bourke Street
Melbourne.
wird am 26.12.1851 in Sersheim, Württemberg geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern lebt er bei seinem Großvater und geht in Bietigheim zur Schule. Eine Mechanikerlehre beginnt er 1865 bei W. Stierle, Heilbronn. Parallel dazu besucht er die gewerbliche Fortbildungsschule. Nachdem er als Geselle in mehreren mechanischen Unternehmen gearbeitet hat, reist Reichert über Mainz, Köln, Duisburg, Essen, Hannover nach Hamburg. Später zieht es ihn nach Berlin, wo er bei Siemens und Halske Arbeit findet. Schon 1870 fährt der junge Reichert via Leipzig, Dresden und Prag nach Wien. Bedingt durch den deutsch-französischen Krieg verläßt Reichert Wien und zieht mit gleichgesinnten Mechanikern nach Neuchâtel in die Schweiz. Kurze Zeit lebt Reichert danach in Karlsruhe, von wo aus er im Frühjahr 1872 in Pforzheim auf die Firma Öchsle stößt. Beim Vater des damaligen Besitzers war zufällig auch Ernst Leitz in die Lehre gegangen und so kommt es, dass Reichert nach Wetzlar zieht. Ursprünglich ist eine Beteiligung Reicherts an den Leitz’schen Werkstätten geplant. Nach einem einjährigen Aufenthalt bei Hartnack, Potsdam kehrt Reichert 1875 nach Wetzlar zurück, störte sich aber daran, dass Frau Leitz sich zunehmend in die Geschäfte einmischt.
Einvernehmlich trennt sich Reichert von Leitz und übersiedelt mit zwei Mechanikern im November 1876 in die Mölkergasse 3, Wien. Dort werden nach Hartnack’schem Vorbild Mikroskope wie das hier gezeigte hergestellt.
Als sich das Unternehmen gefestigt hat, übersiedelt die Werkstatt im Jahre 1878 in die Laudongasse 40 und Reichert nimmt im gleichen Jahr die Schwägerin von Ernst Leitz zur Frau, welche jedoch schon im März 1881 an Kindbettfieber stirbt. Mitte November des selben Jahres heiratet Reichert die Schwester seiner verstorbenen Frau. Die Werkstatt ist 1881 ebenfalls umgezogen und befindet sich nun in der Bennogasse 26.
Der erste Erfolg der Firma ist die Pariser Ausstellung 1878. Der damalige österreichische Generalkommissär der Optik und Mechanik, Freiherrn von Wertheim veranlaßt Carl Reichert das junge Unternehmen hier mit seinen Mikroskopen vorzustellen. Der Firma kann sämtliche ausgestellten Instrumente verkaufen und bekommt die große Goldene Medaille verliehen.
Derart ausgezeichnet laufen rasch viele Bestellungen weiterer Mikroskope in Wien ein – mit 50 Mitarbeitern verkauft Carl Reichert bereits 1883 sein Mikroskop Nr. 1000.
Das universelle Stativ Reicherts nach dem Vorbilde Hartnacks wird 1889 auf der Pariser Weltausstellung wiederum mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet.
Im Jahre 1891 wird die Seriennummer 10000 erreicht und noch vor der Jahrhundertwende kann das 20000ste Mikroskop 1898 die Werkstatt verlassen.
Am 12.12.1922 verstirbt der Kaiserliche Rat Carl Reichert in Wien.
Im Frühjahr 2004 kann das Mikroskop aus Australien für diese Sammlung erworben werden.
2, 3, 9, 22, 25, 82, 136 sowie Quekett Journal of Microscopy 39, 2001: 59-72; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop um 1888 / Signatur: C. Reichert, Wien, VIII., Bennogasse 26“, Seriennummer 7038 mit gewöhnlicher Lochblendenscheibe, Museal-Nr. 25.139 und „Zusammengesetztes Mikroskop um 1881 / Signatur: C. Reichert, VIII. Bez., Bennogasse 26, Wien“, mit gewöhnlicher Lochblendenscheibe, Museal-Nr. 28.110; Billings Collection Washington: „C. Reichert, Vienna, Austria; 1888“ signiert „C. Reichert, VIII Bez Bennogasse 26, Wien“ mit gewöhnlicher Lochblendenscheibe, AFIP 708897-68-8625-9 (Abb. 441, S. 223)
2, 3, 9, 22, 25, 82 sowie „Quekett Journal of Microscopy“, 2001, 39, S. 59-72
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Carl Friedrich Wilhelm Reichert in Wien
– im Jargon der Reichert-Mitarbeiter als Geißfuß (österreichisch für Ziegenfuß) bezeichnetes Stativ. Zaponiertes, geschwärztes und schwarz lackiertes Messing, Stahl. Das einfache Mikroskop mit Auszugstubus verfügt nur über einen einzigen Trieb mit seitlichen Rändelrädern die auf eine Schrägverzahnung wirken.
ist somit nur für geringe bis mittlere Vergrößerungen geeignet.
Sehr ansprechend wirkt das hochgezogene Vollmessingstativ in seinem schwarzen Lack mit den Golddekorstreifen.
Der im Zapon tadellose Tubus ist in Schreibschrift dekorativ signiert
C. Reichert.
VIII Bennogasse No. 26
Wien
Am ebenfalls zaponierten Rand der runden Tischplatte prangt vom Benutzer aus gesehen rechts die Seriennummer No. 6787.
Ausgestattet ist das Mikroskop mit dem Okular Nr. 3 und seltsamerweise mit einem Objektiv Nr. 7 der Firma Rudolf Wasserlein, Berlin mit Adapterring für Reichert-Gewinde.
wird am 26.12.1851 in Sersheim, Württemberg geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern lebt er bei seinem Großvater und geht in Bietigheim zur Schule. Eine Mechanikerlehre beginnt er 1865 bei W. Stierle, Heilbronn. Parallel dazu besucht er die gewerbliche Fortbildungsschule. Nachdem er als Geselle in mehreren mechanischen Unternehmen gearbeitet hat, reist Reichert über Mainz, Köln, Duisburg, Essen, Hannover nach Hamburg. Später zieht es ihn nach Berlin, wo er bei Siemens und Halske Arbeit findet. Schon 1870 fährt der junge Reichert via Leipzig, Dresden und Prag nach Wien. Bedingt durch den deutsch-französischen Krieg verläßt Reichert Wien und zieht mit gleichgesinnten Mechanikern nach Neuchâtel in die Schweiz. Kurze Zeit lebt Reichert danach in Karlsruhe, von wo aus er im Frühjahr 1872 in Pforzheim auf die Firma Öchsle stößt. Beim Vater des damaligen Besitzers war zufällig auch Ernst Leitz in die Lehre gegangen und so kommt es, dass Reichert nach Wetzlar zieht. Ursprünglich ist eine Beteiligung Reicherts an den Leitz’schen Werkstätten geplant. Nach einem einjährigen Aufenthalt bei Hartnack, Potsdam kehrt Reichert 1875 nach Wetzlar zurück, störte sich aber daran, dass Frau Leitz sich zunehmend in die Geschäfte einmischt.
Einvernehmlich trennt sich Reichert von Leitz und übersiedelt mit zwei Mechanikern im November 1876 in die Mölkergasse 3, Wien. Dort werden nach Hartnack’schem Vorbild Mikroskope wie das hier gezeigte hergestellt.
Als sich das Unternehmen gefestigt hat, übersiedelt die Werkstatt im Jahre 1878 in die Laudongasse 40 und Reichert nimmt im gleichen Jahr die Schwägerin von Ernst Leitz zur Frau, welche jedoch schon im März 1881 an Kindbettfieber stirbt. Mitte November des selben Jahres heiratet Reichert die Schwester seiner verstorbenen Frau. Die Werkstatt ist 1881 ebenfalls umgezogen und befindet sich nun in der Bennogasse 26.
Der erste Erfolg der Firma ist die Pariser Ausstellung 1878. Der damalige österreichische Generalkommissär der Optik und Mechanik, Freiherrn von Wertheim veranlaßt Carl Reichert das junge Unternehmen hier mit seinen Mikroskopen vorzustellen. Der Firma kann sämtliche ausgestellten Instrumente verkaufen und bekommt die große Goldene Medaille verliehen.
Derart ausgezeichnet laufen rasch viele Bestellungen weiterer Mikroskope in Wien ein – mit 50 Mitarbeitern verkauft Carl Reichert bereits 1883 sein Mikroskop Nr. 1000.
Das universelle Stativ Reicherts nach dem Vorbilde Hartnacks wird 1889 auf der Pariser Weltausstellung wiederum mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet.
Im Jahre 1891 wird die Seriennummer 10000 erreicht und noch vor der Jahrhundertwende kann das 20000ste Mikroskop 1898 die Werkstatt verlassen.
Am 12.12.1922 verstirbt der Kaiserliche Rat Carl Reichert in Wien.
In den 1990ern taucht dieses Instrument bei einem Antiquitätenhändler auf der Halbinsel Krim auf – über Hannover gelangt das Mikroskop im Dezember 2003 in diese Sammlung.
Besonders gedankt sei Manfred Feige, Hannover, dem als professionellen Händler bei diesem Mikroskop im Dezember 2003 Idealismus über Profit geht und der ermöglicht, dass dieses Instrument in Deutschland bleiben kann und in die Sammlung gelangt; weiterer Dank gebührt Tilman Halder der kurzfristig bei der Finanzierung des Mikroskops half.
2, 3, 9, 22, 25, 82 sowie „Quekett Journal of Microscopy“, 2001, 39, S. 59-72
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Carl Friedrich Wilhelm Reichert in Wien
Das Mikroskop ist aus zaponiertem und geschwärztem Messing und Stahl gefertigt. Dieses Instrument verfügt über einen vernickelten Auszugtubus mit Millimeterteilung, einen Grobtrieb auf eine geradverzahnte Stange sowie eine Prismenfeintrieb, letzterer trägt an der Glocke eine Teilung mit 100 Segmenten und die Bezeichnung 1 U = 0,5 m/m d.h. Inkremente zu 5 Mikrometern können gemessen werden. Die Tischplatte besteht aus schwarz gebeiztem Messing, die breiten Objektklammern aus vernickltem bzw. zaponiertem Messing.
Das Mikroskop ist um seine optische Achse drehbar und kann wahlweise mit einem von zwei Beleuchtungsapparten bestückt werden. Die einfache Zylinderblendung mit drei Apertureinsätzen ist in einer Schiebehülse gefasst, welche ihrerseits in einer Schwalbenschwanzführung gegen die Ebene geneigt seitlich unter der Tischplatte eingeführt werden kann; der zugehörige Plan- und Konkavspiegel ist über sechs Lager frei beweglich. Der alternativ anzuwendende Abbe’sche Beleuchtungsapparat ist mit einem eigenen Plan- und Konkavspiegel ausgerüstet, der Diaphragmenträger an diesem Apparat kann seitlich ausgeschlagen werden, ist drehbar und über Zahn und Trieb aus der optischen Achsen bewegbar, es sind neben einer Dunkelfeldblende fünf weitere Blendenscheiben vorhanden.
Auf dem Tubus ist das Mikroskop dekorativ signiert:
C. Reichert
VIII Bennogasse 26
Wien
Im Kasten ist die Seriennummer eingebrannt: No. 3233
– an dessen Außengewinden nach Hartnack sind die Zahlen 3, 5 und 7 eingeschlagen. In der Objektivbüchse No. 8a / C. Reichert / Wien ist das Objektiv Nr.7a untergebracht. Dem Kasten nach war dieses Mikroskop ursprünglich noch mit einem kleinen Lederkästchen für die Objektive Nr.3, 5 und 7a versehen. Objektiv Nr. 5 und Nr. 8a sind abhanden gekommen. Jetzt stellt sich die optische Ausstattung wie folgt dar: Objektive Nr.3, Nr.7a, Nr.IX mit Korrektionsfassung (Objektivseriennummer 360 in der Fassung graviert) in zugehöriger Büchse No.IX / C. Reichert / Wien sowie Ölimmersionsobjektiv Homog. im. 1/20„ (Objektivseriennummer 378 in der Fassung graviert) mit Büchse 1/20“ Homog.im. / C. Reichert / Wien. Für die Objektive wird eine Dunkelfeldaperturblende aus geschwärztem Messing im Kasten aufbewahrt.
Nr.1, Nr.2 Micrometer (mit 100 Teilstrichen über das gesamte Gesichtsfeld), Nr.3, Nr.4 und Nr.5 sowie das orthoskopische Okular Nr. VI Orth.
(160 mm Tububslänge, 250 mm Sehweite) laut Preisliste von 1885.
Objektiv | Aequivalente | Aequivalente | Numerische | Öffnungs- winkel | Preis | Vergrößerung mit Okular Nr. | ||||||||
1 | 2 | 3 | 4 | 5 | VI | |||||||||
fl. | M. | Fr. | Eigen- | 3 | 4 | 5,5 | 7 | 9 | 12 | |||||
3 | 15.5 | 1/2 | 0.34 | 40° | 10.– | 17.– | 21.– | 50 | 65 | 80 | 100 | 130 | 160 | |
7a | 3.6 | 1/6 | 0.82 | 110° | 22.– | 38.– | 47.50 | 250 | 300 | 340 | 440 | 570 | 700 | |
9* | 2.0 | 1/12 | 0.95 | 140° | 40.– | 70.– | 88.– | 430 | 540 | 620 | 800 | 1100 | 1400 | |
Homogene Immersionsobjektive | ||||||||||||||
19 | 1.2 | 1/20 | 1.25 bis 1.30 | 150.– | 260.– | 325.– | 740 | 860 | 1150 | 1500 | 1900 | 3000 |
zum Einlegen in das Okular ist dem Instrument in einer samtgefütterten Lederschatulle C. Reichert Wien ein Objektmikrometer beigefügt:
2 m/m in 200 Theilen .
Eine Camera Lucida nach Zeiss rundet die Ausstattung des Mikroskops ab.
Mikrotome und Nebenapparate von C. Reichert in Wien“ im Jahre 1885 gelistet als [Preise in österreichischen Gulden, Reichsmark und Francs]:
No.I 1. Grosses Stativ, umlegbar mit Drehung um die optische Axe, grober Einstellung durch Zahn und Trieb, feiner durch Mikrometerschraube mit getheiltem Kopfe, mit Millimetertheilung am Auszug des Tubus, Abbe’schem Beleuchtungsapparat; Kondensor mit einer numerischen Apertur von 1.20 oder 1.40, Zylinderblendung an einem drehbaren Arme mittelst Zahn und Trieb zu heben und zu senken und zum Entfernen eingerichtet. Spiegel plan und konkav, nach beiden Seiten, nach vorne und in der höhe verstellbar… 180 fl. 300 M. 375 Fr.
No.II 3. Konstruktion wie No.1, nur etwas kleiner mit weniger hoher Tischplatte, Zylinderblendung mit Schlitten … 100 fl. 170 M. 213Fr.
4. Dasselbe mit Abbe’schem Beleuchtungsapparat … 130 fl. 220 M. 275 Fr.
No.27 Gewöhnliche Huygens’sche Okulare I, II, III, IV, V à 4 fl. 7 M. 9 Fr.
No.28 Orthoskopisches Okular II, III, IV, VI … à 8 fl. 14 M. 18 Fr.
No.69 Revolver-Objektivträger für 3 Objektive … 15 fl. 27 M. 33 Fr.
No.72 Okularglasmikrometer mit Fassung zum Einlegen, Länge der Theilung 5 Mm. = 50 Theile … 3 fl. 5 M. 6 Fr.
No.73 Okularmikrometer, 10 Mm. in 100 Theile getheilt … 6 fl. 10 M. 13 Fr.
No.74 Mikrometerokular, der Mikrometer gefasst, 10 Mm. in 100 Theile getheilt, in Okular No. 1, 2 oder 3 … 10 fl. 17 M. 21 Fr.
No.75 Objektivmikrometer, 1 Mm. = 100 Theile (in Etui) … 5 fl. 9 M. 11 Fr.
No.78 Zeichenapparat nach Zeiss mit 2 Prismen … 13 fl. 21 M. 26 Fr.
[No.1 und No.72 sind nur zum Verständnis der Liste mit aufgeführt]
In summa beläuft sich der Preis im Jahre 1885 für dieses Mikroskop mit den noch erhaltenen Objektiven somit auf 731.- Mark.
wird am 26.12.1851 in Sersheim, Württemberg geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern lebt er bei seinem Großvater und geht in Bietigheim zur Schule. Eine Mechanikerlehre beginnt er 1865 bei W. Stierle, Heilbronn. Parallel dazu besucht er die gewerbliche Fortbildungsschule. Nachdem er als Geselle in mehreren mechanischen Unternehmen gearbeitet hat, reist Reichert über Mainz, Köln, Duisburg, Essen, Hannover nach Hamburg. Später zieht es ihn nach Berlin, wo er bei Siemens und Halske Arbeit findet. Schon 1870 fährt der junge Reichert via Leipzig, Dresden und Prag nach Wien. Bedingt durch den deutsch-französischen Krieg verläßt Reichert Wien und zieht mit gleichgesinnten Mechanikern nach Neuchâtel in die Schweiz. Kurze Zeit lebt Reichert danach in Karlsruhe, von wo aus er im Frühjahr 1872 in Pforzheim auf die Firma Öchsle stößt. Beim Vater des damaligen Besitzers war zufällig auch Ernst Leitz in die Lehre gegangen und so kommt es, dass Reichert nach Wetzlar zieht. Ursprünglich ist eine Beteiligung Reicherts an den Leitz’schen Werkstätten geplant. Nach einem einjährigen Aufenthalt bei Hartnack, Potsdam kehrt Reichert 1875 nach Wetzlar zurück, störte sich aber daran, dass Frau Leitz sich zunehmend in die Geschäfte einmischt.
Einvernehmlich trennt sich Reichert von Leitz und übersiedelt mit zwei Mechanikern im November 1876 in die Mölkergasse 3, Wien. Dort werden nach Hartnack’schem Vorbild Mikroskope wie das hier gezeigte hergestellt.
Als sich das Unternehmen gefestigt hat, übersiedelt die Werkstatt im Jahre 1878 in die Laudongasse 40 und Reichert nimmt im gleichen Jahr die Schwägerin von Ernst Leitz zur Frau, welche jedoch schon im März 1881 an Kindbettfieber stirbt. Mitte November des selben Jahres heiratet Reichert die Schwester seiner verstorbenen Frau. Die Werkstatt ist 1881 ebenfalls umgezogen und befindet sich nun in der Bennogasse 26.
Der erste Erfolg der Firma ist die Pariser Ausstellung 1878. Der damalige österreichische Generalkommissär der Optik und Mechanik, Freiherrn von Wertheim veranlaßt Carl Reichert das junge Unternehmen hier mit seinen Mikroskopen vorzustellen. Der Firma kann sämtliche ausgestellten Instrumente verkaufen und bekommt die große Goldene Medaille verliehen.
Derart ausgezeichnet laufen rasch viele Bestellungen weiterer Mikroskope in Wien ein – mit 50 Mitarbeitern verkauft Carl Reichert bereits 1883 sein Mikroskop Nr. 1000.
Das universelle Stativ Reicherts nach dem Vorbilde Hartnacks wird 1889 auf der Pariser Weltausstellung wiederum mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet.
Im Jahre 1891 wird die Seriennummer 10000 erreicht und noch vor der Jahrhundertwende kann das 20000ste Mikroskop 1898 die Werkstatt verlassen.
Am 12.12.1922 verstirbt der Kaiserliche Rat Carl Reichert in Wien.
In den 1990ern taucht dieses Instrument bei einem Antiquitätenhändler auf der Halbinsel Krim auf – über Hannover gelangt das Mikroskop im Dezember 2003 in diese Sammlung.
Besonders gedankt sei Manfred Feige, Hannover, dem als professionellen Händler bei diesem Mikroskop im Dezember 2003 Idealismus über Profit geht und der ermöglicht, dass dieses Instrument in Deutschland bleiben kann und in die Sammlung gelangt; weiterer Dank gebührt Tilman Halder der kurzfristig bei der Finanzierung des Mikroskops half.
2, 3, 9, 22, 25, 82 sowie „Quekett Journal of Microscopy“, 2001, 39, S. 59-72
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Carl Friedrich Wilhelm Reichert in Wien
Zaponiertes und geschwärztes Messing, Stahl.
Dieses Instrument verfügt über einen Auszugtubus. Die grobe Fokussierung geschieht über einen Schiebetubus, zur Feineinstellung wirkt am Ende der Säule ein Rändelrad auf einen stählernen Prismentrieb.
Als Belechtungsapparat verfügt das Mikroskop über einen seitlich verstellbaren Konkav- und Planspiegel mit Lochblende in Schiebehülse, welche ihrerseits in einer Schwalbenschwanzführung gelagert wird. Auf die Tischplatte ist eine Hartgummiplatte geschraubt.
Auf dem Schiebetubus prangt die dekorative Signatur:
C. Reichert
VIII Bez. Mölkergasse 3
Wien
Im Kasten ist die Seriennummer eingeschlagen: No. 33
Im Kasten befinden sich in gesondertem Lederkästchen die Objektive Nr. 3, Nr. 6. und Nr. 8., sowie die Okulare I und III.
An diesem äußerst frühen Mikroskop von Carl Reichert erkennt man sehr deutlich die Parallelen zum Stativ VIII der Firma „Edmund Hartnack Paris & Potsdam“. Ferner ist an den römischen Ziffern der Okularbezeichnung unschwer zu erkennen, dass diese noch mit Hand gemarkt sind.
Die Seriennummer des Mikroskops ist an der Seite des Hufeisens eingeschlagen:
No33
wird am 26.12.1851 in Sersheim, Württemberg geboren. Nach dem frühen Tod seiner Eltern lebt er bei seinem Großvater und geht in Bietigheim zur Schule. Eine Mechanikerlehre beginnt er 1865 bei W. Stierle, Heilbronn. Parallel dazu besucht er die gewerbliche Fortbildungsschule. Nachdem er als Geselle in mehreren mechanischen Unternehmen gearbeitet hat, reist Reichert über Mainz, Köln, Duisburg, Essen, Hannover nach Hamburg. Später zieht es ihn nach Berlin, wo er bei Siemens und Halske Arbeit findet. Schon 1870 fährt der junge Reichert via Leipzig, Dresden und Prag nach Wien. Bedingt durch den deutsch-französischen Krieg verläßt Reichert Wien und zieht mit gleichgesinnten Mechanikern nach Neuchâtel in die Schweiz. Kurze Zeit lebt Reichert danach in Karlsruhe, von wo aus er im Frühjahr 1872 in Pforzheim auf die Firma Öchsle stößt. Beim Vater des damaligen Besitzers war zufällig auch Ernst Leitz in die Lehre gegangen und so kommt es, dass Reichert nach Wetzlar zieht. Ursprünglich ist eine Beteiligung Reicherts an den Leitz’schen Werkstätten geplant. Nach einem einjährigen Aufenthalt bei Hartnack, Potsdam kehrt Reichert 1875 nach Wetzlar zurück, störte sich aber daran, dass Frau Leitz sich zunehmend in die Geschäfte einmischt.
Einvernehmlich trennt sich Reichert von Leitz und übersiedelt mit zwei Mechanikern im November 1876 in die Mölkergasse 3, Wien. Dort werden nach Hartnack’schem Vorbild Mikroskope wie das hier gezeigte hergestellt.
Als sich das Unternehmen gefestigt hat, übersiedelt die Werkstatt im Jahre 1878 in die Laudongasse 40 und Reichert nimmt im gleichen Jahr die Schwägerin von Ernst Leitz zur Frau, welche jedoch schon im März 1881 an Kindbettfieber stirbt. Mitte November des selben Jahres heiratet Reichert die Schwester seiner verstorbenen Frau. Die Werkstatt ist 1881 ebenfalls umgezogen und befindet sich nun in der Bennogasse 26.
Der erste Erfolg der Firma ist die Pariser Ausstellung 1878. Der damalige österreichische Generalkommissär der Optik und Mechanik, Freiherrn von Wertheim veranlaßt Carl Reichert das junge Unternehmen hier mit seinen Mikroskopen vorzustellen. Der Firma kann sämtliche ausgestellten Instrumente verkaufen und bekommt die große Goldene Medaille verliehen.
Derart ausgezeichnet laufen rasch viele Bestellungen weiterer Mikroskope in Wien ein – mit 50 Mitarbeitern verkauft Carl Reichert bereits 1883 sein Mikroskop Nr. 1000.
Das universelle Stativ Reicherts nach dem Vorbilde Hartnacks wird 1889 auf der Pariser Weltausstellung wiederum mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet.
Im Jahre 1891 wird die Seriennummer 10000 erreicht und noch vor der Jahrhundertwende kann das 20000ste Mikroskop 1898 die Werkstatt verlassen.
Am 12.12.1922 verstirbt der Kaiserliche Rat Carl Reichert in Wien.
An wen das Mikroskop ursprünglich verkaufte wurde, ist nicht mehr rekonstruierbar. Aus dem Nachlass des ehemals im Deutschen Primaten Zentrum in der Virologie (HIV) und Immunologie tätigen Dr.med.dent.Dr.med. Georg Julius Kovats von Dalnok (1954 Borsec/Rumänien – 1999 Göttingen), welcher das Instrument von seinem Vater (selbst Arzt und gebürtig in Rumänien) übernommen hatte, kann dieses Mikroskop 2003 für die Sammlung angekauft werden.
Ein identisches Stativ, Seriennummer No.37, ebenfalls aus dem Jahre 1877 wird von Gregor Mendel (1822 – 1884) eingesetzt. Dieser österreichische Begründer der Vererbungslehre verwendet zuvor ein kleines Stativ von Simon Plößl in Wien beziehungsweise ein dreibeiniges Stangenstativ jenes Wiener Optikers.
Das Mikroskop konnte mit freundschaftlicher Unterstützung von Tilman Halder erworben werden. Der Dank für Hinweise auf dieses Instrument gilt Moritz Sokolowski und Allan Wissner.
2, 3, 9, 22, 25, 82 sowie „Quekett Journal of Microscopy“, 2001, 39, S. 59-72
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Simon Plössl in Wien
Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und gebeiztem Messing, blankem und gebläutem Stahl. Das Mikroskop verfügt über einen zweifach gelagerten Konkavspiegel.
Die Fokussierung erfolgt über einen Trieb, der auf eine Zahnstange wirkt, welche in die zur Führung dienende Prismenstange aus Messing eingelassen ist und den Tubus relativ zum Tisch des Mikroskops bewegt. Abgeblendet wird mit Hilfe einer nierenförmigen Blende, welche am Ende einer kurzen, konisch zulaufenden Röhre unter der Tischplatte montiert ist. Zur Fixierung der Objekte dient ein gegen eine Feder verspanntes Messingblech, welches fast die gesamte Tischfläche bedeckt.
Zum Transport wird das Instrument mit eingeklapptem Dreibein in die mit grünem Samt ausgeschlagene furnierten Holzschatulle verstaut.
Auf dem Tubus ist das Instrument dekorativ signiert:
Plössl in Wien.
Die optische Ausrüstung des Mikroskops besteht zeittypisch aus einem fünfteiligen Objektiv, dessen einzelne achromatischen Linsensätze mit den Schlagzahlen Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5 bezeichnet sind. Zwei Okulare Nr. 1 und Nr. 2 sind dem Instrument beigegeben.
Die typischen Zubehörteile, wie Pinzetten und Auflichtlupe des Mikroskops fehlen weitgehend – nur die Wilson’sche Handlupe und der Ring zum Einlegen der Objektmikrometer ist noch erhalten.
Plössl und Schiek geben ihren Mikroskopen nur wenige (6-7) Objective bei, welche in der Reihenfolge, wie sie in der Stärke aufeinander folgen und mit den Zahlen 1, 2, 3 … bezeichnet sind, in den folgenden Combinationen gebraucht werden können, 1, 1+2, 1+2+3, 2+3+4, 3+4+5, 4+5+6. Es folgt also hieraus, dass man beim Wechseln der Objective und der Wahl der nächst stärkeren Combination meistens die hinterste Linse abschrauben und vorn eine neue aufschrauben muss. Da dieses immer mit einem gewissen Zeitaufwande verbunden ist, so ist die Einrichtung, welche Amici, Oberhäuser u.A. ihren Objectivsystemen geben, nämlich die Zusammensetzung eines jeden desselben aus mehreren zusammengehörenden Linsen, von denen keine bei einem anderen Systeme verwendet wird, die bequemere, indem hiebei [sic!] die verschiedenen Systeme eben so schnell, wie einfache Objective gewechselt werden können.
Diese Beschreibung erklärt die Verwendung der diesem Instrument beigegebenen Optiken.
Simon Plößl (1794-1868) Optiker und Mechaniker in Wien (Zur Entwicklungsgeschichte der Plößl-Mikroskope) (Josef Hölzl, Engelbert Bancher, Franz Kotlan in: Technisches Museum für Industrie und Gewerbe in Wien / Forschungsinstitut für Technikgeschichte: Blätter für Technikgeschichte 31, Wien 1969: 45-89) beschreibt alle bis 1969 bekannt gewordenen Mikroskope aus der Werkstatt Plössls, die sich in staatlichen Museen oder privaten Sammlungen befinden. Hier geht man davon aus, dass die Zahl der produzierten kleineren Stative geringer ist, als jene der großen. Die Verkaufsliste von 1835 enthält 59 große Mikroskope Nr. 1 und 55 kleine Mikroskope Nr. 2 [das hier gezeigte], Nr. 3 und Nr. 4.
Fast allen bekannten Mikroskopstativen Nr. 2 fehlt sowohl der Kreuztisch als auch die Feineinstellung. So auch den beiden in der Sammlung des Optischen Museums der Ernst-Abbe-Stiftung in Jena erhalten, dem hier gezeigten Mikroskop sehr ähnlichen Stativen.
wird im Verzeichniss der optischen Apparate, welche von Simon Plössl, Optiker und Mechaniker in Wien, alte Wieden, Feldgasse Nr. 213, für beigesetzte Preise in Conventions-Münze oder Ausgburger Courant verfertigt werden (Annalen der K.K. Sternwarte in Wien 23, 1844: 126-134) angeboten als:
2. Kleines zusammengesetztes Mikroskop, dessen Körper durch Triebwerk gegen den feststehenden Objecttisch bewegt wird, auf messingenem, zusammenzulegenden Dreifusse; mit zwei Ocularen aus einfacher Linse und Collectivglase bestehend, zum Aufstecken, und fünf achromatischen, aplanatischen Linsen zum Überbereinanderschrauben. Der Objecttisch mit vorne offener Federklammer für Objectträger und Glastafeln aller Art, mit Drücker zum Öffnen von unten. Einem gläsernen concaven Reflexionsspiegel mit doppelter Bewegung zur transparenten Beleuchtung mit schwarzer Rückseite, und einer Beleuchtungslinse mit Bewegung für opake Objecte; einem Insectenglase in messingener Fassung, und einer Objectnadel zum Aufstecken; einer Wilson’schen Loupe, in Messing gefasst, und eine rmessingenen Pincette. Zwei auf Glas getheilte Mikrometer mit Theilung der Wiener Duodecimallinie in 30 und 60 Theile linear, in elfenbeinerner Kapsel mit messingenem Ringe zum Einlegen in den Objecttisch; vier Objectschieber mit 16 Probenobjecten. Die Vergrösserungen gehen von 18 bis 250 Mal linear, oder von 324 bis 62500 Mal der Fläche. Alles in einem polirten hölzernen Kästchen mit Schloss, und mit Sammet gefüttert, beiläufig 1′ lang, 6″ breit und 3″ hoch. 90fl.
(Vieweg und Sohn, Braunschweig 1866: III, 181): Der zweite, der sich in Deutschland, und zwar mit dem glücklichsten Erfolge, auf die Verfertigung achromatischer Mikroskope legte, war Simon Plössl in Wien (Alte Weiden, Feldgasse, am Eck der Schmölerlgasse Nr. 215), dessen Instrumente seit 1830 eine allgemeine Verbreitung gefunden haben.
[…]
An den späteren Mikroskopen (Fig. 93) hat Plössl die Säule mit dem Charniere weggelassen, die dreiseitige Stange ruht unmittelbar auf dem Fussgestelle, und der Spiegel ist an einem der drei Füsse angebracht.
[…]
In neuester Zeit hat Plössl den Dreifuss durch ein schweres kreisrundes Fussstück ersetzt, worauf die dreiseitige stählerne Stange des Mikroskoprohres ruht und durch einen horizontalen Arm um seine Axe gedreht werden kann. An kleineren Mikroskopen fehlt diese Drehbewegung, und die Stange steht auf dem Fussstücke.
Dem Stil der Spiegelhalterung und der Form des 3-Lochblende-Segments stammt das hier gezeigte Mikroskop aus der Zeit vor 1853.
Wird als Sohn eines Schweizer Tischlers geboren, der vor allem technische Geräte und Spieluhren aus Holz fertigt. Als Plößl gerade sieben Jahre alt ist stirbt sein Vater, bedingt durch die daraus resultierenden schlechten finanziellen Verhältnisse darf er die Normalschule unentgeltlich besuchen und schließt diese mit ausgezeichneten Leistungen ab, um danach seinem sechs Jahre älteren Bruder folgend eine vierjährige Drechslerlehre zu vollenden. Als sein Bruder stirbt tritt Simon Plößl dessen Nachfolge in der Werkstatt von Johann Friedrich Voigtländer (1779-1859) an und arbeitet dort als Lehrling und Geselle über 11 Jahre lang. 1823 macht sich Plößl in der leer stehenden alten Werkstatt und Wohnung seines Vaters mit einem Gehilfen selbständig.
Mangels Bekanntheit und Bestellungen sowie einer Fehlinvestition in die Lizenz für Theaterspektive muss Plößl seinen Angestellten jedoch schon bald wieder entlassen und kommt in Zahlungsschwierigkeiten. Durch großen Fleiß und strengste Sparsamkeit seiner Frau gelingt es ihm jedoch bald mit Teleskopen und Mikroskopen die Aufmerksamkeit einiger Professoren auf sich zu ziehen, darunter der Physiker und angewandte Mathematiker Andreas Freiherr von Baumgartner (1793-1865), der Mathematiker und Physiker Andreas Freiherr von Ettingshausen (1796-1878), der Botaniker Joseph Franz Freiherr von Jacquin (1766-1839), der Astronom Joseph Johann von Littrow (1781-1840), der Mathematiker und Geodät Simon Ritter von Stampfer (1792-1864) sowie der Chemiker und Techniker Ignaz Edler von Mitis (1771-1842) und der Naturwissenschaftler Alois Beckh von Widmanstätten (1754-1849).
Diese unterstützen ihn mit Aufträgen , so dass er er innerhalb einer Dekade nationale und internationale Bekanntheit erlangt, obwohl er ganz untypisch für seine Zeit nie außerhalb seiner Heimatstadt lebt und selbst Nieder-Österreich auch für Reisen nicht verlässt. Plößl gilt als sehr ehrlicher Optiker und Mechaniker; sein erstes Preisverzeichnis veröffentlicht er 1828, dem bald ausführlichere folgen. Nach den Berechnungen von v. Littrow fertigt Plößl ab 1832 dialytische Fernrohre, die bald auf der ganzen Welt sehr gefragte Instrumente werden – wie alle optischen Erzeugnisse aus Plößls Werkstatt sind die damit erzeugten Bilder von bedeutender Helligkeit und Schärfe. Schließlich zieht Plößl innerhalb Wiens mehrfach um und wird 1835 Bürger der Stadt. Bei der ersten Gewerbs- und Industrieausstellung im Herbst 1835 in Wien werden seine Erzeugnisse einstimmig mit der goldenen Medaille ausgezeichnet.
Der merkwürdige Zufall, der ihn die von Selligue zuerst angegebene, aber in Frankreich anfangs voreilig verworfene, von Amici und Dollond dagegen wieder aufgenommene aplanatische Zusammensetzung der Objectivlinsen in Mikroskopen, selbst auffinden liess, verbreitete den Ruf seiner durch so viele verbesserten zusammengesetzten Mikroskope durch ganz Europa, so dass sie sich derzeit in den Händen der Mehrzahl der berühmtesten jetzt lebenden mikrologischen Naturforscher befinden, welche nicht anstehen, die glücklichen Fortschritte ihrer Forschungen denselben grossen Theils dankbar zuzuschreiben. Die Anzahl von über 200 solcher Instrumente, die Plössl bisher auf Bestellung verfertigt hat **), dient hierzu als Belege, und die bedeutende Vervollkommnung der nach Fraunhofer’s Vorgabe verfertigten Schraubenmikrometer, sowie die mechanische Einrichtung des Gestelles; die von ihm zuerst versuchten aplanatisch zusammengesetzten Oculare, und endlich die ausnehmende Schönheit, Genauigkeit und Feinheit seiner Glastheilungen, die jene des, in diesen Arbeiten so berühmten verstorbenen Riché in Paris noch weit übertreffen, trugen auch nicht wenig zu ihrem Rufe bei. Die einsichtsvolle Grossmuth Sr. k. H. des durchlauchtigsten Erzherzogs Ludwig, welcher Plössl’s kaum geäusserten Wunsch, eines der neuesten berühmten Instrumente des Professors Amici untersuchen zu können, sogleich erfüllte, setzte durch daraus geschöpfte Verbesserungen, der Vollkommenheit seiner Mikroskope die Krone auf ***).
**) Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften, B. III Heft 1
***) Zeitschrift für Physik und Mathematik, Bd. VII. Heft 3
Offenbar wird Plößl Ende der 1830er mit Bestellungen derart überhäuft, dass seine Kunden oft lange auf die Instrumente warten müssen – er tritt auch mit diesem Umstand in die Tradition von Ramsden, Dollond und Fraunhofer. Ein pankratisches (bildaufrichtendes) Mikroskop wird von Plössl ab 1843/44 als Stativ Nr. 5 angeboten.
Plössl setzte seine Instrumente allein zusammen; der eine, welcher ihm dabei einige Zeit geholfen hatte – sein Sohn, war im 21. Lebensjahre gestorben. Seit dieser Zeit war Plössl noch schweigsamer, verschlossener und stiller geworden, als er schon von Natur aus war. Zu dieser Abgeschiedenheit mag wohl noch seine bedeutende Schwerhörigkeit nicht wenig beigetragen haben.
Simon Plößl stirbt am 29. Januar 1868 durch einen Unfall, bei dem ihm eine herunterfallende Glasplatte den rechten Arm derart verwundet, dass er der Verletzung kurz darauf erliegt.
Mikroskope werden unter dem Firmennamen S. Plössl & Comp. bzw. S. Plössl & Cie bis 1905 weiter produziert. Bis 1882 werden die eigentlichen, typischen Plössl-Mikroskope angeboten, die Produktion jedoch ab 1875 sukzessive auf die Herstellung von Hufeisenstativen umgestellt.
Inhaber der Werkstätte nach Simon Plößls Tod ist 1868 Anna Fleckenstein, geborene Plößl, ab 1871 zusammen mit dem k.u.k. Hofoptiker Mathäus Wagner. Ab 1874 führt die Werkstätte M. Wagner alleine, er nimmt 1888 M. Josef Wagner mit auf. Im Jahre 1905 läuft die Firma auf Marie Wagner.
Dieses Mikroskop kann im Februar 2008 bei einer Auktion in Pennsylvania, USA für die Sammlung erworben werden. Im Kasten des Mikroskops findet sich eine mit Tinte geschriebene Vergrößerungstabelle auf einem Blatt mit der Adresse von einem Apotheker aus den 1880ern:
Charles E. Clemson
Prescription Druggist
No. 58 North 5th street
Reading P.A.
2, 3, 22, 86 und Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena: „Kleines Plössl Mikroskop Stativ“, Inv.-Nr. 5011 und Inv.-Nr. 252; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop (Kleiner Dreiecksfuß-Typ) um 1850 / Signatur: Plössl in Wien“, Museal-Nr. 25.947
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Simon Plössl in Wien
Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und gebeiztem Messing, blankem und gebläutem Stahl sowie aus einer lederbezogenen Holzschatulle. Das Mikroskop verfügt über einen zweifach gelagerten Konkavspiegel. Die Fokussierung erfolgt über einen Seitlichen Trieb, der auf eine Zahnstange wirkt, welche in die zur Führung dienende Prismenstange eingelassen ist.
Zur Verwendung wird das Mikroskop auf die mit geprägtem Leder bezogene Schatulle, das sogenannte Maroquin-Futteral, geschraubt, dieses misst 13,7 cm mal 18,5 cm. Ein Federmechanismus unter der Tischplatte ermöglicht das Klemmen des Objekts über eine mit dieser verbundene Messingplatte oberhalb der Tischöffnung.
Zum Transport wird das Instrument zerlegt und in der mit rotem Spaltleder ausgeschlagenen Schatulle verstaut.
Plössl in Wien.
Die optische Ausrüstung des Mikroskops besteht zeittypisch aus einem dreiteiligen Objektiv, dessen einzelne achromatischen Linsensätze mit den Schlagzahlen Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 bezeichnet sind. Das Okular ist im Tubus verschraubt.
Plössl und Schiek geben ihren Mikroskopen nur wenige (6-7) Objective bei, welche in der Reihenfolge, wie sie in der Stärke aufeinander folgen und mit den Zahlen 1, 2, 3 … bezeichnet sind, in den folgenden Combinationen gebraucht werden können, 1, 1+2, 1+2+3, 2+3+4, 3+4+5, 4+5+6. Es folgt also hieraus, dass man beim Wechseln der Objective und der Wahl der nächst stärkeren Combination meistens die hinterste Linse abschrauben und vorn eine neue aufschrauben muss. Da dieses immer mit einem gewissen Zeitaufwande verbunden ist, so ist die Einrichtung, welche Amici, Oberhäuser u.A. ihren Objectivsystemen geben, nämlich die Zusammensetzung eines jeden desselben aus mehreren zusammengehörenden Linsen, von denen keine bei einem anderen Systeme verwendet wird, die bequemere, indem hiebei [sic!] die verschiedenen Systeme eben so schnell, wie einfache Objective gewechselt werden können.
und macht deutlich, warum die Linse 3 des hier gezeigten Mikroskops über ein Frontgewinde verfügt: Man kann sie mit weiteren Linsen zu höher vergrößernden Systemen kombinieren.
An originalem Zubehör des Mikroskop ist eine über drei Lager bewegliche, an der Tischplatte zu befestigende Pinzette erhalten.
Von der ursprünglich ebenfalls ausgelieferten Auflichtlupe ist nur noch die Halterung und das Gelenk vorhanden.
Der Artikel Simon Plößl (1794-1868) Optiker und Mechaniker in Wien (Zur Entwicklungsgeschichte der Plößl-Mikroskope) (Josef Hölzl, Engelbert Bancher, Franz Kotlan in: Technisches Museum für Industrie und Gewerbe in Wien / Forschungsinstitut für Technikgeschichte: Blätter für Technikgeschichte 31, Wien 1969: 45-89) beschreibt alle bis 1969 bekannt gewordenen Mikroskope aus der Werkstatt Plössls, die sich in staatlichen Museen oder privaten Sammlungen befinden.
Das Reisemikroskop wird hier in unterschiedlicher Bauart in nur drei erhaltenen Exemplaren als bekannt beschrieben. Das älteste Exemplar verfügt über eine Stativrundsäule, drei breite Objektive, Tubustrieb und Maroquin-Futteral; ein Dreifuß ist nachträglich ergänzt. Das jüngste Gerät, im Besitz des Technischen Museums Wien, zeigt bereits den ab 1861 angebotenen Messingfuß. Mit dem hier gezeigten Instrument stimmt nur das Mikroskop aus der Sammlung des Pharmakognostischen Instituts der Universität Wien überein. Jenes verfügt auch noch über die diesem Instrument fehlende Auflichtlupe.
mit hölzernem Sockel angeboten. Ab 1829 verfügt das Instrument über einen auf die Schatulle zu schraubenden Fuß, einen Tubus aus zwei verschraubbaren Teilen und einen horizontal beweglichen Arm. Jene horizontale Bewegung ist in der Regel als ein Gelenk zum Überstreifen eines Kreisbogensegments über dem Objekttisch zu verstehen.
Im Jahre 1833 erscheint in den Preislisten in ähnlicher Bauart ein kleineres Stativ Nr. 4. Ab 1840 wird nur noch ein horizontal feststehender Arm bei diesen Mikroskopen angeboten. Dieses konstruktive Merkmal zeigen alle drei der oben beschriebenen bekannten Reisemikroskope.
In der Beilage zu Astronomische Nachrichten No. 254 (1834: 245-252) ist die Preisliste von Plössl abgedruckt. Datiert auf Oktober 1833 erscheint hier der Vorgänger dieses Instruments unter Neuestes Verzeichnis der optischen Apparate welche von G. S. Plössl, Optiker und Mechaniker in Wien, am Wienflusse, nächst der Ketten-Fahrbrücke, am Eck der Heumühlgasse, Nr. 816, für beigesetzte Preise in Conventionsmünze oder Augsburger Courant verfertigt werden:
[…]
mit einem auf den Deckel des Futterals aufzuschraubenden Fuße, dessen Körper auf einem horizontalem bebeglichen Arme stehet; mit einem durch Triebwerk gegen die Linsen beweglichen Objecttische mit offener Federklammer; einem Oculare und drei achromat. Objectivlinsen zum Ueberbereinanderschrauben; einem beweglichen concaven Reflexionsspiegel für transparente Objecte, dessen schwarze Rückseite nebst einer beweglichen Beleuchtungslinse zum Aufstecken zur Beleuchtung opaker Objecte dient. Einem flachen und concanven Glase für flüssige und trockene Objecte; einer Objectnadel zum Aufstecken und einer messingene Pincette; zwei Objectenschieber mit acht Probeobjecten. Die drei verschiedenen Vergrösserungen sind: 25, 60 und 100 Mal linear, oder 625, 3600 und 10000 Mal der Fläche. Alles in einem mit Sammet gefütterten Futteral von Maroquin. 40fl.
welche von Simon Plössl, Optiker und Mechaniker in Wien, alte Wieden, Feldgasse Nr. 213, für beigesetzte Preise in Conventions-Münze oder Ausgburger Courant verfertigt werden (Annalen der K.K. Sternwarte in Wien 23, 1844: 126-134):
4. Kleineres zusammengesetztes Reise-Mikroskop mit einem auf den Deckel des Futterals aufzuschraubenden Fuße, dessen Körper auf horizontalem festen Arme steht; mit einem durch Triebwerk gegen die Linsen beweglichen Objecttische mit offener Federklammer; einem Oculare und drei achromatischen Objectivlinsen zum Überbereinanderschrauben; einem beweglichen concaven Reflexionsspiegel für transparente Objecte, dessen schwarze Rückseite nebst einer beweglichen Beleuchtungslinse zur Beleuchtung opaker Objecte dient; einem flachen und concanven Glase für flüssige und trockene Objecte; einer Objectnadel zum Aufstecken und einer messingene Pincette; zwei Objectenschieber mit acht Probeobjecten. Die drei verschiedenen Vergrösserungen sind: 25, 60 und 100 Mal linear, oder 625, 3600 und 10000 Mal der Fläche. Alles in einem mit Sammet gefütterten Futteral von Maroquin. 45fl.
Wird als Sohn eines Schweizer Tischlers geboren, der vor allem technische Geräte und Spieluhren aus Holz fertigt. Als Plößl gerade sieben Jahre alt ist stirbt sein Vater, bedingt durch die daraus resultierenden schlechten finanziellen Verhältnisse darf er die Normalschule unentgeltlich besuchen und schließt diese mit ausgezeichneten Leistungen ab, um danach seinem sechs Jahre älteren Bruder folgend eine vierjährige Drechslerlehre zu vollenden. Als sein Bruder stirbt tritt Simon Plößl dessen Nachfolge in der Werkstatt von Johann Friedrich Voigtländer (1779-1859) an und arbeitet dort als Lehrling und Geselle über 11 Jahre lang. 1823 macht sich Plößl in der leer stehenden alten Werkstatt und Wohnung seines Vaters mit einem Gehilfen selbständig.
Mangels Bekanntheit und Bestellungen sowie einer Fehlinvestition in die Lizenz für Theaterspektive muss Plößl seinen Angestellten jedoch schon bald wieder entlassen und kommt in Zahlungsschwierigkeiten. Durch großen Fleiß und strengste Sparsamkeit seiner Frau gelingt es ihm jedoch bald mit Teleskopen und Mikroskopen die Aufmerksamkeit einiger Professoren auf sich zu ziehen, darunter der Physiker und angewandte Mathematiker Andreas Freiherr von Baumgartner (1793-1865), der Mathematiker und Physiker Andreas Freiherr von Ettingshausen (1796-1878), der Botaniker Joseph Franz Freiherr von Jacquin (1766-1839), der Astronom Joseph Johann von Littrow (1781-1840), der Mathematiker und Geodät Simon Ritter von Stampfer (1792-1864) sowie der Chemiker und Techniker Ignaz Edler von Mitis (1771-1842) und der Naturwissenschaftler Alois Beckh von Widmanstätten (1754-1849).
Diese unterstützen ihn mit Aufträgen , so dass er er innerhalb einer Dekade nationale und internationale Bekanntheit erlangt, obwohl er ganz untypisch für seine Zeit nie außerhalb seiner Heimatstadt lebt und selbst Nieder-Österreich auch für Reisen nicht verlässt. Plößl gilt als sehr ehrlicher Optiker und Mechaniker; sein erstes Preisverzeichnis veröffentlicht er 1828, dem bald ausführlichere folgen. Nach den Berechnungen von v. Littrow fertigt Plößl ab 1832 dialytische Fernrohre, die bald auf der ganzen Welt sehr gefragte Instrumente werden – wie alle optischen Erzeugnisse aus Plößls Werkstatt sind die damit erzeugten Bilder von bedeutender Helligkeit und Schärfe. Schließlich zieht Plößl innerhalb Wiens mehrfach um und wird 1835 Bürger der Stadt. Bei der ersten Gewerbs- und Industrieausstellung im Herbst 1835 in Wien werden seine Erzeugnisse einstimmig mit der goldenen Medaille ausgezeichnet.
Der merkwürdige Zufall, der ihn die von Selligue zuerst angegebene, aber in Frankreich anfangs voreilig verworfene, von Amici und Dollond dagegen wieder aufgenommene aplanatische Zusammensetzung der Objectivlinsen in Mikroskopen, selbst auffinden liess, verbreitete den Ruf seiner durch so viele verbesserten zusammengesetzten Mikroskope durch ganz Europa, so dass sie sich derzeit in den Händen der Mehrzahl der berühmtesten jetzt lebenden mikrologischen Naturforscher befinden, welche nicht anstehen, die glücklichen Fortschritte ihrer Forschungen denselben grossen Theils dankbar zuzuschreiben. Die Anzahl von über 200 solcher Instrumente, die Plössl bisher auf Bestellung verfertigt hat **), dient hierzu als Belege, und die bedeutende Vervollkommnung der nach Fraunhofer’s Vorgabe verfertigten Schraubenmikrometer, sowie die mechanische Einrichtung des Gestelles; die von ihm zuerst versuchten aplanatisch zusammengesetzten Oculare, und endlich die ausnehmende Schönheit, Genauigkeit und Feinheit seiner Glastheilungen, die jene des, in diesen Arbeiten so berühmten verstorbenen Riché in Paris noch weit übertreffen, trugen auch nicht wenig zu ihrem Rufe bei. Die einsichtsvolle Grossmuth Sr. k. H. des durchlauchtigsten Erzherzogs Ludwig, welcher Plössl’s kaum geäusserten Wunsch, eines der neuesten berühmten Instrumente des Professors Amici untersuchen zu können, sogleich erfüllte, setzte durch daraus geschöpfte Verbesserungen, der Vollkommenheit seiner Mikroskope die Krone auf ***).
**) Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften, B. III Heft 1
***) Zeitschrift für Physik und Mathematik, Bd. VII. Heft 3
Offenbar wird Plößl Ende der 1830er mit Bestellungen derart überhäuft, dass seine Kunden oft lange auf die Instrumente warten müssen – er tritt auch mit diesem Umstand in die Tradition von Ramsden, Dollond und Fraunhofer. Ein pankratisches (bildaufrichtendes) Mikroskop wird von Plössl ab 1843/44 als Stativ Nr. 5 angeboten.
Plössl setzte seine Instrumente allein zusammen; der eine, welcher ihm dabei einige Zeit geholfen hatte – sein Sohn, war im 21. Lebensjahre gestorben. Seit dieser Zeit war Plössl noch schweigsamer, verschlossener und stiller geworden, als er schon von Natur aus war. Zu dieser Abgeschiedenheit mag wohl noch seine bedeutende Schwerhörigkeit nicht wenig beigetragen haben.
Simon Plößl stirbt am 29. Januar 1868 durch einen Unfall, bei dem ihm eine herunterfallende Glasplatte den rechten Arm derart verwundet, dass er der Verletzung kurz darauf erliegt.
Mikroskope werden unter dem Firmennamen S. Plössl & Comp. bzw. S. Plössl & Cie bis 1905 weiter produziert. Bis 1882 werden die eigentlichen, typischen Plössl-Mikroskope angeboten, die Produktion jedoch ab 1875 sukzessive auf die Herstellung von Hufeisenstativen umgestellt.
Inhaber der Werkstätte nach Simon Plößls Tod ist 1868 Anna Fleckenstein, geborene Plößl, ab 1871 zusammen mit dem k.u.k. Hofoptiker Mathäus Wagner. Ab 1874 führt die Werkstätte M. Wagner alleine, er nimmt 1888 M. Josef Wagner mit auf. Im Jahre 1905 läuft die Firma auf Marie Wagner.
Der prismenförmigen Säule wegen wird das hier gezeigte Mikroskop nach 1840 eingeordnet, dem Stil der Signatur nach aber noch vor 1850.
Dieses Mikroskop kann Ende November 2007 von Peter Nagele aus Trins/Tirol für die Sammlung erworben werden, dieser gibt an, er habe es selbst vor vielen Jahren bei einer Auktion des Dorotheum erworben.
2, 3, 22, 86
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Simon Plössl in Wien
Das Mikroskop besteht aus zaponiertem und gebeiztem Messing, blankem und gebläutem Stahl. Das Mikroskop ist an einer stählernen Prismenstange aufgebaut, welche über ein Gelenk mit einer messingnen Säule auf einem Dreifuß verbunden ist und das Umlegen des Stativs ermöglicht. Das Instrument verfügt zur Beleuchtung über einen zweifach gelagerten Konkavspiegel.
Die grobe Fokussierung erfolgt über einen Trieb, der auf eine stählerne Zahnstange wirkt, welche in die zur Führung dienende Prismenstange aus Stahl eingelassen ist und den Tubus relativ zum Tisch des Mikroskops bewegt. Der Feintrieb bewegt den Tisch entlang der optischen Achse, das zugehörige Rändelrad ist am unteren Ende der Prismenstange befestigt. Der Tisch des Mikroskops ist als Kreuztisch ausgeführt, eine flächige Objektklemme ist hierin integriert. Eine Bohrung im Tisch nimmt die dem Mikroskop beigegeben vierfach gelagerte Stahlpinzette auf.
Zur Verbesserung der Beleuchtung verfügt das Mikroskop über eine Standlupe mit eigenem Stativ. Diese Lupe selbst wird zum Transport vom Stativ abgenommen und in einem kleinen Lederbeutel im Kasten verstaut.
welches die Beleuchtung insbesondere opaker Objekte erlaubt. Zum Transport wird das Instrument mit eingeklapptem Dreibein in die mit grünem Samt ausgeschlagene furnierten Holzschatulle verstaut
Auf dem Tubus ist das Instrument dekorativ signiert:
dessen einzelne achromatischen Linsensätze mit den fein gestichelten Schlagzahlen Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6 bezeichnet sind. Des weiteren gehören zu dem Mikroskop die Okulare Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4 sowie das aplanatische Okular.
Die typischen Zubehörteile sind bis auf die Probeobjekte sämtliche erhalten: Eine Messingpinzette erleichtert das Präparieren, eine in Horn gefasste Handlupe erlaubt eine erste Begutachtung der zu untersuchenden Objekte. Für ähnliche Zwecke ist dem Instrument eine Wilson’sche Lupe aus Messing beigegeben.
Ein Insektenglas in Messingfassung kann auf den Tisch des Mikroskops gelegt werden, ebenso können Flüssigkeiten in einem messinggefassten und verschraubbaren Glas mikroskopiert werden.
dienen dem Mikroskop zwei gläserne Mikrometerplatten geteilt in 30 bzw. 60 Teile der Wiener Duodecimallinie; zur Verwendung werden diese Platten in einer Messingfassung direkt in die Öffnung des Tisches eingelassen und kommen damit unter dem Objekt zu liegen. Zur Verwahrung werden diese Glasplatten auf je eine Seite eines Zylinders aus Elfenbein eingelegt und verschraubt.
Die beobachteten Objekte können mit Hilfe eines Sömmering’schen Zeichenspiegels abgezeichnet werden.
Der Tübinger Botaniker Hugo von Mohl schreibt (Hugo von Mohl: Mikrographie oder Anleitung zur Kenntnis und zum Gebrauche des Mikroskops. L.F. Fues, Tübingen 1846: 73) zu den hier gezeigten Objektiven:
Plössl und Schiek geben ihren Mikroskopen nur wenige (6-7) Objective bei, welche in der Reihenfolge, wie sie in der Stärke aufeinander folgen und mit den Zahlen 1, 2, 3 … bezeichnet sind, in den folgenden Combinationen gebraucht werden können, 1, 1+2, 1+2+3, 2+3+4, 3+4+5, 4+5+6. Es folgt also hieraus, dass man beim Wechseln der Objective und der Wahl der nächst stärkeren Combination meistens die hinterste Linse abschrauben und vorn eine neue aufschrauben muss. Da dieses immer mit einem gewissen Zeitaufwande verbunden ist, so ist die Einrichtung, welche Amici, Oberhäuser u.A. ihren Objectivsystemen geben, nämlich die Zusammensetzung eines jeden desselben aus mehreren zusammengehörenden Linsen, von denen keine bei einem anderen Systeme verwendet wird, die bequemere, indem hiebei [sic!] die verschiedenen Systeme eben so schnell, wie einfache Objective gewechselt werden können.
Diese Beschreibung erklärt die Verwendung der diesem Instrument beigegebenen Optiken.
beschreibt v. Mohl ausführlich (Hugo von Mohl: Mikrographie oder Anleitung zur Kenntnis und zum Gebrauche des Mikroskops. L.F. Fues, Tübingen 1846: 29-30):
Es war daher eine sehr bedeutende Verbesserung der Lupe, dass Plössl anfing, dieselbe aus zwei planconvexen achromatischen Gläsern, die einzeln oder combinirt gebraucht werden können (indem sie eine ähnliche Fassung, wie sie die Doppellorgnetten besitzen, haben und daher nach Belieben übereinandergeschoben oder seitwärts von einander entfernt werden können), zu verfertigen; eine solche Lupe lässt in der That in Beziehung auf Reinheit des Bildes wenig zu wünschen übrig und ist meiner Ansicht nach für den gewöhnlichen Gebrauch allen andern Lupen vorzuziehen. Mit grossem Vortheile kann man auch, wenn es sich um stärkere Vergrösserungen handelt, die schwächeren Objective der neueren achromatischen Mikroskope als Lupe zum Behufe schwieriger Präparationen eines mikroskopischen Objectes benützen.
Technisches Museum für Industrie und Gewerbe in Wien / Forschungsinstitut für Technikgeschichte: Blätter für Technikgeschichte 31, Wien 1969: 45-89) beschreibt alle bis 1969 bekannt gewordenen Mikroskope aus der Werkstatt Plössls, die sich in staatlichen Museen oder privaten Sammlungen befinden. Hier geht man davon aus, dass die Zahl der produzierten kleineren Stative geringer ist, als jene der großen. Die Verkaufsliste von 1835 enthält 59 große Mikroskope Nr.1 [das hier gezeigte] und 55 kleine Mikroskope Nr. 2, Nr. 3 und Nr. 4.
Pieter Harting schreibt in Das Mikroskop (Vieweg und Sohn, Braunschweig 1866: III, 181): Der zweite, der sich in Deutschland, und zwar mit dem glücklichsten Erfolge, auf die Verfertigung achromatischer Mikroskope legte, war Simon Plössl in Wien (Alte Weiden, Feldgasse, am Eck der Schmölerlgasse Nr. 215), dessen Instrumente seit 1830 eine allgemeine Verbreitung gefunden haben.
[…]
An den späteren Mikroskopen (Fig. 93) hat Plössl die Säule mit dem Charniere weggelassen, die dreiseitige Stange ruht unmittelbar auf dem Fussgestelle, und der Spiegel ist an einem der drei Füsse angebracht.
[…]
In neuester Zeit hat Plössl den Dreifuss durch ein schweres kreisrundes Fussstück ersetzt, worauf die dreiseitige stählerne Stange des Mikroskoprohres ruht und durch einen horizontalen Arm um seine Axe gedreht werden kann. An kleineren Mikroskopen fehlt diese Drehbewegung, und die Stange steht auf dem Fussstücke.
ist die Preisliste von Plössl abgedruckt. Datiert auf Oktober 1833 heißt es unter Neuestes Verzeichnis der optischen Apparate welche von G. S. Plössl, Optiker und Mechaniker in Wien, am Wienflusse, nächst der Ketten-Fahrbrücke, am Eck der Heumühlgasse, Nr. 816, für beigesetzte Preise in Conventionsmünze oder Augsburger Courant verfertigt werden:
[…]
1. Grosses zusammengesetztes Mikroskop, dessen Körper durch Triebwerk gegen den feststehenden Objecttisch bewegt wird, auf messingenem, zusammen zu legenden Dreifusse; mit drei Ocularen aus einfacher Linse und Collectivglase bestehend, zum Aufstecken, und sechs achromat., aplanatischen Linsen, über einander zu schrauben. Der Objecttisch mit vorne offener Federklammer für Objectträger und Glastafeln aller Art, mit Drücker zum Oeffnen von unten, und zwei diagonal stehenden Stellschrauben zur Führung des Objectes durch alle Puncte des Sehefeldes. Einem gläsernen concaven Reflexionsspiegel mit doppelter Bewegung zur transparenten Beleuchtung; der schwarzen Rückseite desselben, und einem sphärischen Beleuchtungsprisma (nach Selligue) mit Bewegung, zur Beleuchtung opaker Objecte.
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Einer grossen Lichtverstärkungslinse auf besonderem Fusse, zur Verstärkung der Beleuchtung bei stärkeren Vergrösserungen sowohl transparenter als opaker Objecte. Einem concaven Glase, in Messing gefasst, zum Drehen, für Flüssigkeiten; einem Insectenglase in messingener Fassung, dann einer Objectnadel zum Aufstecken. Dazu noch: Eine messingene Wilsonsche Loupe; eine messingene Pincette; sechs Objectenschieber mit 24 Probeobjecten; zwei auf Glas getheilte Mikrometer mit Theilung der Wiener Duodecimallinie in 30 und 60 Theile, oder des Millimeters in 20 und 50 Theile, in elfenbeinerner Capsel, nebst messingenem Ringe dazu zum Einlegen in den Objecttisch. Alles in einem hölzernen polirten Kasten mit Schloss, beiläufig 18″ lang, 9″ breit und 4″ hoch, mit Sammet gefüttert. Die Vergrösserungen gehen von 18 mal bis zu 500 Mal linear, oder 324 Mal bis 250000 Mal der Fläche, mit vollständiger Klarheit und Schärfe; zusammen um 185 fl.
Ein solches Mikroskop mit der Vorrichtung zum Messen der Objective [sic!] bis auf 0,00001 Wiener Zoll linear, mittelst Mikrometerschraube nach Fraunhofer. 275 fl.
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um Vergrösserungen mit verhältnismässigem Verluste an Lichtstärke bis auf 1000-1500 Mal zu steigern. 10 fl.
Ein aplanatisches Ocular aus zwei achromatischen Linsen, mit schwacher Vergrösserung von 10-12 Mal, um besonder opake Objecte mit höchster Schärfe zu sehen. 10 fl.
Eine Vorrichtung an diesem Mikroskope, um es nach Willkühr horizontal oder in jedem Winkel schief stellen zu können; zur Bequemlichkeit, besonders beim Zeichnen. 15 fl.
Eine Vorrichtung an dem Objecttische dieses Mikroskopes, mit Mikrometerschraube zur höchst feinen Einstellung bei starken Vergrösserungen. 12 fl.
der Zeichenspiegel ist noch gesondert gelistet:
5. Sömmeringscher Spiegelchen-Apparat, mit Ring und Stellschrauben, an Mikroskope und Fernröhre jeder Art und Größe anzuwenden, in Futteral von Maroquin. 6 fl.
4. Einfach Loupe, in Büffelhorn gefasst. 1 fl 12 kr.
Zwei Sammlungen von je 48 Probeobjekten werden in Objektschiebern aus Buchsbaum bzw. gegen Aufpreis aus Ebenholz angeboten. Zusätzlich findet man:
17. Zwölf Objectschieber, ganz von Glas, zum Oeffnen, für sehr feine Objecte, bei starker Vergrösserung. 10 fl.
In summa kommt das hier gezeigte Mikroskop daher auf einen Preis von 239 Augsburger Gulden 12 Kreuzer.
verwendet den von ihm eingeführten und nach ihm benannten Zeichenapparat bereits im März 1818 erstmals am Mikroskop für wissenschaftliche Zwecke. Er veröffentlicht seine Konstruktion und deren Anwendung 1822 (Dr. Wilhelm Sömmering: Beschreibung eines Spiegelchens als Hülsmittel zum Zeichnen, sowohl mit bloßem Auge als durch’s Fernrohr oder Mikroskop gesehener Gegenstände. Polytechnisches Journal 7 (4) LVIII, 1822: 385-409). Hier heißt es:
Indem ich daher auf ein anderes Hülsmittel sann, fand ich nach mancherlei Versuchen, daß ein einfaches, rundes metallenes Planspiegelchen, von einer bis zwei Pariser Linien im Durchmesser, mit einem dünnen Stielchen versehen, hierbei die gewünschten Dienste vollkommen leistete, Man kann es ebenso gut als die camera lucida zum Zeichnen naher und ferner Gegenstände mit freiem Auge gebrauchen, bequemer und besser aber als jenes Instrument anwenden, um sowohl durch Fernrohre verschiedener Art, als durch einfache und zusammengesetzte Mikroskope eine möglichst genaue Abbildung der vergrößerten Gegenstände zu erhalten.
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[…]
Mein Spiegelchen zeigte ich zu München den Herren Akademikern von Yelin, von Soldner, von Reichenbach, und Fraunhofer, welche mich durch ihren Beifall zu dessen Bekanntmachung aufmunterten. Letzterer hatte selbst die Güte, mir mehrere höchst vollkommene Spiegelchen zu verfertigen und einige Bemerkungen darüber mitzutheilen, von denen ich bei dieser Beschreibung Gebrauch machen werde.
Im März 1818 zeichnete ich vermittelst meines Spiegelchens durch ein Dollond’sches Mikroskop fünf und zwanzigmal im Durchmesser Stückchen der feinsten eingesprüzten Gefäßneze aus der Aderhaut des Augapfels eine erwachsenen Mannes, eines Kindes, eines Kalbes, eines Hahnes und eines Wassersalamanders. Mein Vater [Samuel Thomas von Sömmering (1755-1830)] begleitete diese Zeichnungen mit meiner Abhandlung, und wies die Original-Präparate sowohl, als deren Abbildungen und meine Vorrichtung, mittelst welcher sie gefertigt waren, dem 9. Mai 1818 der königl. baier. Akademie der Wissenschaften vor.
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Höchst vollkommene elliptische Spiegelchen von Spiegelmetallcomposition verdanke ich der Güte des Herren Professors Fraunhofer. Die runden Stahlspiegelchen kann jeder Uhrmacher bei einiger auf das genaue Planschleifen und Poliren verwendeten Sorgfalt verfertigen, die besten welche rücksichtlich der Politur nichts zu wünschen übrig ließen, wurden mir in der Uhrenfabrik des Herrn Borle in Chaudefond in der Schweiz, nach einem Modell gearbeitet. Dem ganzen Apparat, nämlich Spiegel und Stativ zum Zeichnen mit freiem Auge und vor dem Mikroskop, verfertigen die Herren Optiker und Mechaniker Tomschiz und Olff in Frankfurt am Main, und der Herr Universitäts Mechanikus Apell in Göttingen.
Der österreichische Botaniker Joseph Franz Freiherr von Jacquin (1766-1839) beschreibt den hier gezeigten von Simon Plössl angebotenen Sömmering’schen Spiegel wie folgt (J.F. Jacquin: Über eine einfache practische Methode, das Vergrößerungsverhältniß bei Mikroskopen zu bestimmen. Zeitschrift für Physik und Mathematik IV, 1828: 5):
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Der Sömmering’sche Spiegelchen-Apparat findet sich von dem Erfinder selbst (Dingler’s polytechn. Journal, B. 7) so gut und umständlich beschrieben, daß es wohl überflüssig wäre, die Beschreibung hier zu wiederholen, und ich nur bemerken will, daß ich meine ersten Versuche mit einem von Hr. Dr. Sömmering selbst erhaltenen Apparate mit Stahlspiegelchen, wie solcher von ihm (a.a.O.T. VIII Fig. 9) abgebildet worden ist, angestellt habe, und dann erst Hr. Opticus Plößl solche Apparate mit einigen kleinen Verbesserungen und etwas größeren Metallspiegelchen verfertigt hat, deren Metallmasse ich durch Zusammenschmelzen von silberplattirten Kupferblechschnitzeln, worin das Silberverhältnis 1/20 war, mit Zusatz der Hälfte reinen Zinnes, erhalten habe, und worin das Verhältnis der drei sehr reinen Metalle Kupfer 190, Zinn 100, Silber 10 ist *).
*) Hr. Plößl, neue Wieden, Salvatorgasse, Nro. 321, liefert diesen vielseitig nützlichen kleinen Apparat in Futteral von Maroquin um 6 fl. C. M.
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Das Mikroskop und seine Anwendung. Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn; Braunschweig 1867: 230-231):
Sömmering’s Spiegel. – Auf ganz ähnliche Weise wie die eben besprochene Vorrichtung [Oberhäuser’s Zeichenprisma] wirkt der Sömmering’sche Spiegel (Fig. 173), welcher aus einem ovalen Metallspiegelchen von etwa 4 Millimeter Länge und 2 Millimeter Breite besteht. Wird derselbe unter dem Winkel von 45° vor dem gebrochenen Oculare befestigt, so erblickt man, wie bei dem Oberhäuser’schen Prisma, das Bild auf der Fläche der Arbeitstisches projicirt und sieht an dessen Rand vorbei Zeichenfläche und Stift. Um den kleinen Spiegel mit dem Rohre des gebrochenen Oculars zu verbinden, ist es mittelst der Metallstäbchen b und c an dem federnden Ringe a in der Art befestigt, dass es beim Gebrauche genau in die optische Achse gebracht werden kann.
Im Allgemeinen erreicht man zwar mit dem Sömmering’schen Spiegel dasselbe Ziel, wie mit dem Oberhäuser’schen Prisma, es verliert jedoch das Bild weit mehr an Lichtstärke, da bekanntlich von einer metallenen Oberfläche ein grosser Theil der auffallenden Lichtstrahlen verschluckt wird, während bei jenem der auf diese Weise herbeigeführte Verlust weit geringer ausfällt.
Wird als Sohn eines Schweizer Tischlers geboren, der vor allem technische Geräte und Spieluhren aus Holz fertigt. Als Plößl gerade sieben Jahre alt ist stirbt sein Vater, bedingt durch die daraus resultierenden schlechten finanziellen Verhältnisse darf er die Normalschule unentgeltlich besuchen und schließt diese mit ausgezeichneten Leistungen ab, um danach seinem sechs Jahre älteren Bruder folgend eine vierjährige Drechslerlehre zu vollenden. Als sein Bruder stirbt tritt Simon Plößl dessen Nachfolge in der Werkstatt von Johann Friedrich Voigtländer (1779-1859) an und arbeitet dort als Lehrling und Geselle über 11 Jahre lang. 1823 macht sich Plößl in der leer stehenden alten Werkstatt und Wohnung seines Vaters mit einem Gehilfen selbständig. Mangels Bekanntheit und Bestellungen sowie einer Fehlinvestition in die Lizenz für Theaterspektive muss Plößl seinen Angestellten jedoch schon bald wieder entlassen und kommt in Zahlungsschwierigkeiten. Durch großen Fleiß und strengste Sparsamkeit seiner Frau gelingt es ihm jedoch bald mit Teleskopen und Mikroskopen die Aufmerksamkeit einiger Professoren auf sich zu ziehen, darunter der Physiker und angewandte Mathematiker Andreas Freiherr von Baumgartner (1793-1865), der Mathematiker und Physiker Andreas Freiherr von Ettingshausen (1796-1878), der Botaniker Joseph Franz Freiherr von Jacquin (1766-1839), der Astronom Joseph Johann von Littrow (1781-1840), der Mathematiker und Geodät Simon Ritter von Stampfer (1792-1864) sowie der Chemiker und Techniker Ignaz Edler von Mitis (1771-1842) und der Naturwissenschaftler Alois Beckh von Widmanstätten (1754-1849). Diese unterstützen ihn mit Aufträgen , so dass er er innerhalb einer Dekade nationale und internationale Bekanntheit erlangt, obwohl er ganz untypisch für seine Zeit nie außerhalb seiner Heimatstadt lebt und selbst Nieder-Österreich auch für Reisen nicht verlässt. Plößl gilt als sehr ehrlicher Optiker und Mechaniker; sein erstes Preisverzeichnis veröffentlicht er 1828, dem bald ausführlichere folgen. Nach den Berechnungen von v. Littrow fertigt Plößl ab 1832 dialytische Fernrohre, die bald auf der ganzen Welt sehr gefragte Instrumente werden – wie alle optischen Erzeugnisse aus Plößls Werkstatt sind die damit erzeugten Bilder von bedeutender Helligkeit und Schärfe. Schließlich zieht Plößl innerhalb Wiens mehrfach um und wird 1835 Bürger der Stadt. Bei der ersten Gewerbs- und Industrieausstellung im Herbst 1835 in Wien werden seine Erzeugnisse einstimmig mit der goldenen Medaille ausgezeichnet.
Der merkwürdige Zufall, der ihn die von Selligue zuerst angegebene, aber in Frankreich anfangs voreilig verworfene, von Amici und Dollond dagegen wieder aufgenommene aplanatische Zusammensetzung der Objectivlinsen in Mikroskopen, selbst auffinden liess, verbreitete den Ruf seiner durch so viele verbesserten zusammengesetzten Mikroskope durch ganz Europa, so dass sie sich derzeit in den Händen der Mehrzahl der berühmtesten jetzt lebenden mikrologischen Naturforscher befinden, welche nicht anstehen, die glücklichen Fortschritte ihrer Forschungen denselben grossen Theils dankbar zuzuschreiben. Die Anzahl von über 200 solcher Instrumente, die Plössl bisher auf Bestellung verfertigt hat **), dient hierzu als Belege, und die bedeutende Vervollkommnung der nach Fraunhofer’s Vorgabe verfertigten Schraubenmikrometer, sowie die mechanische Einrichtung des Gestelles; die von ihm zuerst versuchten aplanatisch zusammengesetzten Oculare, und endlich die ausnehmende Schönheit, Genauigkeit und Feinheit seiner Glastheilungen, die jene des, in diesen Arbeiten so berühmten verstorbenen Riché in Paris noch weit übertreffen, trugen auch nicht wenig zu ihrem Rufe bei. Die einsichtsvolle Grossmuth Sr. k. H. des durchlauchtigsten Erzherzogs Ludwig, welcher Plössl’s kaum geäusserten Wunsch, eines der neuesten berühmten Instrumente des Professors Amici untersuchen zu können, sogleich erfüllte, setzte durch daraus geschöpfte Verbesserungen, der Vollkommenheit seiner Mikroskope die Krone auf ***).
**) Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften, B. III Heft 1
***) Zeitschrift für Physik und Mathematik, Bd. VII. Heft 3
Offenbar wird Plößl Ende der 1830er mit Bestellungen derart überhäuft, dass seine Kunden oft lange auf die Instrumente warten müssen – er tritt auch mit diesem Umstand in die Tradition von Ramsden, Dollond und Fraunhofer. Ein pankratisches (bildaufrichtendes) Mikroskop wird von Plössl ab 1843/44 als Stativ Nr. 5 angeboten.
Über die Arbeitsweise Plößls ist vermerkt (Ph. Carl [Hrsg.]: Repertorium für Experimental-Physik, für physikalische Technik, mathematische & astronomische Instrumentenkunde. 4. Band, Verlag R. Oldenbourg; München 1868: 63-64):
Plössl setzte seine Instrumente allein zusammen; der eine, welcher ihm dabei einige Zeit geholfen hatte – sein Sohn, war im 21. Lebensjahre gestorben. Seit dieser Zeit war Plössl noch schweigsamer, verschlossener und stiller geworden, als er schon von Natur aus war. Zu dieser Abgeschiedenheit mag wohl noch seine bedeutende Schwerhörigkeit nicht wenig beigetragen haben.
Simon Plößl stirbt am 29. Januar 1868 durch einen Unfall, bei dem ihm eine herunterfallende Glasplatte den rechten Arm derart verwundet, dass er der Verletzung kurz darauf erliegt.
Mikroskope werden unter dem Firmennamen S. Plössl & Comp. bzw. S. Plössl & Cie bis 1905 weiter produziert. Bis 1882 werden die eigentlichen, typischen Plössl-Mikroskope angeboten, die Produktion jedoch ab 1875 sukzessive auf die Herstellung von Hufeisenstativen umgestellt.
Inhaber der Werkstätte nach Simon Plößls Tod ist 1868 Anna Fleckenstein, geborene Plößl, ab 1871 zusammen mit dem k.u.k. Hofoptiker Mathäus Wagner. Ab 1874 führt die Werkstätte M. Wagner alleine, er nimmt 1888 M. Josef Wagner mit auf. Im Jahre 1905 läuft die Firma auf Marie Wagner.
Dieses sehr gut erhaltene Mikroskop kann im Dezember 2008 über einen Antiquitätenhändler aus der Haushaltaauflösung einer Villa in Wien für die Sammlung erworben werden
2, 3, 22, 86 und Optisches Museum der Ernst-Abbe-Stiftung Jena: „Großes Plössl Mikroskop Stativ“, Inv.-Nr. 105
(Danke an Sherin Peter für die freundschaftliche Unterstützung bei der Gewinnung dieses Instruments für die Sammlung)
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Georges Oberhaeuser in Paris
zaponiertes, geschwärztes und grün lackiertes Vollmessing. Dies ist das kleinste von Oberhäuser angebotene Mikroskop „microscope pour hospices“, es ist ausgeführt als Trommelstativ mit einem konkaven Spiegel, grober Einstellung durch Schiebetubus und Feinfokus über eine seitliche Rändelschraube am Tisch. Im Gegensatz zum späteren Stativ I hat dieses Mikroskop keinen Auszugstubus.
Ausgestattet ist das Mikroskop mit dem Objektiv Nr. 4 und dem Satzobjektiv Nr. 7 sowie den Okularen Nr. 2 und Nr. 3 und einer abnehmbaren Auflichtlupe. Lineare Vergrößerungen von 50-fach bis 300-fach sind mit diesen Optiken erzielbar.
Auf dem Schiebetubus prangt die dekorative Signatur:
Georges Oberhaeuser,
Place Dauphine 19,
Paris.
Die Unterseite des runden Fußes ist mit Leder bezogen um das Instrument beziehungsweise die Tischauflage gegenseitig vor Schäden zu schützen. In dieses Leder ist die Seriennummer 1555 eingebrannt. Das Mikroskop wird, mit abgeschraubter Stativgrundplatte, liegend im teilweise mit grünem Samt bezogenen und grüner Seide gepolsterten Mahagoni-Kasten aufbewahrt. In einer Ecke der Holzschatulle ist die Seriennummer 1555 eingestanzt. Im Kasten findet sich ferner die originale Vergrößerungstabelle von Oberhäuser sowie rückseitig dazu eine Gebrauchsanleitung für dieses Mikroskop. Während der Text der Gebrauchsanleitung in einem lithografischen Verfahren vervielfältigt worden ist, stammen die handschriftlichen Eintragungen in die Tabelle aus der Feder von Oberhäuser selbst. Neben einem Pappdöschen für Deckgläser ist dem Mikroskop ein Diatomeen-Präparat beigegeben, welches in Glas geritzt auf französisch den Verweis trägt, von Oberhaeuser hergestellt worden zu sein: preparé par G. Oberhauser
Noch im „Preis-Verzeichnis der achromatischen Mikroskope von E. Hartnack, Nachfolger von G. Oberhaeuser in Paris / Place Dauphine, 21“ von 1861 erscheint dieses Mikroskop wie folgt:
1. Achromatisches Mikroskop einfachster Einrichtung („pour hospices“) mit Objektivsystem 7, 2 Okularen und einer 140-, 170-, 220- und 300fachen Vergrösserung….60 Francs.
2. Achromatisches Mikroskop mit 50-, 65-, 140-, 172-, 220- und 300facher Vergrösserung, mit 2 Linsensystemen (4 und 7), 2 Okularen, einer Beleuchtungslinse für opake Körper, 12 Objektivträgern [sic!], Messingpinzette, Skalpell und Präparirnadeln; alles eingeschlossen in einem verschließbaren Mahagonikästchen….100 Francs.
beschreibt der Medizinprofessor Julius Vogel als Direktor des pathologischen Instituts in Halle 1865 sehr bezeichnend (Aerztliche Untersuchungsmethoden und Apparate. Mikroskope für Aerzte und Studirende; Archiv des Vereins für wissenschaftliche Heilkunde 1 (neue Folge), 1864; Ludwig Denicke; Leipzig 1865: 81-84):
Beim jetzigen Stand der Medicin sollte eigentlich jeder Arzt ein Mikroskop besitzen, jeder Studirende der Medicin sich ein solches anschaffen, und mit dessen Gebrauch vertraut machen. […] Besitzt er kein Mikroskop, so ist er in alle solchen Fällen, wie sie ihm täglich in seiner Praxis vorkommen können, vollkommen rathlos. Es bleibt ihm nichts übrig, wenn er gewissenhaft sein will, als einen Collegen zu Rathe zu ziehen, der ein Mikroskop besitzt und mit dessen Gebrauch vertraut ist.
Ich habe darüber oft mit strebsamen Aerzten gesprochen. Sie gaben die Richtigkeit des Vorstehenden zu, meinten aber, man könne einem Arzt oder Studirenden kaum zumuthen, sich ein Mikroskop für 40 bis 60 Thaler anzuschaffen, was selbst die kleineren der besseren deutschen und ausländischen Mikroskope, von Belthle und Rexroth in Wetzlar, Engelbert und Hensoldt in Braunfels, Schiek in Berlin, Oberhaeuser-Hartnack in Paris, Ross, Smith et Beck in London u.A. immerhin kosten. Vielen Aerzten, und vollends der Mehrzahl der Studirenden fiele die Anschaffung anderer nothwendiger Instrumente schwer genug, so dass sie eine so grosse Summe, wie die obige, für ein Mikroskop nicht ausgeben könnten. Um dieses Hindernis zu beseitigen, war ich seit langer Zeit bemüht, Optiker zur Anfertigung von viel billigeren, aber doch guten und für Aerzte ausreichenden Mikroskopen zu veranlassen. Oberhaeuser in Paris gieng zuerst auf meine Idee ein und ich habe vor mehr als 20 Jahren eine gute Anzahl seiner billigen kleinen Mikroskope (Microsc. d’hospice, Micr. Coudé etc.) in Deutschland verbreiten helfen, zur Freude solcher, die gern ein für wissenschaftliche Untersuchungen brauchbares Mikroskop anschaffen wollten, und doch ein eine mässige Summe dafür ausgeben konnten.
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Das Beziehen solcher Instrumente vom Auslande war jedoch mit allerlei Schwierigkeiten verknüpft und erhöhte gerade bei den billigeren den Preis unverhältnismässig. Renommirte Optiker in Deutschland für diese Aufgabe zu gewinnen, wollte mir aber früher nicht gelingen. Manche, wie der verstorbene Kellner in Wetzlar, fürchteten, es möchte ihrem Rufe schaden, wenn sie neben ihren anerkannten guten, aber theureren Instrumenten auch billigere fertigen, die natürlich jenen in mancher Hinsicht nachstehen und nicht alles das leisten würden, was jene leisten. Erst vor etwa 1 ½ Jahren ging Herr Rud. Wasserlein in Berlin (Leipzigerstrasse 10) auf meine Idee ein und hat dieselbe zu meiner Freude in einer Weise ausgeführt, dass ich die von mir gestellte Aufgabe als völlig gelöst betrachte.
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Über Johann Georg Oberhäuser
Der am 16. Juli 1798 als Sohn eines bayrischen Drechslermeisters in Ansbach (Mittelfranken) geborene Johann Georg Oberhäuser besucht das Gymnasium und will den Ingenieurberuf ergreifen. Durch den frühen Tod seines Vaters wird er jedoch gezwungen, 1812 als Mechanikerlehrling bei dem Universitätsmechaniker du Mouceau in Würzburg einzutreten. Nach drei Jahren stirbt sein Lehrherr und Oberhäuser begibt sich als Mechanikergehilfe im Frühjahr 1816 nach Paris. Dort gelingt es ihm, mit tüchtigen Fachleuten in Kontakt zu treten und so kann er sich schon 1830 mit Trécourt und Bouquet selbständig machen. Schon bald trennt sich Oberhäuser jedoch wieder von seinen Kompagnons. Feldstecher und Mikroskope werden die Haupterzeugnisse.
Zunächst verbessert er das aus dem 18. Jahrhundert stammende Trommelstativ ab 1835, wobei er es unter anderem im Innern des Fußes mit Blei beschwert. Das Schutzrecht auf ein ein „microscope achromatique vertical à miroir fixe avec platine à tourbillon“ wird Georges Oberhaeuser zusammen mit Achille Trécourt im Oktober 1837 erteilt. Oberhäusers Werkstatt gelangt schnell zu einem guten Ruf durch günstige und solide Instrumente mit ausgezeichneten achromatischen Objektiven.
Der Berliner Botaniker Hermann Schacht (Das Mikroskop und seine Anwendung, insbesondere für Pflanzen-Anatomie und Physiologie; Verlag von G.W.F. Müller, Berlin 1851) zum Beispiel lobt Mikroskope aus Oberhäusers Werkstatt sehr: Ich habe […] mindestens 30 Mikroskope verschiedener Grössen, von Oberhäuser angefertigt, unter den Händen gehabt, ich habe Jahre lang, erst mit einem kleinen, darauf mit einem mittleren Instrumente Oberhäusers gearbeitet, und deren Bilder sehr häufig, sowohl mit verschiedenen Mikroskopen von Schiek und Plössl, als auch mit Instrumenten von Norbert verglichen; dieser Vergleich entschied fast immer zu Gunsten Oberhäuser’s; ich habe kein schlechtes Instrument aus dieser Werkstatt gesehen; mit der Grösse der Mikroskope und mit dem Preis derselben steigt jedoch, wie natürlich, auch die Güte der Objective.
1848 führt Oberhäuser das Hufeisenstativ ein, welches von allen führenden Herstellern übernommen wird und fast 100 Jahre im Gebrauch bleibt. Ferner standardisiert Oberhäuser die Tubuslänge auf 160 mm auf Veranlassung der damaligen Anatomen. So bleibt das Mikroskop ausreichend klein, um feuchte Objekte vertikal betrachten zu können, was mit den damaligen britischen Instrumenten nur schwer möglich ist. Dabei konstruiert Oberhäuser seine Mikroskope so einfach wie möglich, unter Verzicht auf technische Verfeinerungen, wiederum ganz im Gegensatz zu englischen Instrumenten. So erfolgt die Grobeinstellung durch Verschieben des Tubus mit der Hand, während nur zum Feinfokus eine Mikrometerschraube vorhanden ist. Diese einfache Bedienung ermöglicht es den Forschern, sich ganz auf ihre mikroskopische Arbeit zu konzentrieren. So erfreuen sich Mikroskope aus Oberhäusers Werkstätte sowohl auf Grund ihrer hervorragenden Objektive als auch der praktischen und relativ preiswürdigen Hufeisenstative großer Beliebtheit.
Die „kleine Trommel“ findet weite Verbreitung. In den Jahren 1831 bis 1856 gehen 3000 Mikroskope aus Oberhäusers Werkstatt hervor.
Oberhäuser nimmt 1854 seinen Mitarbeiter Edmund Hartnack als Teilhaber auf. Dieser heiratet die Nichte Oberhäusers und übernimmt das Geschäft 1864, aus welchem sich sein früherer Chef mehr und mehr zurückgezogen hat.
Den Kontakt zu seiner Geburtsstadt läßt Oberhäuser nie abbrechen, in späteren Jahren setzt er eine Stiftung zur „Linderung der Armut und Förderung industrieller Zwecke“ in Ansbach aus. So wird ihm 1852 das Ehrenbürgerrecht der Stadt verliehen, deren Museen er mehrfach mit Schenkungen bedenkt. Oberhäuser verstirbt am 10. Januar 1868 in Paris.
Dieses Mikroskop taucht im September 2005 bei einer Auktion in den USA auf und kann für diese Sammlung erworben werden.
Referenz 1, 2, 47, 56, 83 sowie für das um nur eine Seriennummer abweichende Mikroskop Nr. 1554: Collection of Historical Scientific Instruments at Harvard University, USA: „drum compound microscope“, signiert auf dem Tubus: „Georges Oberhaeuser, / Place Dauphine, 19, / Paris.“ mit der Seriennummer unter dem Stativ und im Holz des Kastens „1554“, Inventory Number 1165 bzw. für das etwas größere Stativ II: Deutsches Museum München: „‚Trommel-Mikroskop‘, signiert: G. Oberhaeuser, Paris Place Dauphine, Paris Nr. 2295“, Inv.-Nr. 14460; Pathologisch-anatomischen Bundesmuseum Wien: „Zusammengesetztes Mikroskop, Trommelmikroskop um 1845 / Signatur: Georges Oberhaeuser, Place Dauphine, 19, Paris“, Seriennummer 1440, Museal-Nr. 24.978; Museum Boerhaave, NL: „Compound microscope with box; Oberhaeuser et E. Hartnack, G..; Parijs“, Inventory number V07441; Sammlung der Royal Microscopical Society: „Compound Microscope, signed: ‚Georges Oberhaeuser, Place Dauphine 19, Paris'“, Inventory No. 29:A97; Sammlung des Royal Museum Edinburgh, Schottland: Microscope, signed: ‚Georges Oberhaeuser / Place Dauphine 19 / Paris‘, Inventory No. 1979.85-84 (ehemals Teil der Arthur Frank Collection; Anmerkung des Verfassers); Museum of the History of Science Oxford: „Brass Drum Microscope“, signed: „Georges Oberhaeuser, Place Dauphine 19, Paris“, Inventory No. 10028
Falls Sie ein Instrument anzubieten hätten, würde ich mich über eine Nachricht immer sehr freuen.
Gemälde bzw. Holzstich von Rudolf Wimmer. Originalgemälde im Foyer der Schott AG, Jena
Von links nach rechts: Utzschneider, Fraunhofer, Reichenbach, Pierre Louis Guinand und der junge Georg Merz. Informationen zu den einzelnen Personen auch durch Anklicken.
Prof. Dr.-Ing. Timo Mappes
Uhlandstraße 26
76135 Karlsruhe
Telefon: 01520 – 1600832
E-Mail: mappes@musoptin.com
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